Strategien
9. Dezember 2019

PRI: 3,1 bis 4,5 Prozent Wertverluste durch Klimarisiken

Starke Divergenz zwischen Gewinnern und Verlierern bereits bis 2025. Erste Einigung bezüglich Taxonomie.

Die Investoreninitiative PRI hat in einer Studie zum Klimawandel das mittelfristige Risikopotenzial für Investitionen beziffert. Die Ergebnisse sind deutlich: So müssten die Unternehmen des MSCI ACWI bis 2025 Bewertungsverluste zwischen 3,1 und 4,5 Prozent hinnehmen, prognostiziert die Studie. Dies entspricht einem Volumen von 1,6 bis 2,3 Billionen US-Dollar. Dementsprechend findet Fiona Reynolds, CEO bei PRI, warnende Worte: „Unsere Analyse verdeutlicht, inwieweit die Märkte das Risiko des Klimawandels unterbewerten. Jedes fünfte der weltweit wertvollsten Unternehmen ist von Bewertungsveränderungen in Höhe von mindestens zehn Prozent in beide Richtungen betroffen.” Dabei sind deutliche Unterschiede zwischen Unternehmen einer Branche festzustellen: „Die Gewinner etwa im Automobilsektor oder und bei Versorgungsunternehmen könnten ihre Bewertungen mehr als verdoppeln, während die Verlierer sich auf erhebliche Wertminderungen von einem Drittel oder deutlich mehr einstellen müssen.” Die 100 am stärksten betroffenen Unternehmen des MSCI ACWI verlieren sogar 43 Prozent ihres derzeitigen Wertes, dagegen gewinnen die am stärksten profitierenden Unternehmen um 33 Prozent. Wichtig ist zu betonen, dass sich diese Veränderungen schon mittelfristig bis 2025 abzeichnen werden.

Fünf Sektoren im Fokus

Grund für diese hohen Bewertungsabschläge sind laut PRI regulatorische Risiken, für welches PRI das Szenario einer Inevitable Policy Response entwirft. Demnach werde es in den kommenden Jahren zu einer starken regulatorischen Antwort auf den Klimawandel kommen, welche umso abrupter ausfallen werde, desto länger sie sich hinausschiebe. Als die wichtigsten Treiber von Marktveränderungen sieht die PRI ein Verbot von Verbrennungsmotoren bis 2035, eine CO2-Bepreisung, die Umstellung auf Ultra Low Emission Vehicles, die Umstellung der Stromerzeugung auf Erneuerbare sowie der erhöhte Schutz von Wald- und Ackerflächen bis 2030. Fünf Sektoren sind am stärksten Betroffen: Die Energiewirtschaft, der Automobilsektor, die Stromversorger, Mineralstoffe und Bergbau sowie die Agrarwirtschaft. Während die Energiewirtschaft komplett negativ betroffen ist, zeichnen sich hinsichtlich der anderen Branchen große Diskrepanzen zwischen Gewinnern und Verlierern ab. Automobilhersteller mit guten Bewertungen werden ihren Wert um 108 Prozent steigern können, so PRI, Automobilhersteller ohne Fokussierung auf E-Mobilität verlieren dagegen im Schnitt um 34 Prozent.

Auf diese Veränderungen sind Investoren bislang nur unzureichend vorbereitet, bemängelt die PRI. Selbst unter den eigenen Unterzeichnern hätten sich nur zwei Prozent ausreichend mit dem Thema auseinandergesetzt. „Investoren müssen sich jetzt auf die regulatorisch bedingte Disprution an den Märkten einstellen, um signifikante Branchenrisiken zu minimieren und von braunen zu grünen Assets zu wechseln”, so Fiona Reynolds. Die vorgelegte Studie biete dafür ein geeignetes Hilfsmittel, mit dem Anleger ihre Porfolios überprüfen und anpassen können. „Es ist Zeit, zu handeln”, ruft Reynolds auf.

Atomenergie indirekt ausgeschlossen

Einen ersten Vorgeschmack auf den kommenden regulatorischen Wirbelwind dürfte die Nachhaltigkeitstaxonomie der EU-Kommission geben. Bezüglich dieser liegt nun eine erste Einigung vor, welche aus Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Ratspräsidentschaft und EU-Parlament resultierte. Die Einigung ist vorbehaltlich und muss die Institutionen noch durchlaufen, wobei eine Mehrheit nicht gesichert ist. Der Einigung nach ist Kohle als definitiv nicht nachhaltig klassifiziert, Gaskraftwerke können eine nachhaltige Zertifizierung erreichen, wenn sie beispielsweise über Biogas betrieben werden. Davon, dass Kernkraft ausgeschlossen wird, geht zumindest der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold aus: „Kohle ist explizit ausgeschlossen aus nachhaltigen Finanzprodukten, während die Hürden für Atomkraft so hoch gesetzt sind, dass sie keinen Weg in ein nachhaltiges Finanzprodukt finden kann. Das Nein zu Kohle und de-facto zu Atomkraft ist maßgeblich für den künftigen Erfolg nachhaltiger Finanzprodukte und sorgt für Vertrauen der Anleger“, so Giegold. Grund sei, dass die ergänzenden Do-No-Harm-Prinzipien so strikt ausgestaltet seien, dass sich Atomkraft aufgrund der ungeklärten Atommüllfrage schwerlich qualifizieren könne. Die Einigung sieht zudem neben der Qualifizierung von definitiv nachhaltigen „dunkelgrünen“ Wirtschaftsaktivitäten zwei weitere „hellgrüne“ Kategorien vor: Als transitioning werden Wirtschaftsaktivitäten verstanden, die noch nicht grün sind, sich aber auf dem Weg dorthin befinden. Als enabling werden Wirtschaftsaktivitäten klassifiziert, welche unterstützend für nachhaltige Aktivitäten wirken.

Die Arbeit der EU-Kommission in Puncto Nachhaltigkeit dürfte damit kaum am Ende sein. Tanguy van de Werve, Director General des Verbandes der europäischen Fondsbranche EFAMA, forderte auch hinsichtlich der Portfoliounternehmen umfassende Transparenz, da sonst die zu begrüßende Taxonomie sonst nicht umsetzbar sei: „Zuverlässige und öffentlich zugängliche ESG-Mitteilungen über Investee Companies sind eine Voraussetzung dafür, dass die EU-Taxonomie in der Praxis funktioniert, insbesondere im Hinblick auf den Umfang der Offenlegungspflichten, die auf alle Finanzprodukte ausgedehnt werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Investee Companies alle Eckdaten offenlegen müssen, die für die Bewertung der Investition anhand der EU-Taxonomie erforderlich sind.“

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