Meinungen aus dem Markt
3. Juni 2022

Private Debt zwischen Inflation und Wachstumsschwäche

In den vergangenen Jahren konnte Private Debt ein starkes Wachstum verzeichnen. Die Assets under Management im europäischen Private-Debt-Markt haben sich verfünffacht und der Gesamtwert der Transaktionen konnte in den Jahren 2019 und 2020 Rekordwerte verzeichnen. Die bisherigen Treiber dieser Entwicklung sind zum einen die anhaltend niedrigen Zinsniveaus. Diese führen dazu, dass europäische Anleger auf der Suche nach Rendite in alternative Anlageklassen strömen. Zum anderen haben sich Banken durch die zunehmende Regulatorik und gestiegenen Kapitalanforderungen aus Teilen des Kreditmarktes zurückgezogen und damit interessante Investmentopportunitäten für den privaten Kreditmarkt hinterlassen. Auch in den kommenden Jahren dürfte die starke Nachfrage der institutionellen Anleger nach Private Debt somit anhalten.

Marktumfeld und gesamtwirtschaftliche Situation

Das wirtschaftliche Umfeld in Europa ist derzeit von Unsicherheiten geprägt. Auch zwei Jahre nach dem Ausbruch der Pandemie ist diese immer noch nicht überwunden. Die bereits durch anhaltende Liefer- und Versorgungsengpässe sowie stark gestiegene Rohstoffpreise existierenden Probleme haben sich durch den Ukraine-Krieg zusätzlich verstärkt. Die gestiegenen Inflationszahlen in Europa verdeutlichen diese Entwicklung. Die zunehmenden Unsicherheiten auf makroökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Ebene verstärken die Sorgen über eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums.

Allwetter-Strategie Private Debt

In diesem Spannungsfeld ist eine nähere Betrachtung von Private Debt in den unterschiedlichen Marktphasen sinnvoll. Als Basis der Analyse soll das Allwetter-Konzept von Ray Dalio dienen, welches auch im Markt für alternative Investmentstrategien immer mehr Anklang findet. Inflation und Wachstum sind in diesem Konzept die wesentlichen Treiber. Dabei werden abhängig von der Entwicklung vier wirtschaftliche Umfelder unterschieden.

Vier relevante Umfelder

Wie sich bereits vermuten lässt, kann Private Debt insbesondere bei positivem Wirtschaftswachstum profitieren. Die Profitabilität der Unternehmen und die Bewertungen der Vermögenswerte steigen in dieser Phase, gleichzeitig sinken die Default Rates. Während das Risiko in diesem Umfeld sinkt, steigt, getrieben durch einen steigenden Investitionsbedarf der Unternehmen und erhöhte M&A-Aktivitäten im Gesamtmarkt, der Bedarf nach Finanzierungen.

Auch in einem Umfeld steigender Inflation zeigen sich Investitionen in Private Debt als vorteilhaft. Während liquide, börsengehandelte Anleihen durch einen möglichen Anstieg der Zinsen direkt betroffen sind, zeigen Direct Lending Loans eine deutlich geringere Sensitivität der Renditen. Private Debt profitiert durch seine Floating-Rate-Struktur, welche als natürlicher Zins-Hedge agiert und Schutz vor Durationsrisiken bietet. Auf Unternehmensebene führen die gestiegenen Zinssätze jedoch dazu, dass Unternehmen höhere Finanzierungskosten tragen müssen, während die erhöhte Inflation die Gewinne belastet. Dieses Risiko kann durch eine gezielte Selektion von Finanzierungen in defensiven Sektoren mit cashflow-starken Unternehmensmodellen vermieden werden. Auch wenn die Attraktivität liquider Asset-Klassen in diesem Umfeld steigt, lässt die Entwicklung im Fundraising jedoch darauf schließen, dass die Nachfrage weiter auf hohem Niveau bleibt. Künftig könnte neben einer höheren Rendite auch der Schutz des Portfolios vor Zinsrisiken ein weiterer Grund für eine Investition in Private Debt sein. Die zunehmenden Unsicherheiten am Markt führen außerdem dazu, dass Investoren Asset-Klassen mit einer geringeren Volatilität bevorzugen und nicht zuletzt durch eine weitere Diversifikation das Gesamtrisiko in ihrer Kapitalanlage minimieren wollen.

Die Asset-Klasse bietet auch in einem Umfeld von niedriger Inflation und sinkenden Zinsniveaus eine (Teil-)Absicherung durch die Implementierung von Zins-Floors. Zinsuntergrenzen schaffen eine Wertabsicherung für Investoren und sichern die regelmäßigen Ausschüttungen der Fonds. Jedoch bleibt auch hier der Schlüssel eine strenge Auswahl der Kreditgeber.

Kommt es zu einem negativen Wirtschaftswachstum, könnte auch Private Debt unter Druck geraten. In diesem Umfeld sind die Unternehmen mit allgemeiner wirtschaftlicher Schwäche konfrontiert, die zu sinkenden Gewinnen und einem Anstieg der Default Rates führen könnte. Vor allem in diesen Stressszenarien kann Private Debt jedoch seine Stärken zeigen. Im Gegensatz zu liquiden Anleihen kann ein Investment in Private Debt durch verschiedene Mechanismen einen Schutz für das Kapital bieten. Eine Absicherung bieten Financial Covenants, die die Kreditnehmer bei Unterschreitung dazu zwingen, in den direkten Dialog mit den Kreditgebern zu gehen.

Überhaupt ist die Zusammenarbeit zwischen Kreditnehmer und -geber durch einen wesentlich engeren Austausch gekennzeichnet. Häufig treten die Private Debt Manager als sogenannte Sole Lender oder aber im Rahmen von Club Deals mit nur sehr wenigen weiteren Investoren bei der Finanzierung auf. Auf diese Weise kann bei einem Bedarf zur Ausweitung der Zahlungsziele neben zusätzlichen Gebühren auch ein direkter Austausch mit den Kreditnehmern erfolgen. Sponsor-backed Investitionen bieten außerdem den Vorteil, dass zusätzliches Cash durch die Private-Equity-Sponsoren zur Verfügung gestellt werden kann.

Managerauswahl ist Schlüssel zur Risikominimierung

Auch wenn Private Debt in allen vier Umfeldern durch seine Ausgestaltung gegenüber liquiden Asset-Klassen profitieren kann, wird die Managerselektion mit steigendem Risiko und zunehmender Unsicherheit für institutionelle Investoren noch wichtiger. Dabei kommt es noch mehr darauf an, in der Selektion auf eine hohe Qualität der Manager und einen konservativen Investmentansatz zu achten. Diese Überlegungen waren auch für die HanseMerkur Versicherungsgruppe als institutioneller Investor entscheidend. Daher setzt der von uns aufgelegte Dachfonds HanseMerkur Private Debt S.C.Sp. (Senior) auf eine doppelte Risikoüberwachung und verfolgt einen konservativen Ansatz mit strengen Covenants. Der Dachfonds zielt auf cashflow-starke europäische Klein- und Mittelstandsunternehmen ab und bevorzugt defensive, nichtzyklische Sektoren wie die Gesundheits- und Softwarebranche. Getreu unserem Motto „Investieren wie und mit HanseMerkur“ öffnen wir unsere eigenen Lösungen auch für institutionelle (Dritt-)Investoren und laden sie ein, mit uns gemeinsam zu investieren.

 

Private Debt bietet nicht nur Illiquiditätsprämien

Interview mit Jens Schneider Leiter Kapitalanlagen bei der HanseMerkur Trust AG und Geschäftsführer HanseMerkur Alternatives General Partner S.à.r.l.

Warum sollte ein Investor, der bereits mit hohen Quoten in High Yields investiert ist, auch noch in Private Debt investieren?

Beide Asset-Klassen weisen ähnliche Risikoprofile auf. Die Rating-Struktur der Unternehmensfinanzierungen ist im Bereich B bis BB angesiedelt. Besser noch als einen Aufbau hoher High-Yield-Quoten, sehen wir jedoch eine Substitution durch Private Debt. Während das Risikoprofil sehr ähnlich ist, bietet Private Debt gegenüber seinem liquiden Pendant eine attraktive Illiquiditätsprämie und weist damit ein besseres Risk-Return-Profil auf. Zudem finden die Transaktionen off-market statt und werden nicht börsentäglich gehandelt. Entsprechend ist die Volatilität dieser Asset-Klasse deutlich geringer und somit die Planbarkeit der Erträge höher. Zudem konnten in der Vergangenheit geringere Ausfallraten in Private Debt gegenüber börsengehandelten High Yields beobachtet werden, was wahrscheinlich auf die besseren Schutzmechanismen, wie Financial Covenants, zurückzuführen ist.

Ist es ein Problem, dass Banken gern die Senior-Tranchen behalten und nur Nachränge an den Markt geben?

Im Bereich Private Debt kann diese Problematik bisher nicht beobachten werden, da sich Banken hier aus dem Segment der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen fast gänzlich zurückgezogen haben. Dadurch entstand jedoch eine entsprechende Finanzierungslücke, die wiederum durch den privaten Finanzierungssektor aufgefangen wird. Entsprechend können nun die Private-Debt-Manager Investoren je nach Risikoappetit die entsprechenden Senior- oder Nachrang-Tranchen anbieten.

Wie reagiert Private Debt auf steigende Zinsen?

Im Gegensatz zu liquiden, börsengehandelten Anleihen ist die Zinssensitivität bei Private Debt deutlich geringer. Die Kredite sind üblicherweise variabel verzinst und an einen Referenzzins wie den Euribor gekoppelt. In einem Umfeld von steigenden Zinsen steigen dadurch auch die Kuponzahlungen der Kredite. Die Floating-Rate-Struktur dient somit als natürlicher Zins-Hedge und schützt vor Marktwertverlusten. Zudem wird von den Private-Debt-Managern fast immer auch ein Zins-Floor vereinbart, so dass man gegen einen entsprechend negativen Referenzzinssatz ebenfalls abgesichert ist.

Wie performte Private Debt in den Corona-Jahren 2020/21?

Insgesamt kam Private Debt sehr gut durch die Corona-Jahre 2020/21. Dafür spricht auch die weiter zunehmende Allokation bei institutionellen Investoren und das gestiegene Fundraising in der Asset-Klasse. Die Private-Debt-Zielfondsmanager unseres Dachfonds versuchen ihrerseits überwiegend Kredite an Unternehmen aus defensiven Branchen, wie zum Beispiel Gesundheitswesen, Business Services oder ähnliche Sektoren zu vergeben, da die entsprechenden Kreditnehmer durch ihre Branchenzugehörigkeit eher unterdurchschnittlich von dem Einbruch der Wirtschaft betroffen sind. Neben Aspekten der Investmentstrategie sind natürlich die Erfahrung der Manager über den gesamten Kreditzyklus hinweg und die Zusammensetzung der Teams in solchen Phasen entscheidend. Dadurch konnten wir bei unseren Investments auch in der Krisenzeit keine erhöhten Default Rates beobachten. So zeigt sich besonders in Schwächephasen, wie wichtig eine strenge Managerselektion und ein gutes Risikomanagement für eine erfolgreiche Investition in Private Debt ist.

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