Private Equity: Fortsetzung folgt

„Derzeit entscheiden sich in der Regel mehr als 85 Prozent der bestehenden LPs im Rahmen dieser Transaktionen für einen Verkauf“, sagt Tim-Oliver Seidel. Er ist Director Private Capital Advisory bei William Blair. Bild: William Blair.
Mit dem boomenden Private-Equity-Sekundärmarkt etablieren sich auch spezielle Fortsetzungsfonds. Diese punkten gleich mit mehreren Vorteilen und bieten oft eine Trophäensammlung an Top-Beteiligungen; Pensionskassen und Versicherer tasten sich aus verschiedenen Gründen nur zögerlich an das Anlagevehikel heran.
Bei Private Equity hatten Investoren in den vergangenen Jahren vor allem mit der Exit-Flaute zu kämpfen. Während Übernahmen und Börsengänge wegbrachen, etablierte sich der Sekundärmarkt als Exit-Alternative. Weltweit erreichte der Zweitmarkt nach Angaben von William Blair vergangenes Jahr rund 156 Milliarden Dollar, zu ungefähr gleichen Anteilen in GP- und LP-geführten Transaktionen. Dabei rückten auch die Fortsetzungsfonds oder „Continuation-Fonds“ als Ausstiegsalternative stärker in den Blickpunkt.
Ihr Prinzip: Der Fondsmanager (General Partner, GP) strukturiert einen neuen Fonds, in den er eine oder mehrere Beteiligungen aus einem Vorgängerfonds überträgt und darüber hinaus meist zusätzliches Kapital zuführt. „Das ermöglicht es GPs, den Anlegern (LPs) des bestehenden Fonds Liquidität anzubieten und gleichzeitig die Haltedauer zu verlängern sowie das volle Wachstumspotenzial der wertvollsten Unternehmen auszuschöpfen“, erklärt Petr Poldauf, Investment Director Private Equity Secondaries bei Schroders Capital. Von den Vorteilen dieser Strategien können neben neuen Investoren auch Anleger aus dem Vorgängerfonds profitieren, die sich entscheiden, ihre Beteiligungen weiterzurollen.
Als die Fonds vor Jahren aufkamen, standen sie anfangs im Verdacht, eher die Beteiligungen zu enthalten, die sich nicht rentabel am Markt verkaufen ließen. Doch seitdem hat ein tiefgreifender Wandel stattgefunden. „Sogenannte Trophy-Assets stehen heute im Mittelpunkt vieler Continuation-Fonds“, sagt Thomas Hallinger, Managing Director Secondaries bei Golding Capital Partners. GPs nutzen die Möglichkeit, um Topunternehmen langfristig zu halten und zusätzliche Wertschöpfung zu ermöglichen. „Sie sind ein praktikables Instrument, um den Besitz von Vermögenswerten zu verlängern, bei denen die Equity-Story weiteres Potenzial bietet und der etablierte GP am besten positioniert ist, dieses Potenzial durch zusätzlichen Zeit- und Kapitaleinsatz zu erschließen“, so Tim-Oliver Seidel, Director Private Capital Advisory bei William Blair.
Fortsetzungsfonds eröffnen auch den LPs potenzielle Vorteile: „Im Vergleich zu klassischen PE-Fonds, bei denen das Portfolio zunächst aufgebaut werden muss, ermöglichen Continuation-Fonds sofortigen Zugang zu gereiften Unternehmen mit nachgewiesener operativer Stärke“, sagt Golding-Experte Hallinger. Zugleich werde das Blind-Pool-Risiko deutlich verringert. Da das Portfolio direkt voll investiert ist, entfällt auch der J-Curve-Effekt. Die Fonds werden meist für eine Haltedauer von drei bis vier Jahren gezeichnet, ihr Risiko-Rendite-Profil soll Buyout-ähnliche Renditen mit einem geringeren Risiko verbinden.
Hohe Due-Diligence-Anforderungen
Interessant sind die Fonds für bestehende LPs und auch für Neueinsteiger. Doch nur ein kleiner Teil der bisherigen Investoren geht bislang in die Verlängerung. „Derzeit entscheiden sich in der Regel mehr als 85 Prozent der bestehenden LPs im Rahmen dieser Transaktionen für einen Verkauf“, erklärt William-Blair-Experte Seidel. Den Großteil des neuen Kapitals stellen darauf spezialisierte Secondary-Investoren bereit. Viele von ihnen unterhielten bereits zuvor Beziehungen zu dem jeweiligen GP. Ferdinand Dalhuisen, Managing Director Private Equity bei Oddo BHF Asset Management, sagt: „Sowohl bei LP-Led- als auch bei Continuation-Fonds handelt es sich bei den Anlegern überwiegend um dezidierte Secondary-Investoren und nicht um typische institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder Versicherer.“ Dies liege auch daran, dass Secondary-Transaktionen wie M&A-Deals durchgeführt werden, ressourcenintensiv sind und von den typischen Investment-Teams von Versicherern oder Pensionsfonds nicht so gut abgedeckt werden können.
Das deckt sich mit der Erfahrung von Thomas Hallinger: Neben der Bewertung der Assets würden viele Investoren vor operativen Hürden stehen: „Der erhebliche Zeitaufwand, begrenzte interne Ressourcen und fehlende Erfahrungswerte im Umgang mit GP-led-Prozessen führen dazu, dass klassische Investoren mit begrenzter Secondaries-Expertise häufig auf externe Partner angewiesen sind.“ Dazu kommt das derzeitige Marktumfeld: Viele Asset Owner haben mit spärlichen Rückflüssen aus bestehenden Private-Equity-Beständen zu kämpfen, bauen illiquide Anlagen im Private-Equity-Segment tendenziell ab oder agieren insgesamt vorsichtiger.
Innerhalb der PE-Allokation sieht Schroders-Experte Poldauf Fortsetzungsfonds als eigenständige Anlageklasse, auch wenn sie einige Merkmale mit LP-Secondaries und Co-Investments teilen. Im Gegensatz zur traditionellen LP-Sekundärinvestition nehmen Fortführungsfonds meist zusätzliches Folgekapital auf, um weiteres Wachstum und M&A-Aktivitäten voranzutreiben. Und während LP-Sekundäranlagen in der Regel eine breite Palette von Vermögenswerten in verschiedenen Reifestadien umfassen, konzentrieren sich Fortführungsfonds auf eine ausgewählte Untergruppe.
Achtung: Interessenkonflikt und Bewertungsrisiko
Auch beim Consultant Bfinance erkennt man die Vorteile der Fortsetzungsvehikel, allerdings nennt PE-Experte Julien Barral auch einige neuralgische Punkte: Dazu zählt etwa, dass GPs bei den Transaktionen Käufer und Verkäufer zugleich sind. Das werfe Fragen nach einem möglichen Interessenkonflikt auf. Damit verbunden sei auch das Bewertungsrisiko: „Der Verkaufspreis wird nicht notwendigerweise in einer breit angelegten Auktion getestet, was eine transparente Preisermittlung erschweren kann.“ Üblicherweise wird der Einstiegspreis, zu dem ein Unternehmen in einen Continuation-Fonds überführt wird, im Rahmen eines meist zweistufigen Bieterverfahrens bestimmt, erklärt Hallinger. Dieser Marktpreis sei der zentrale Mechanismus zur Begrenzung potenzieller Interessenkonflikte und werde zunehmend ergänzt durch weitere Sicherungsmaßnahmen wie die frühzeitige Einbindung des Investorenbeirats sowie eine unabhängige Fairness Opinion durch etablierte Bewertungsdienstleister.
Bei der Interessensabstimmung sieht auch Schroders-Experte Poldauf klare Trends: Für GPs sei es zum Standard geworden, 100 Prozent der kristallisierten Erlöse in den neu gegründeten Fortsetzungsfonds fließen zu lassen. Da die Alternative ein traditioneller Ausstieg mit Gewinnrealisierung sei, bestehe für GPs zudem ein Anreiz, nur solche Continuation-Fonds zu realisieren, bei denen sie von der Erzielung hoher Renditen überzeugt sind. Da der GP keinen größeren Aufwand für Sourcing hat und über eine Beziehung zum Unternehmen verfügt, sind die Gebühren für Fortsetzungsfonds zudem oft niedriger als bei traditionellen PE-Fonds, so Poldauf. Die GPs können sich voll auf die Wertschöpfung konzentrieren. Auch Hallinger beobachtet bei vielen Continuation-Fonds differenzierte Gebührenstrukturen. Während die Management Fees oft reduziert seien, um dem geringeren Sourcing-Aufwand Rechnung zu tragen, bleibe der Carried Interest aber meist erhalten und werde in Abhängigkeit von neuen Wertzielen abermals verhandelt, etwa durch gestaffelte Carried-Interest-Strukturen. Statt der reinen Gebührenhöhe betont Hallinger aber die Bedeutung der Wertschöpfungsperspektive: „Eine reduzierte Kostenstruktur allein ist kein Qualitätsmerkmal – vielmehr sollte die Angemessenheit der Gebühren an einer realistisch erzielbaren Wertschöpfung orientiert sein.“
Continuation-Fonds seien inzwischen ein fester Bestandteil moderner Exit-Strategien, sagt Golding-Experte Hallinger. In einem Umfeld, in dem klassische M&A- und IPO-Wege weniger planbar sind, bieten sie eine flexible, kontrollierbare Alternative, die LPs bedarfsgerecht Liquidität liefert. Sollten sich die klassischen Exit-Kanäle wieder stärker öffnen, dürfte das die Dynamik nach Einschätzung von Hallinger leicht verschieben, GP-leds als relevante Option und strukturell wertvolle Alternative aber nicht verdrängen.
Ein klassisches Szenario für einen Fortsetzungsfonds: Ein Portfoliounternehmen steht kurz vor einer strategisch bedeutenden Übernahme. Statt unter Zeitdruck an einen Wettbewerber zu verkaufen, eröffnet ein Continuation-Fonds in diesem Fall dem GP die Möglichkeit, weiteres Kapital aufzunehmen, die Akquisition erfolgreich zu integrieren und den vollen Wertzuwachs zu realisieren. Gleichzeitig können LPs zwischen einem frühzeitigen Liquiditätsausstieg und einer Fortsetzung ihres Engagements wählen. Laut Hallinger „ein Optimum an Flexibilität und Wertoptimierung, das klassische Exit-Pfade nicht immer bieten können“.
Selbst hohe Qualität ist aber keine Erfolgsgarantie. Bfinance-Spezialist Barral sagt: „Ein Fortführungsvehikel garantiert nicht den erfolgreichen endgültigen Exit aus einem Asset, es bietet jedoch eine Lösung für bestehende LPs, die ein Engagement auf Fondsebene auflösen möchten.“ Oddos Dalhuisen erklärt: „Ein Fortführungsfonds ändert logischerweise die wirtschaftlichen Bedingungen nicht grundlegend, aber er stellt aus Sicht des Verkäufers einen Ausstieg dar. In diesem Sinne erhöht er die grundlegende Liquidität von Private Equity.“ Unter Umständen gilt aber am Ende eines Continuation-Fonds: Fortsetzung folgt.
Autoren: Jochen HägeleSchlagworte: Private Equity
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