Alternative Anlagen
20. Juni 2023

Resilienz ist Trumpf

Im Umfeld aus weiter steigenden Zinsen und wachsenden Rezessionssorgen wird bei Corporate Private Debt die Auswahl der Schuldner wichtiger. Was Asset Manager zu Covenants, Collaterals und Co-Investments zu sagen haben.

In wirtschaftlich turbulenten Zeiten müssen Investoren besonders achtsam sein, gerade auch bei Finanzierungen. Nicht alle Schuldner schaffen es, sicher durch schwierige Zeiten zu navigieren. Die Inflation ist weiter hoch, nicht alle Unternehmen können gestiegene Preise weitergeben und die Zentralbanken erhöhen, zumindest vorerst, weiter die Zinsen. Die Zinsstrukturkurven sind schon seit längerem invers, was unter Ökonomen gemeinhin als ein Indikator für eine drohende Rezession gewertet wird. Dementsprechend verzeichneten Hochzinsanlagen an den liquiden Märkten im vergangenen Jahr signifikante Abflüsse. So verweist der Anleihespezialist Fisch Asset Management in einem Kommentar aus dem ersten Quartal 2023 auf ein beispiellos schwaches Jahr („unprecendently weak year“) 2022.

Auch Banken agieren in ihrer Kreditvergabe zunehmend vorsichtiger, was wiederum den Private Markets nutzt. Dass Privatmarktkredite in der Regel variabel verzinst werden, spricht im aktuell inflationären Umfeld für die Asset-Klasse Private Debt. So kommt die Kombination aus steigenden (Leit)zinsen und quartalsweisen Bewertungen aktuell insbesondere der Debt-Seite der Private Markets zugute. Insbesondere in den USA verschärften Banken zuletzt ihre Kreditkonditionen, wie beispielsweise das Senior Loan Officer Opinion Survey, eine vierteljährliche Umfrage der Federal Reserve unter US-Banken ergab. Demzufolge haben rund 46 Prozent der Banken ihre Konditionen für eine Kreditkategorie, die mittelgroße und große Unternehmen betrifft, verschärft. Im Vorquartal waren es noch 44,8 Prozent.

Bei Corporate Private Debt winken Investoren teils zweistellige Renditen – zumindest brutto. Wichtiger wird es jedoch im Downturn werden, die Unternehmen zu meiden, die die steigenden Finanzierungskosten nur noch mit Mühe stemmen können. So war das Umfeld steigender Zinsen und deren Auswirkungen auf das illiquide alternative Portfolio auch Thema auf der Alternative Investor Conference, der AIC 2023, Ende April im Frankfurter Kap Europa. Interessant war eine Panel-Diskussion von Private-Debt-Spezialisten am 25. April mit dem Titel: „Inflation, steigende Zinsen und Rezessionsszenarios: Auswirkungen auf das illiquide alternative Portfolio“. Es diskutierten darin auch Vertreter verschiedener Private-Debt-Manager miteinander. Ihre Kernthesen: Selektion wird angesichts der wirtschaftlich härteren Bedingungen gepaart mit hoher Inflation und steigenden Zinsen wichtiger. Für Unternehmen mit hohem Leverage werde es zunehmend schwer, Finanzierungskosten von zehn bis zwölf Prozent zu stemmen.

Anders dagegen bei Wachstumsunternehmen, die meist ein Verhältnis von 60 bis 70 Prozent Eigenkapital und 30 bis 40 Prozent Leverage hätten, merkte Sebastian Venc, Head of Private Debt DACH bei Muzinich & Co, an. Dort habe der Leverage nur einen limitierten Einfluss auf die Rendite. Auch der Denominator-Effekt spricht für eine Zunahme von Private Debt, da die Private-Equity-Quoten vieler institutioneller Investoren am Anschlag sind. „Selektion ist wichtig, gerade bei Private Debt”, so das Fazit von Roman Smirnov, Head of Continental Europe Portfolio Management bei der Partners Group. Außerdem wichtig werden aus Sicht von Dr. Markus Geiger, Head of Private Debt bei Oddo BHF Asset Management, jetzt Covenants und zunehmend auch die Frage an den GP: „Welche Aufgriffsrechte habt ihr, welche Covenants habt ihr?“

Lockere Covenants bei großen Deals

Dass die Frage nach Covenants im unsicheren Umfeld und auch im Zuge des Bankenbebens in den USA nun wieder wichtiger wird, beobachtet auch Florian Hofer, Director Investments / Private Debt bei Golding Capital Partners. „Die Zeit, in der Covenant-Light-Strukturen bei großen Transaktionen üblich waren, ist vorbei“, so Hofer. „Die Kreditbedingungen in Form von Covenants wurden in den vergangenen Jahren lockerer gefasst, jetzt werden sie wieder enger definiert.“ Mitunter die wichtigste Kennzahl am Markt sei der Verschuldungsgrad eines Unternehmens, genauer dessen Nettoverschuldung geteilt durch dessen Ebitda. „Covenants, die sich auf den Verschuldungsgrad beziehen, stehen ganz oben bei den meisten Finanzierungen, allerdings hat es bei den ganz großen Deals über 500 Millionen Euro auch Transaktionen ohne diesen Covenant gegeben“, erklärt Hofer. Denn bei großen Emittenten, darunter auch börsennotierte Firmen, sei es teilweise nicht leicht, solche Covenants durchzusetzen.

Ein anderer Covenant bezieht sich auf den Zinsdeckungsgrad, der besagt, wie oft der Ertrag des Unternehmens die Zinszahlungen deckt. Die Kernfrage sei hierbei, wie stark der Ertrag sinken dürfe, sodass das Unternehmen noch in der Lage ist, seine Zinszahlungen zu leisten, so Hofer. „Beim Abschluss von Transaktionen kommt es darauf an, den Zinsdeckungsgrad mit einem ausreichenden Puffer zu strukturieren, so dass Unternehmen auch bei weiter steigenden Zinsen diese leisten können. Typischerweise wird auf einen Zinsdeckungsgrad, nämlich das Verhältnis der Unternehmenserträge zur Zinslast, von etwa dem 3-fachen geachtet“, meint Hofer. In diesem Fall könnten sich die künftigen Erträge eines Schuldners auf ein Drittel reduzieren und würden immer noch die Zinszahlungen decken.

Ein Blick auf den francophonen Markt zeigt ein ähnliches Bild bezüglich Covenants. Auch Nicolas Fourt, Chief Risk and Sustainability Officer bei Sienna Private Credit, hält Covenant-lite-Finanzierungsstrukturen für passé: „Solche Verträge sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht die üblichen Schutzklauseln zugunsten des Kreditgebers wie die Einhaltung eines Verschuldungsgrades, ein Gewinnausschüttungsverbot oder einen Kapitaldeckungsgrad enthalten“, erläutert Fourt. „Das ändert sich nun und die Zeit der billigen und bequemen Finanzierungen ist vorbei. Investoren werden angesichts höherer Ausfälle mehr darauf achten, sich zu schützen.“

Blickt man auf den US-Markt und darin aktive Unternehmen, stellt sich die Situation rund um die Strukturierung der Kreditbedingungen etwas anders dar: „Zuletzt wurde viel über Covenant-Lite oder vielmehr Conventant-Loose-Strukturen diskutiert. Manchmal waren finanzielle Covenants in der Vergangenheit so locker gefasst, dass sie kaum noch von Bedeutung waren“, erinnert sich Karen Simeone, Managing Director bei Harbourvest. Dennoch glaubt sie, dass es auch weiterhin Covenant-Lite-Strukturen geben wird. „Bei größeren Deals geht die Tendenz eher dahin, aber dafür hat man auch meist ein qualitativ hochwertiges Unternehmen und damit eine bessere Kreditqualität.“ Covenants seien zwar ein Mittel, um Schuldner an den Tisch zu bringen, wenn es im Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten gibt. „Es ist gut in Situationen finanzieller Anspannung einen Covenant zu haben, aber ich denke nicht, dass es das wichtigste Instrument ist, wenn es um die Sanierung eines Unternehmens geht“, sagt Simeone und nennt sogleich die Beschränkung für die Aufnahme zusätzlicher Schulden durch weitere Gläubiger ebenso wie das Verhindern des Abfließens von Barmitteln als weitere wichtige Elemente.

Als großer LP, der auch im Private-Equity-Markt in verschiedenen Segmenten aktiv ist, managt Harbourvest aktuell etwa 107 Milliarden US-Dollar. „Im Private-Equity-Bereich sind wir ein wichtiger Limited Partner und diese Verbindungen helfen uns, sicherzustellen, dass wir die Zuteilung zu den oftmals vielfach überzeichneten Debt-Transaktionen auch erhalten.“ Anlageschwerpunkt sind die USA, es sind aber auch bis zu 20 Prozent europäische Transaktionen dabei. Zudem sei Selektion im aktuell unsicheren Wirtschaftsumfeld „absolut entscheidend“, so Simeone. „Wir fokussieren uns auf Unternehmen, die sich auch im Falle einer Rezession als widerstandsfähig darstellen und ausgezeichnete Free-Cash-Flow-Eigenschaften haben.“ Diese seien derzeit vor allem bei Unternehmen des Technologiesektors, im Gesundheitswesen und im Bereich der Unternehmens- und Finanzdienstleistungen zu finden.

Die Zeit sei zudem sehr günstig für Co-Investments, da die Deals tendenziell größer würden und auch teilweise sehr große oder börsennotierte Unternehmen sich über den Privatmarkt zu finanzieren suchten, berichtet Golding. Der Fondsmanager bietet neben direkten Co-Investments seinen Investoren vor allem an, sich an einem Fonds zu beteiligen, der 25 bis 30 solcher Transaktionen tätigt. Golding Capital Partners fungiert selbst als Co-Investor neben dem Zielfondsmanager. „Investoren wollen den Kredit für ein einzelnes Co-Investment oftmals nicht auf die eigene Bilanz nehmen und bevorzugen die Streuung in einem Fonds.“

Die Fondsstruktur ermögliche eine gewisse Risikostreuung für den Investor, wobei zugleich eine höhere Durchschau ermöglicht werde, als bei einem klassischen Dachfonds. Auch sei die Fee-Struktur günstiger als bei einem Dachfonds. „Hierbei entfallen die Management- und Performance Fees auf Ebene des Zielfondsmanagers. Daneben erhalten Investoren eine Arrangierungsgebühr, die etwa drei Prozent des Kreditnominals beträgt“, so Hofer.  Die richtige Auswahl der Kreditnehmer und folglich auch der Manager gewinnt im Abschwung an Bedeutung. Doch auch die Nachfrage nach Krediten dürfte im Downturn abnehmen. Gut dastehen wird, wer tatsächlich robuste Schuldner im Portfolio hat.

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