Jahreskonferenz
6. September 2023

So verlieren Fremdwährungsrisiken ihren Schrecken

Die Portfolios deutscher Großanleger sehen heute ganz anders aus als noch vor 20 Jahren. Häufig sind sie nun global diversifiziert. Problematisch daran ist die Zunahme von Fremdwährungsrisiken. Wie man mit diesen umgeht, zeigte eine Expertensession auf der Jahreskonferenz.

Die Zinsflaute der vergangenen zwei Jahrzehnte hatte tatsächlich auch ihre ­guten Seiten. Schließlich war sie so etwas wie ein Fit­macher für die institutionelle Kapitalanlage. Infolge der sinkenden Renditen haben Anleger ihren Rentendirektbestand in Zinsträger aus dem nicht-europäischen Ausland umgeschichtet und auch Alternatives in ihrer Strategischen Asset-Allokation (SAA) berücksichtigt. Deshalb sind die Portfolios nun viel internationaler.

Gleichzeitig stehen viele Anleger vor der Frage, ob sie Fremdwährungsrisiken überhaupt tragen können oder absichern sollten. Ein allgemein gültiges Rezept dafür gibt es natürlich nicht. Daher ­drehte sich in einer Expertensession alles um das Fremdwährungs-Overlay, das der Absicherung von Währungsrisiken komplexer Portfolios dient. Dabei waren Sven Schuster, Leiter der Abteilung Kapitalanlagen der Postbeamtenkrankenkasse, Victor Bemmann, Head of Portfolio Management bei Universal Investment, sowie Achim Walde. Er ist Head of ­Currency Management Advisory bei Metzler Capital Markets.

Konzepte für den Umgang mit Fremdwährungsrisiken

Zum Einstieg wies Victor Bemmann darauf hin, dass die Internatio­nalisierung der Portfolios etwas ist, was jeden Großanleger ­betrifft. Zugleich zeigte er sich erstaunt darüber, dass häufig nicht über ­eine Fremdwährungssicherung nachgedacht werde. „Einerseits wird die strategische Notwendigkeit dafür nicht infrage ­gestellt“, ­berichtete der Experte von Universal Investment aus praktischer Erfahrung. „Andererseits, wenn es um die Umsetzung geht, ­gehen manche Anleger aus meiner Sicht viel zu naiv vor – und über­lassen absoluten Nichtexperten dieses Feld. Das sehe ich durchaus kritisch.“

Für Endanleger gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, das Risikomanagement über den Markt für Fremd­währungen (Foreign ­Exchange Market, FX) an Dritte auszulagern. So könnten sie natürlich die Asset Manager, die sie mandatiert haben, zusätzlich mit der Fremdwährungsabsicherung beauftragen. Problematisch daran ist, dass die Manager ihren Fokus nicht primär auf das FX-Hedging ­legen, sondern auf ihre ­Anlageklasse. ­Spezielle Overlay-Manager wiederum, die sich mit dem ­Einsatz ­derivativer ­Finanzinstrumente wie Futures voll und ganz auf Fremdwährungsrisiken und/oder die Wertsicherung konzentrieren, können hier von Vorteil sein.

Overlay-Management in der Praxis

Wie vielschichtig das Angebot eines Overlay-Managers sein kann, zeigt das Praxisbeispiel der Postbeamtenkrankenkasse aus Stuttgart. Sven Schuster managt dort mit seinem Team ein breit gestreutes Vermögen mit einem Zeitwert von rund 3,1 Milliarden Euro. ­Wichtigste Säule der SAA sind Investment-Grade-Anleihen aus ­verschiedenen Währungsräumen. Diese Bonds machen etwa zwei Drittel des Vermögens aus. Abgerundet wird das Portfolio der Stuttgarter durch Non-Investment-Grade-Anleihen, Aktien und Immobilien. ­Fremdwährungs- und noch weitere Risiken mildert Schuster mit Hilfe ­externer Spezialisten ab.

So, wie viele andere Großanleger auch, hat die Postbeamtenkrankenkasse – abgesehen von ihrem ­Direktbestand an Namenspapieren – ihre gesamte Kapitalanlage in Spezialfonds ausgelagert. „Wenn ich das mache, muss ich auf jeden Fall auch die Wertsicherung und das Fremdwährungsmanagement rausgeben, sofern ich ein Overlay haben will. Andernfalls kriege ich operativ Probleme“, warnte Schuster. Bei der Jahreskonferenz in Berlin macht er zugleich deutlich, dass er sich mit seinem kleinen Team auf die Strategische Asset-Allo­kation konzentrieren will. Angrenzende Themen überlässt er zwei externen Overlay-Managern. Sie sollen etwa Fremdwährungsrisiken neutralisieren. In Zahlen ausgedrückt bleiben davon im Portfolio netto ungefähr 20 bis 25 Prozent übrig, so Schuster. „Wir denken sehr stark in Risikoprämien und möchten möglichst breit diversifiziert sein über die Asset-Klassen hinweg. Daraus ergibt sich, dass wir auch über Währungsräume hinweg diversifizieren.“

Die Meinungen gehen auseinander

Wie die Expertensession zeigte, gehen die Meinungen unter institutionellen Investoren und Managern bei der Frage auseinander, ob Fremdwährungen eine Risikoprämie mit sich bringen und damit überhaupt als Anlageklasse betrachtet werden können – oder nicht. Für Sven Schuster ist eine Fremdwährung jedenfalls kein Asset. „Für uns ist es ganz schwer belegbar, eine strukturelle Risikoprämie darin zu finden“, sagte er. „Deshalb wollten wir das Risiko nicht im Portfolio haben.“

Eine Asset-Klasse ist für Schuster ein Vermögensgegenstand, der aus sich heraus eine Rendite erzeugen kann. „Bei einer Anleihe ist das klar. Im Idealfall bringt sie einen Kupon.“ Eine Fremdwährung hingegen hat nach seinem Verständnis einen anderen Charakter. „Sie ist sozusagen der uneingeladene Gast zur Party. Wenn ich aber breit investiert sein will und auch über den Euroraum hinaus, dann habe ich sie auf jeden Fall mit dabei. Aber die Evidenz, dass ich als Anleger auch unbedingt immer eine Risikoprämie erhalte, die fehlt mir.“

Achim Walde ist da anderer Meinung. Seiner Einschätzung nach kann man im Durchschnitt eine Risikoprämie im Währungsbereich identifizieren. In seiner Argumentation spannte der Fachmann den Bogen vom ­historisch weit verbreiteten Arbitrage-Gleichgewicht-Gedanken zwischen Zinsen, Sicherungskosten und Währungsabwertung hin zur akademischen Forschung der 1990er Jahre: Ursprünglich war man davon überzeugt, dass eine Währung im Schnitt so stark ­abwertet, wie die Sicherungskosten. „Egal, in welcher Währung man anlegt, es ist überall das Gleiche“, so Walde.

In den 1990er ­Jahren wurden jedoch einige akademische Untersuchungen zum sogenannten Forward Rate Bias publiziert. Hierbei habe sich die Weltanschauung ein Stück weit verschoben. „Das Arbitrage-Gleichgewicht gilt nur in einer risikofreien Welt. Man vermutet beispielsweise, dass der ungarische Forint eine Risikoprämie bieten muss, damit man ihn auch hält. Dass die Zinsen also höher sind, als es vielleicht durch die Abwertung gerechtfertigt wird.“ Waldes These lautet: Es gibt eine Risikoprämie in Währungen. Und deswegen sei „Währung“ auch eine Asset-Klasse.

Der praktische Nutzen von Overlays

Die Postbeamtenkrankenkasse wiederum verfolgt mit ihrem Overlay-Management-Ansatz eine statisch-strategische Denke. Anlagechef Schuster will auf Nummer sicher gehen – auch im Hinblick auf die Wertsicherung seines Portfolios auf Jahressicht – und ­verspricht sich keinen zusätzlichen Alpha-Ertrag aus der Fremdwährungssicherung. Andere Anleger mögen das anders sehen. Und es gibt durchaus Asset Manager, die diese Alpha-Komponente auch auf der Währungsseite geradezu suchen.

Victor Bemmann thematisierte einen weiteren ­Aspekt: In Berlin sagte er, es sei ein Vorurteil, dass der Overlay ­Manager zusätzlich zur Asset Allocation Geld koste. Zwar müsse man als Endanleger eine Gebühr an den Overlay Manager zahlen, räumte er ein. Aber diese „Fee“ werde doppelt und dreifach verdient, durch verschiedenste Aspekte bis hin zur Ausführung der Sicherungs­geschäfte. Um seine Aussagen zu untermauern, zog er ein ­Beispiel für Sicherungsgeschäfte heran: „Natürlich werden einem großen Overlay Manager, der eine Milliarde anfragt, bessere Preise angeboten, als wenn zehn verschiedene Asset Manager mit jeweils 100 Millionen anfragen, die zudem im FX-Bereich auch keine ausgewiesene ­Expertise haben“, so Bemmann mit Blick auf ein Exempel, bei dem ein Investor zehn verschiedene Segmente im US-Dollar an Asset Manager ausgelagert hat, die keine Fremdwährungsspezialisten sind.

Etwas anderes sei es, wenn spezialisierte Overlay Manager ­eine Fremdwährungsabsicherung umsetzen wollen. „Allein dabei kommt mit Sicherheit etwas raus, was auf der Kostenbasis die ­Basispunkte, die für Overlay Management bezahlt werden, mehr als überkompensiert. Ganz zu schweigen von dem Effekt, wenn ­einige der zehn Asset Manager gegenläufige Geschäfte machen würden, die ein zentraler Overlay Manager einfach ‚netted‘.“

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