Versicherungen
26. Oktober 2011

Solvency II – ein Monster mit drei Köpfen

Auf den portfolio masters übte Michael Baumeister, Vorstand der Gartenbauversicherung, harsche Kritik an dem Regelwerk und speziell dem Standardmodell. Seine Versicherung wird mit einem internen Modell arbeiten, das kurz vor der endgültigen Genehmigung steht.

Kein Regelwerk auf drei Säulen, sondern ein Monster mit drei Köpfen – genau das ist Solvency II für Michael Baumeister, Vorstand der Gartenbauversicherung. In seiner Rede auf den portfolio masters machte er aus seinem Missfallen über das Regelwerk keinen Hehl. „Solvency II hat einen grundsätzlichen Geburtsfehler. Eine Allianz SE und eine Gartenbauversicherung, deren Kapitalanlagen nicht einmal die Größe der Portokasse der Allianz hat, sollen in einem einzigen Modell abgebildet werden. Dabei kann nur Quatsch rauskommen“, erklärte Baumeister. Und weiter: „Als man das Modell entwickelt hat, hat man an Unternehmen unserer Größe nicht gedacht.“ 
Mit einem Kapitalanlagevolumen von rund 50 Millionen Euro gehört die Gartenbauversicherung zu den kleinen ihrer Zunft. Wer nun allerdings glaubt, dass der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit aufgrund seiner Größe mit dem Standardmodell arbeiten wird, der irrt. Frühzeitig wurde ein eigenes internes Modell entwickelt. Diese Woche geht man damit in die Endphase der Genehmigung. „Wir befinden uns mit unserem internen Modell in einer Phase, von der eine Allianz oder Talanx noch träumen“, bemerkte Baumeister in seiner Rede.   
„Spätestens seit QIS 4 und dem Erscheinen von MaRisk weiß man, dass Solvency II aus dem Ruder gelaufen ist“, führte er weiter aus. Mit QIS 5 (Quantitative Impact Study) sei dies dann auch dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) klar geworden. Baumeister selbst bezeichnet QIS 5 als GAU – den größten anzunehmenden Unfug. „Die neu aufgenommene Formel zur Bewertung der Naturrisiken ist kompletter Unfug. Damit kann man unsere Risikosituation nicht bewerten“, so Baumeister. Mit zwei Drittel sind Naturrisiken jedoch das größte Risikovolumen der Gartenbauversicherung. „Ich halte es für unzumutbar, wenn man ein Modell bekommt, mit dem man arbeiten soll, und das enthält dann Rechenfehler“, bemängelte Baumeister. Wie eklatant das Standardmodell dieses Risiko unterschätzt, wird bei einem Vergleich mit dem Ergebnis aus dem internen Modell der Gartenbauversicherung deutlich, welches das Gesamtkatastrophenrisiko auf etwas über 56 Millionen Euro taxiert. Nach dem Standardmodell sind es lediglich rund 13 Millionen Euro. 
Die Entwicklung eines eigenen internen Modells war allerdings erst der zweite Schritt im Solvency-II-Umsetzungsprojekt, das unter dem Namen „UPUS“ läuft. UPUS steht für unternehmensindividuelle, proaktive Umsetzung von Solvency II. Der erste war die Auslagerung der Kapitalanlage an die DEVK. „Wir haben die Kapitalanlagen nicht ausgelagert, weil wir das nicht können, sondern weil uns die gesamte Berichterstattung, die mit Solvency II immer weiter zunimmt, schwer fällt“, erläuterte Baumeister. Er fürchtet, dass die Säule III eine Orgie der Bürokratie wird, hegt zugleich aber auch die Hoffnung, dass es noch Nachbesserungen geben wird. Schließlich hätten Pre-Tests gezeigt, dass selbst Allianz SE, die Münchner Rück und Talanx die Anforderungen nicht erfüllen konnten.       
Nach der erfrischend ehrlichen Rede von Baumeister zu Solvency II ging es auf den portfolio masters um die Frage: Wie lässt sich ein Anleihenportfolio im aktuellen Zinsumfeld erfolgreich managen? Zu bereits erfolgreich erprobten Zinsstrategien referierten getreu dem Motto „von Investoren für Investoren“ Dr. Constantin Echter von der Bayerischen Versorgungskammer (BVK), Joachim Fröhlich von der Evangelischen Kreditgenossenschaft und Thomas Dinkela von der Sparkasse Münsterland Ost. Mehr zu den Zinsstrategien können Sie in der November-Ausgabe von portfolio institutionell lesen.
portfolio institutionell newsflash 26.10.2011/kbe
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