Alternative Anlagen
7. Februar 2024

Stabilitätsfaktor nach der Zinswende

Während es bei Private Equity im Zuge der Zinswende mit den ­Bewertungen teils deutlich nach unten ging, sind die von Infrastrukturanlagen relativ stabil geblieben. Grundsätzlich führt der Weg über die Privatmärkte über ­Eigenkapital- oder Debt-Fonds. Wer ­lieber liquide bleiben will, schaut auf Listed Infrastructure.

Es gibt viele Gründe, aus denen Infrastrukturanlagen unter institutionellen Investoren auch nach der Zinswende gefragt bleiben: ­Erstens bieten die Assets langlaufende Cashflows. Auch in Zeiten hoher Volatilität an den liquiden Märkten lieferten sie stabile ­Erträge. „Insbesondere Infrastructure-Debt-Produkte boten wegen der variablen Verzinsung und kurzer Duration vielen Anlegern in der Zinswende Schutz“, sagt zum Beispiel Jens Kummer, Chief ­Investment Officer der Faros Fiduciary Management AG. Aber auch die Equity-Seite überzeugte: „Im Vergleich zu ­anderen Privatmarkt­anlagen haben auch die ­Bewertungen von Infrastrukturanlagen am Sekundärmarkt besser abgeschnitten,­ vor allem im Vergleich zu Private-Equity-Anlagen“, so Kummer. Die durchschnittlichen Discounts auf Infrastructure Equity seien im Krisenjahr 2022 kaum gestiegen, während andere Private-Equity­-Segmente deutliche Abschläge im Sekundärmarkt verzeichneten. Die Abschläge beispielsweise für Buyouts betrugen im Schnitt 16 Prozent vom NAV, so Faros, die für Infrastructure nur drei Prozent.

Gleichzeitig sind Infra-Assets bei Investoren ­begehrt und zugleich rar gesät – und durch die Transformation werden mehr Mittel ­benötigt, insbesondere nachhaltige Infra-­Assets zu finanzieren, was auch der Sustainable-Finance-Beirat kürzlich mit einem aktuellen Positionspapier zum Thema unterstrich. Der Schlüssel für solche Infrastrukturinvestitionen läge vor allem in einer effizienten Zusammenarbeit der Real- und Finanzwirtschaft mit der öffentlichen Hand. Für die ­Förderung von Infrastruk­turinvestments in Deutschland macht sich auch die Initiative ­Deutsche Infrastruktur (IDI) stark, ein Bündnis aus institutionellen­ Investoren und Vertretern der ­Politik, die sich für die Verbesserung der ­Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch Investitionen in essenzielle Infrastruktur ­engagieren. Letztlich sind Infrastrukturanlagen auch Assets mit Monopol­charakter. „Wenn man hier einen Vergleich mit der Aktienwelt ­ziehen will“, so Jens Kummer, „dann kann man Infrastructure Equity am ehesten mit einem High-Dividend-Fonds mit Sektor­fokus auf drei Branchen vergleichen: Unternehmen aus dem ­Sektor der Erneuerbaren Energien, Firmen aus dem Bereich Telekommunikation (zum Beispiel Glasfaser) und Unternehmen aus dem Transportsektor.“ Bei Infrastructure Equity in den Private Markets käme es zugleich sehr auf die Diversifikation an. „Viele Fonds erzielen­ ihre Rendite oftmals allein daraus, dass ­eines der Assets in ­ihrem Portfolio sich in der Bewertung vervielfacht, während andere­ Assets mitunter auch starke Verluste einfahren. So habe die ­Wertentwicklung per annum im Durchschnitt bei Infrastructure Equity zuletzt bei zwischen fünf und sieben Prozent ­gelegen. „Und das oftmals, weil ein oder zwei Assets sich im Wert verdoppelt oder verdreifacht haben. Gäbe es diese nicht, hätte das Gesamtportfolio negativ abgeschlossen“, so Kummer. „Diversifikation ist also hier entscheidend für das Ergebnis.“

Die Ärzteversorgung Land Brandenburg (ÄVLB) mit Sitz in ­Cottbus ist zu 20 Prozent ihres Gesamtportfolios in alternative ­Anlagen über die Privatmärkte investiert. Auch wenn es schon zu Beginn der 2010er Jahre einzelne Investments in Infrastruktur gab, ­erfolgte seit dem Jahr 2012 und 2013 der Portfolioaufbau mit breiter Diversifizierung. Dabei fokussiert sich das Versorgungswerk ausschließlich auf die Equity-Seite, die man über geschlossene Fonds im Primary-Markt abdeckt und über Anlagen, die überwiegend dem Core-­Segment zuzurechnen seien. „In unserer Risikobetrachtung fiel ­unsere Entscheidung für die Equity-Seite, weil wir den ­Risiko-Spread präferieren, der Eigenkapitalgebern im Regelfall ­zugestanden wird und als Anleger unter der Anlageverordnung keine Quotenvorteile als Fremdkapitalgeber erhalten, wie das bei Solvency-II-Anlegern der Fall ist“, sagt Danny Tuchlinsky, Investmentmanager bei der ÄVLB und dort zuständig für die alternativen Anlagen. „Ob man mit Fremdkapital in einem illiquiden Markt besser aufgestellt ist, ist sehr fallabhängig. Wenn eines der Investments ausfällt oder ­restrukturiert werden muss, kommt es darauf an, welche konkrete Besicherung man im ­Ernstfall hat.“ Auch die voraussichtlich nächste­ Phase der Zinsänderung, von stabilen auf womöglich ­sinkende Zinsen werde für ­Infrastructure Debt spannend, erwartet Tuchlinsky. Er beobachtet zudem, dass die Manager das Anlagespektrum in der vergangenen Dekade aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage zunehmend von Core in Richtung Core plus ausweiteten. Investiert wird bei der ÄVLB weltweit diversifiziert mit Fokus auf die Developed Markets, auch aufgrund der stärkeren ­juristischen Sicherheit. Als Beimischung hat man aber auch etwas Emerging Markets im Portfolio.

Klimaziele im Konflikt mit Verschuldung

Derzeit investiert die ÄVLB nicht im Verbund mit anderen Versorgungswerken in Infrastruktur, kann sich dies für die Zukunft aber durchaus vorstellen. Auch erfolgen bei dem Versorgungswerk ­spezielle Investments in nachhaltige Infrastruktur. Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds könnten es, müssten es aber nicht sein, so Tuchlinsky. Was ist seine Sicht auf die Transformation? Wie können für das Ziel der Klimaneutralität genug Mittel allokiert werden, um ­die Infrastruktur der Developed Markets zukunftsfähig zu machen? Oftmals fehle es allgemein an Akzeptanz für institutionelles Geld in diesem Bereich, insbesondere in Europa, konstatiert Tuchlinsky. „Ein aktuelles Problem sehe ich vor allem im Zielkonflikt zwischen Klimaneutralität auf der einen und der Verpflichtung der öffentlichen Haushalte auf der anderen Seite, sich bei der Schuldenaufnahme zu mäßigen. Ist es der richtige Weg, die Transformation über zusätzliche Schulden zu ­finanzieren?“, fragt Tuchlinsky und verweist auf die ökonomische Komponente der Nachhaltigkeit. Bei Public Private Partnerships gebe es viele Möglichkeiten des Zusammenspiels von öffentlicher Hand und institutionellen Kapital­gebern. Zudem kritisiert er: „Wir ersetzen in der Energietransformation bestehende Infrastruktur, aber wir investieren nicht neu in zusätzliches Wachstum. Aus ökologischer Sicht ist dies verständlich, aber aus ökonomischer Sicht sollten Schulden das Wachstum fördern.“ Zugleich seien auch die Themen Bürokratie-Abbau, Digitalisierung und Regulatorik wichtig, um mehr Mittel verfügbar zu machen. „Die USA gehen den Weg über steuerliche Vorteile“, sagt Tuchlinsky mit Blick auf den Inflation Reduction Act. „Hierzulande versuchen wir alles bis ins Kleinste zu regeln.“ Den entscheidenden Vorteil von Infrastruktur-Equity gegenüber Aktieninvestments sieht Tuchlinsky in dem speziellen Zugangs­weg zu Assets mit Monopolcharakter. „Im Unterschied zum ­Aktienmarkt bieten die Privatmärkte einen eigenen Zugang zu ­Versorgern, zu Energieeffizienz, zu Dateninfrastruktur oder auch sozialer Infrastruktur“, sagt Danny Tuchlinsky. Im Bereich der ­sozialen ­Infrastruktur investiert die ÄVLB zum Beispiel über einen diversifizierten Fonds in einen Betreiber ­einer Rettungshubschrauberflotte. Weitere unterliegende Assets sind beispielsweise Rechenzentren, Energieversorger, Strom­trassen, Glasfaser, Abfallmanagement, Mautstraßen, Züge, Terminal­betreiber (Häfen) und Flughäfen sowie Unternehmen des Transportwesens und Mobilfunktürme.

In die Betreiber von Sendemasten, aber über den Aktienmarkt, ­investiert auch Prabal Sidana, Head of Liquid Private Markets und leitender Portfoliomanager bei der Partners Group. Sidana sieht drei wesentliche Treiber für Infrastrukturanlagen in den kommenden Jahren: Einmal die Überalterung von Infrastruktur in den entwickelten Märkten und deren Modernisierungs­bedarf, zweitens die Entwicklung neuer Projekte für moderne Infrastruktur in vielen Schwellenländern, die von der Urbanisierung betroffen sind. Und drittens die grüne Transformation, die den Ausbau von fossil-freien Technologien sowohl in den entwickelten als auch den aufstrebenden Märkten vorantreibt. Der Finanzierungsbedarf betrage allein in den USA über zwei Billionen US-­Dollar. Bei der Auswahl der ­Sektoren legt Sidana den Fokus auf die Betreiber von Übertragungs- und Verteilernetzen für Strom und Gas (23 Prozent), auf Sendemasten (21 Prozent des Portfolios) und Schienennetze (13 Prozent). Es sei unwahrscheinlich, dass der Fonds zu einem ­großen Anteil in die Betreiber von Erneuerbaren Energien investiert, die stark von kurzfristigen Schwankungen der Marktpreise und des Strombedrafs abhängig sind. „Wir sehen auf den Strommärkten in den Developed Markets, aber auch weltweit zu hohe Marktrisiken und eine hohe Volatilität.“ Prabal Sidanas Fonds, der Partners Group Listed Investments ­SICAV – Listed Infrastructure EUR (I-Acc), umfasst ein Investment­universum von über 300 Titeln und investiert in etwa 30 bis 40. Die annualisierte Rendite seit Auflage des Fonds im Jahr 2006 betrug 6,4 Prozent am Jahresende 2023.

Investoren sollten sich bewusst sein, dass die Komplexität der ­Privatmärkte im Vergleich zu den Aktienmärkten ­zusätzliches Know-how und auch juristische Expertise bedeutet. So berichtet ­Faros-CIO Jens Kummer von Dokumentationen, die im Einzelfall für mehrere Investments mehrere tausend Seiten umfassen, insbesondere hinsichtlich der Anlegerschutzklauseln (Covenants) von Debt-Fonds. Er rät institutionellen Investoren, die sich im Verbund mit anderen engagieren wollen: „Ich sollte als Gläubiger, aber auch als Aktionär, immer darauf achten, dass ich mit ­solchen Investoren zusammen investiere oder finanziere, die im Krisenfall gleich­gerichtete Interessen haben.“

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