Traditionelle Anlagen
12. Juni 2019

Stiftungen verärgert über Reformstillstand

Stiftungsrechtsreform wird zum Herbst 2019 nicht kommen. Diskussionen um Niedrigzins und Aktienanlagen prägen Deutschen Stiftungstag in Mannheim.

Die erwartete Stiftungsrechtsreform, die unter anderem eine gewisse Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen zwischen den Aufsichten bei den Regierungspräsidien der Bundesländer schaffen soll, wird wohl zum Herbst 2019 nicht kommen, wie auf dem Stiftungstag verlautbart wurde. Der Bundesverband beklagte auf der Konferenz einen faktischen Stillstand bei der Reform. „Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe gibt es seit zwei Jahren, doch es passiert nichts in Sachen Stiftungsrechtsreform. Darüber sind wir als Bundesverband sehr verärgert“, sagte Birgit Radow, stellvertretende Generalsekretärin des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, auf einer Pressekonferenz des Stiftungstags. Als Grund dafür nannte Radow einen „Ressourcenmangel“ im Bundesjustizministerium. „Die Stiftungsrechtsreform ist eine Vereinbarung aus dem Koalititonsvertrag. Wir werden uns weiter für eine Umsetzung der Reform einsetzen.“

Sorge um Vermögenserhalt

Außerdem waren die anhaltend niedrigen Zinsen und die daraus erwachsenden Folgen für die Asset-Allokation von Stiftungen ein Kernthema der Vorträge und Podiumsdiskussionen auf dem Deutschen Stiftungstag 2019 des Bundesverbands Deutscher Stiftungen in Mannheim. Laut einer Umfrage des Bundesverbands erwarten 46 Prozent der Stiftungen Vermögenserträge unter der Inflationsrate. „Das ist ein existentielles Thema, viele Stiftungen stehen unter erheblichem Finanzdruck“, sagte Birgit Radow dazu. Im Fundraising würden viele Stiftungen Auswege sehen, aber auch in einer veränderten Asset-Allokation. In andere Asset-Klassen als festverzinsliche Wertpapiere müsste verstärkt investiert werden, vor allem in Aktien, so der Tenor vieler Vorträge auf dem Kongress. In verschiedenen Foren ging es aber auch um Anlagen in Immobilien, Infrastruktur und Private Equity. „Bei einer Anleihe muss ich davon ausgehen, dass sie irgendwann ausfallen kann, bei einer Aktie kann ich praktisch nie einen Totalverlust erleiden“, so eine Wortmeldung aus dem Publikum. Aktionäre sollten hier aber bedenken, dass ihr Geld im Insolvenzfall zumeist weg ist. Häufig würde das Bestreben von Stiftungen, mehr in Aktien zu investieren durch die Aufsichtsbehörden ausgebremst: „Da sagt die eine Aufsicht, du darfst nur fünf Prozent Aktien haben, die andere geht von 30 Prozent aus“, so Radow. Dabei mache das Gesetz für die Vermögensanlage keine expliziten Vorgaben, wie hoch die Aktienquote sein dürfe. „Es gibt sehr viel Unwissen über die rechtlichen Rahmenbedingungen“, sagte Oliver Rohn, Justiziar und Betreuer des Arbeitskreises Stiftungsvermögen beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, kürzlich bereits portfolio institutionell. „Auch die Vorstellung einer maximalen Aktienquote von 30 Prozent findet sich nicht im Gesetz wieder.“ Dass es für Stiftungen durch die rechtlichen Rahmenbedingungen aber auch deutliche Grenzen bei der Auswahl der Anlageformen gibt, zeigte wiederum der Vortrag „Compliance in der Stiftungsorganisation“ der Falk GmbH und Co. KG. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Klaus Heininger stellte klar: „Spekulative Anlagen wie Warentermingeschäfte oder Investitionen in Start-Ups sind für Stiftungen immer ausgeschlossen.“

Geldpolitik fördert Zombi-Unternehmen

Auch die Niedrigzinspolitik der EZB war Thema auf dem Stiftungstag 2019. Bei der gut besuchten volkswirtschaftlichen Podiumsdiskussion mit dem Titel: „Die Welt wird unruhiger“, ging es unter anderem um die Rolle Europas im Handelskonflikt der USA mit China und um die Frage, was in einer möglichen Rezession passiert. „Viele Bonds schlechter Qualität werden bei einer Rezession massiv an Wert verlieren“, sagte Professor Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE. Das aktuelle Nullzinsniveau bewirke eine kritische Situation, die kein Wachstum erzeuge, sondern japanische Verhältnisse. Die Dynamik in der Wirtschaft werde geschwächt: „Das Problem der Zombie-Unternehmen hängt mit der Geldpolitik sehr stark zusammen. Eine Finanzmarktblase, die wir aktuell noch nicht sehen, könnte sich aufbauen“, so Heise.

Korrektur vom 21. Juni 2019:

In der ursprünglichen Fassung haben wir geschrieben, dass der Bundesverband Deutscher Stiftungen im Hinblick auf die Stiftungsrechtsreform einen „Resourcenmangel“ im Bundesfinanzministierum beklagt. Tatsächlich war aber das Bundesjustizministerium gemeint.

 

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