Stiftungen
22. Februar 2019

Stiftungsverband: „2018 war ein hartes Jahr“

Umfrage: Knapp 40 Prozent der Stiftungen erwarten eine Rendite unterhalb der Inflationsgrenze. Leichtes Plus bei Stiftungsneugründungen.

Wie eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zeigt, war 2018 ein Jahr der Wende für die Vermögensanlage in Deutschlands Stiftungen. So erwarten knapp 40 Prozent der Stiftungen eine Rendite unterhalb der Inflationsgrenze. Dieses Ergebnis liefern dem Bundesverband zufolge die neuesten Zahlen aus dem eigenen Stiftungspanel. 2017 sahen nur 20 Prozent der befragten Stiftungen den Inflationsausgleich in Gefahr. „2018 war ein hartes Jahr“, so Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. „Die Zahlen zeigen zwar, dass die Niedrigzinsphase voll auf die Rendite durchschlägt, aber sie zeigen auch, dass Stiftungen ihre Lehren aus den vergangenen Jahren gezogen haben: Sie sind von passiven Sparern zu aktiven Investoren geworden. Leider gibt es noch zu wenig maßgeschneiderte Angebote von Finanzdienstleistern.“ Hier setzt der Bundesverband Deutscher Stiftungen weiter Impulse. Schon heute legten immer mehr Stiftungen ihr Kapital wirkungsorientiert an: In 2018 waren das 26,1 Prozent  der Stiftungen ( 2016: 22,1 Prozent) und erhöhten somit über die Wahl ihrer Anlageprodukte ihre gesellschaftliche Wirkung.

Mehr Neugründungen
„Die aktuelle Situation mit niedrigen Zinsen und volatilen Märkten ist für Stiftungen zwar schwierig. Doch wer sich für die Gründung einer auf Dauer angelegten Stiftung entscheidet, tut dies mit einer langfristigen Perspektive und in der Absicht, sich nachhaltig für die Gesellschaft zu engagieren“, bekräftigt Prof. Dr. Joachim Rogall, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Der Stiftungssektor wächst trotz der Lage an den Finanzmärkten konstant. Um 2,1 Prozent ist die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts laut Bundesverband im vergangenen Jahr gestiegen. 554 Stiftungen erhielten 2018 eine Anerkennungsurkunde. 2017 waren es 549 Stiftungen. 28 Stiftungen gibt es heute pro 100.000 Bundesbürger. Zu den jetzt 22.743 rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts kommt noch eine Vielzahl anderer Rechtsformen.

Stiftungen hoffen auf Reform
Joachim Rogall mahnt: „Um gesellschaftlich wirksam zu sein, brauchen Stiftungen dringend mehr Flexibilität. Die Politik hat dazu bereits Änderungen angekündigt. Jetzt hoffen wir auf eine schnelle Umsetzung der Stiftungsrechtsreform durch den Gesetzgeber.“ Bestandteil der Stiftungsrechtsreform ist unter anderem die Einführung der Business Judgement Rule. Diese Regelung ermöglicht, dass Stiftungsvorstände nicht zur Haftung herangezogen werden dürfen, wenn sie bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung angewandt haben. So würden Stiftungen mehr Sicherheit in ihrer Arbeit, vor allem in der Vermögensanlage, haben. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes zur Stiftungsrechtsreform halten mehr als 90 Prozent der befragten Stiftungen die Einführung der Business Judgement Rule für sehr wichtig oder wichtig.
Insgesamt gibt es 22.743 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts in Deutschland. 89 Prozent davon haben ihren Sitz in den westlichen Bundesländern. Auch im Osten wird zunehmend mehr gestiftet. So lag das Nettowachstum in den fünf östlichen Bundesländern mit 3,7 Prozent weitaus höher als im Bundesdurchschnitt von 2,1 Prozent. 62 der 554 Neugründungen des vergangenen Jahres stammen aus Ostdeutschland. Spitzenreiter ist hier Brandenburg mit einem Wachstum von 8,2 Prozent und 16 neu anerkannten Stiftungen. Hamburg bleibt das Bundesland mit den meisten Stiftungen im Verhältnis zur Zahl der Einwohner: 78 Stiftungen gibt es pro 100.000 Einwohner. Im Bundesdurchschnitt sind es 28 Stiftungen pro 100.000 Einwohner. Bei den Top 3 der Stiftungshauptstädte gab es Bewegung: Würzburg und Oldenburg können sich an der Spitze behaupten, während Frankfurt am Main für Aufsteiger Darmstadt auf den 4. Platz rutscht.

Impact Investing fördern
Das Forum Kapital und Wirkung, zu dem der Bundesverband Deutscher Stiftungen am 20. und 21. Februar zahlreiche Entscheider aus dem Stiftungsbereich geladen hatte, suchte Stiftungen Wege aufzuzeigen, ihre gesellschaftliche Wirkung auch auf der Kapitalanlageseite zu erhöhen. So stellten unter anderen Ise Bosch von der Dreilinden gGmbH aus Hamburg und Patrick Knodel von der Kölner Knodel Foundation ihre Arbeit vor. Beide machten sich stark dafür, dass Stiftungen nicht auf der Kapitalanlageseite konterkarierten, was sie mit ihrem Stiftungszweck zu fördern gedenken. Patrick Knodel kritisierte die Haltung mancher Stiftungen und benutzte dazu ein zugespitztes Beispiel: Wer auf der Förderseite beispielsweise den Brunnenbau in Entwicklungsländern fördere, während er bei der Kapitalanlage mit viel mehr Geld die Aktien beispielsweise von Nestlé kaufe, das in der Kritik steht, die Wasserversorgung in eben diesen Ländern zu gefährden, begehe Selbstbetrug. Zugleich räumte er ein, die Anlagemöglichkeiten im Bereich Social Entrepreneurship in Entwicklungsländern seien derzeit noch rar gesät: „Wir brauchen Fonds, die in Startups in Afrika investieren, nicht in grün angemalte Aktienfonds, sondern in solche, die wirklich nachhaltig sind.“

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen vertritt die Interessen der Stiftungen in Deutschland. Er hat mehr als 4.400 Mitglieder; über Stiftungsverwaltungen sind ihm 8.400 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Damit sind rund drei Viertel des deutschen Stiftungsvermögens im Bundesverband Deutscher Stiftungen organisiert. Der größte und älteste Stiftungsverband in Europa ist das anerkannt führende Kompetenzzentrum für Stiftungen.

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