Asset Management
21. Oktober 2022

Strukturumbruch treibt Asset Manager um

DVFA-Asset-Management-Konferenz: Rezession ist „unvermeidbar“. Nachhaltigkeitsberichtspflichten auf zwei Ebenen.

Die aktuelle Lage rund um den Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die Energiekrise, aber auch das Verhältnis zu China, halten Asset Manager derzeit in Atem. So waren die Herausforderungen durch die hohe Inflation, eine schwächelnde Konjunktur und gewachsene geopolitische Risiken prägende Themen auf der diesjährigen, elften Asset-Management-Konferenz des Berufsverbands der Investment Professionals, des DVFA. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit und Überlegungen zur Altersvorsorge in Deutschland durchzogen die hybrid, in Frankfurt und online, ausgerichtete Veranstaltung mit dem Titel „Asset Management und die neue Weltunordnung“.

Tail-Risiken in den Blick nehmen

Angesichts der aktuell angespannten internationalen Lage nannte eingangs Oliver Behrens, Vorstandsvorsitzender von Morgan Stanley Europe SE, in seinem Grußwort sein Rezept: „Diversifikation, Diversifikation, Diversifikation! Ohne die geht es nicht. Wir sind mittendrin in einem gewaltigen Strukturumbruch.“ Angesichts der wachsenden Unsicherheiten müsse man „das Tail-Risiko immer mitberücksichtigen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit noch so klein ist, dass es eintritt.“ Die kleinsten Positionen machten unter Umständen die größten Probleme.

Rezepte für die Altersvorsorge auf dem CIO-Panel

Interessante Einblicke in die Strategien von Asset Managern und deren Einschätzungen zu Inflation und Konjunktur bat die Podiumsdiskussion zwischen Ingo Mainert, CIO Multi Asset Europe bei Allianz Global Investors (AGI), Prof. Dr. Bernd Meyer, Chefanlagestratege und Leiter Multi Asset bei Berenberg, und Chefstratege Philipp Vorndran von Flossbach von Storch, die von Frank Klein von der DWS International GmbH moderiert wurde. Vorndran begann die Diskussion mit einem Statement zur Inflation: „Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben.“ Sie werde dauerhaft bei vier bis fünf Prozent liegen, schätzte der Chefstratege des Kölner Vermögensverwalters. Das habe Auswirkungen insbesondere auf Altersvorsorgeeinrichtungen, deren SAA „nominallastig“ sei. Zudem wirke die Demografie nachteilig auf das deutsche Rentenmodell: „Innerhalb der kommenden zehn Jahre verlieren wir jede zehnte Arbeitskraft“, so die Prognose Vorndrans. Ändere sich nichts an dieser Situation, sei Altersarmut vorprogrammiert. Sein Fazit mit Blick auf die bisher ausbleibenden Erfolge bei Aktienrente und „Nahles-Rente“, also dem Sozialpartnermodell: „Wir brauchen eine Spekulationsfrist“, sodass Gewinne aus der Aktienanlage nach zehn Jahren steuerfrei seien. Dies sei das beste Konzept, um die langfristige Aktienanlage für die Bürger attraktiver zu machen: „Deutschland funktioniert über den Steuersatz.“

Comeback des Zinses

Prof. Dr. Bernd Meyer von Berenberg betonte hingegen, dass die Diskussion um die Rente ab 70 ihre Berechtigung habe. Länger zu arbeiten, sei einer der validen Lösungsvorschläge in der Diskussion um die Altersvorsorge. Ingo Mainert von AGI, zudem stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DVFA, schloss sich den Inflationserwartungen von Philipp Vorndran im Wesentlichen an: „Die vier ist die neue zwei“, sagte er in Anspielung auf das bisherige Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent. Getrieben werde die Inflation aktuell noch vor allem durch die Produzentenpreise, die teilweise um 50 Prozent zugelegt hätten. Seine Prognose: „Die Geldpolitik wird weiter restriktiv bleiben. Wir glauben daher, die Rezession ist unvermeidbar.“ Allerdings betonte er auch die Chancen an den Märkten, denn man sei als Asset Manager wieder „ein Stück in unserem Ökosystem drin: Wir haben wieder Zinsen“.

Wesentlichkeit entscheidet über Renditevorteil von Nachhaltigkeit

Ein weiteres Highlight der DVFA-Konferenz war der Vortrag von Prof. Dr. Christina Bannier, Inhaberin des Lehrstuhls für Banking & Finance an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitglied der DVFA-Kommission für Governance & Sustainability. Nachhaltigkeitsstrategien könnten die Profitabilität der Unternehmen zwar erhöhen, im Moment komme aber aus ihrer Sicht ein neues Problem auf, nämlich das des „Greenhushing“. Damit ist gemeint, dass Unternehmen sich zwar um mehr Nachhaltigkeit bemühen, jedoch aus Reputationsgründen aufhörten, darüber zu reden.

Fast 60 Prozent der Studien sieht positive Effekte auf die Rentabilität

Interessante Ergebnisse lieferte denn auch eine von ihr zitierte Meta-Studie der New-York-University und Rockefeller Asset Management zur Performance nachhaltiger Anlagen. Hierfür wurden mehr als 1.000 empirische Studien aus den Jahren 2015 bis 2020 ausgewertet. Demnach zeigten 58 Prozent der Studien einen positiven Effekt von Nachhaltigkeitsaktivitäten auf der Unternehmensebene, 33 Prozent zeigten einen positiven Effekt auf der Portfolio-Ebene. Betrachte man jedoch die „Wesentlichkeit“ der Nachhaltigkeitsaktivtäten auf Unternehmensebene, also deren Materialität auf das Geschäftsmodell der spezifischen Unternehmen, so fielen die positiven Effekte noch deutlich stärker aus, erläuterte Bannier. „Zum Beispiel kann eine Spende ans örtliche Tierheim die ESG-Performance eines Unternehmens verbessern, für dessen Business Case hat dies jedoch keine Relevanz. Wissenschaftliche Studien haben genau diese Wesentlichkeit nicht berücksichtigt“, so Bannier. Festzuhalten sei: „Nur wesentliche Nachhaltigkeitsaktivitäten steigern die Rentabilität auf Unternehmens- und Portfolioebene.“

Unterschiedliche Standards in der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Im Anschluss ging Bannier auch auf die geplante Regulierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) ein. Hier hätten sich Europa und die USA regulatorisch auseinanderentwickelt. Während in den USA und damit auch im internationalen ISSB-Standard sowie bei der Klimaberichterstattung nach der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures, TCFD, nur die finanziell wesentlichen Nachhaltigkeitsaktivitäten Berücksichtigung finden, so verfolge hier die EU mit der CSRD das Konzept der „Doppelten Wesentlichkeit“. Demnach sei nicht nur die Outside-in-Perspektive entscheidend, nämlich wie eine Nachhaltigkeitsaktivität sich auf das Unternehmen auswirkt, sondern auch die Inside-out-Perspektive: Wie wirkt sich die Geschäftstätigkeit umgekehrt auf Nachhaltigkeitsaspekte aus? Gerade kleinere Unternehmen stünden hier vor hohen Hürden und Kosten bei der Implementation. Für Investoren sei diese unterschiedliche Datenlage ein Problem, da sie die unterschiedliche Informationsbasis in ihrer Nachhaltigkeitsbetrachtung „irgendwie in Einklang bringen“ müssten, so Bannier.

Grüne Anleihen und die Taxonomie

Zudem zeigten sich erste „Schwächen“ in der Umsetzung der EU-Taxonomie. So ließen sich zum Beispiel Green Bonds mit einer Laufzeit über fünf Jahren oftmals nicht als grüne Investments einordnen. „Das ist ein Riesenproblem“, so Bannier. Zu erwarten sei denn auch ein weiteres Wachstum des Segments der Sustainability-linked Bonds, die von der Taxonomie grundsätzlich nicht erfasst würden, weil sie ihre Ziele nicht an eine bestimmte Wirtschaftstätigkeit, sondern an den Unternehmenserfolg knüpften.

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