Immobilien
22. November 2022

Studentisches Wohnen auf Rekordhoch

Investitionen im laufenden Jahr liegen mit 11,7 Milliarden Euro in Europa auf Rekordhoch. Ansonsten ist die Stimmung unter Immobilieninvestoren auf ein neues Tief gefallen.

Studentisches Wohnen verspricht in den kommenden Jahren ein deutliches Wachstum, denn die Studierendenzahlen in Europa inklusive Großbritannien steigen, wenn auch die Zahlen für Deutschland zuletzt rückläufig waren. Dementsprechend sind die Investitionen in dieses Immobiliensegment im laufenden Jahr stark angewachsen. Das berichtet der Immobilieninvestmentmanager Savills. In einem aktuellen Marktbericht nennt Savills ein Gesamtinvestitionsvolumen von 11,7 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen – dies sei ein „neuer Rekordwert“ und eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 130 Prozent.

Das starke Interesse der Investoren an dem Sektor ist Savills zufolge unter anderem auf eine steigende Anzahl an Studierenden zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielten zudem internationale Studierende, die häufiger eine Unterkunft in einer Studierendenwohnanlage nachfragen. Savills geht davon aus, dass sich dieses Wachstum in den kommenden Jahren fortsetzt, da die Zahl der jungen Menschen in Europa (15- bis 19-Jährige) bis 2027 voraussichtlich um 5,8 Prozent steigen wird. Gleichzeitig herrsche in vielen europäischen Märkten ein erhebliches Unterangebot an Studierendenunterkünften, was zu großen Mietwachstumspotenzialen führt. Die durchschnittliche Versorgungsquote – also die Gesamtanzahl der Betten geteilt durch die Gesamtanzahl der Studierenden – betrage in den europäischen Städten derzeit durchschnittlich 12,5 Prozent und liege damit unter dem Vorjahreswert von 13 Prozent. In Deutschland lag sie in den Top-30-Hochschulstädten zuletzt bei durchschnittlich 14,2 Prozent, so der Immobiliendienstleister.

Spitzenrenditen zwischen 3,5 und 6 Prozent

Laut Angaben von Savills beträgt die durchschnittliche Spitzenrendite in Europa in diesem Segment 4,15 Prozent und reicht von 3,5 Prozent in Kopenhagen bis 6,00 Prozent in Sevilla. „Der Markt für studentische Wohnanlagen verhält sich antizyklisch und stellt derzeit eine gute Möglichkeit für Investoren dar, ihre Portfolios in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs auszubalancieren. Die positive Stimmung in diesem Sektor zeigt das Vertrauen der Anleger in die Resilienz der Asset-Klasse“, so Marcus Roberts, Head of Europe, Operational Capital Markets bei Savills.

In Deutschland ist die Anzahl der Studienanfänger zuletzt zwar gesunken, dennoch befindet sie sich auf einem weiterhin sehr hohen Niveau. „Wir sehen derzeit, dass der Markt in Deutschland nach einer jahrelangen Boomphase langsam in eine Reifephase übergeht. Angesichts der weiterhin hohen Studierendenzahlen, der anhaltenden Angebotsknappheit am Wohnungsmarkt sowie einem hohen Anteil von Einwohnern im Studierendenalter in deutschen Städten wie Köln oder München gehen wir nach wie vor von guten Anlageopportunitäten für Investoren aus. Allerdings werden Qualität und Lage der Wohnanlagen eine noch größere Rolle als bisher spielen“, sagt Florian Gust, Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Deutschland. Der Einwohneranteil im Studierendenalter liegt in Köln bei 14,7 Prozent und in München bei 14,9 Prozent.

Investorenstimmung sinkt auf neues Tief

Abgesehen vom Wachstum in einzelnen Nischensegmenten hat sich die Stimmung unter Immobilieninvestoren weiter verschlechtert. So rutschte der globale Stimmungsindex für Gewerbeimmobilien (Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI)) des Branchenverbands RICS von minus sechs im zweiten Quartal auf aktuell minus elf Punkte ab. Dies sei der negativste Wert seit dem ersten Quartal 2021, liege aber immer noch deutlich über dem Tiefstwert, der während des Pandemie-Höhepunkts in Q2 mit -46 verzeichnet wurde. Zudem rücken Bewertungsrisiken zunehmend in den Blick. Weltweit betrachtet bewerten etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer ihren lokalen Immobilienmarkt als teuer oder zu teuer. Die Märkte am oberen Ende der Skala sind unter anderem Japan und die Schweiz (88 Prozent), Österreich, Katar (86 Prozent) und Deutschland (84 Prozent). Im Gegensatz dazu steht Indien (27 Prozent) und einige kleinere APAC-Märkte, darunter Malaysia und Thailand.

91 Prozent finden schlechtere Konditionen vor

Der Commercial Property Sentiment Index für Deutschland fiel im dritten Quartal von -20 auf -28. Während im zweiten Quartal 71 Prozent der Befragten angaben, das der Zyklus in einer Abschwungphase sei, waren es im dritten Quartal 87 Prozent. Die Investorenstimmung erreicht einen Wert von -35 (Q2: -26) und befindet sich somit zum zweiten Mal in Folge im negativen Bereich. Sie liegt zudem zum zweiten Mal seit dem zweiten Quartal 2014 unter dem Wert der Mieterstimmung, der weiterhin abfällt und einen Wert von -21 verzeichnet (Q2: -14). Der Anteil der befragten Immobilienexperten, der eine Verschlechterung der Kreditkonditionen feststellte, stieg in der Umfrage auf 56 Prozent. Besonders in Europa war die Verschlechterung am stärksten ausgeprägt, wo rund drei Viertel der Befragten diese Ansicht vertraten. Besonders auffällig waren die Ergebnisse aus Deutschland mit 91 Prozent.

Büroflächen um zehn Prozent reduzieren

Neues brachte die Umfrage auch in Sachen Büroimmobilien zutage. Demnach rechnen etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer damit, dass Bürobestände im kommenden Jahr um bis zu zehn Prozent schrumpfen werden. Auf die Frage, wie die Investitionsströme in den Sektor in den nächsten zwölf Monaten durch hybrides Arbeiten beeinflusst werden könnten, geht eine Mehrheit von 45 Prozent von leicht negativen Auswirkungen aus.

Bautätigkeit stagniert

Außerdem stagniert dem RICS-Index Global Construction Monitor (GCM) zufolge aktuell auch die internationale Bautätigkeit. Der Gesamtindex für die Bautätigkeit (CAI) sank im dritten Quartal auf +3, nachdem er zuvor bei +12 gelegen hatte. Damit hat sich dieser Wert in den letzten drei Quartalen jeweils abgeschwächt, und der aktuelle Wert belegt nun auf einen flachen Gesamttrend insgesamt. In ganz Europa sank der Bautätigkeitsindex in den negativen Bereich (von +5 auf -10). Faktoren, die sich negativ auf die Bautätigkeit auswirkten sind RICS zufolge neben den schlechteren Kreditkonditionen weiterhin die gestiegenen Materialkosten.

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