Versorgungswerke
6. Juni 2012

Studie: Europas Altersversorger verschmähen Aktien

Laut einer Mercer-Studie ist die Aktienquote europaweit gesunken. Zuspruch erfahren Alternatives. Anders als der Rest Europas haben deutsche Einrichtungen in heimische Immobilien investiert.

Die hohe Volatilität an den Märkten und die andauernde Eurokrise lässt die betrieblichen  Altersvorsorgeeinrichtungen in Europa von Aktien weiter Abstand nehmen. Nutznießer dieser Entwicklung sind die alternativen Anlageklassen. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie von Mercer, für die mehr als 1.200 europäische bAV-Einrichtungen mit einem Kapitalanlagenvolumen  von über 650 Milliarden Euro befragt wurden. Darunter befanden sich auch gut 170 Einrichtungen aus Deutschland.
Im europäischen Vergleich stechen die deutschen Pensionskassen und Versorgungswerke mit der niedrigsten Aktienquote hervor, diese liegt derzeit bei sechs Prozent. Am nächsten kommen dieser Quote die norwegischen Einrichtungen, die im Schnitt mit 13 Prozent in Aktien investiert sind. Die höchste Affinität zur Asset-Klasse „Aktien“ haben nach wie vor Großbritannien und Irland mit 43 beziehungsweise 44 Prozent, obwohl sie die Quote im Vergleich zu den Vorjahren bereits deutlich reduziert haben. In UK lag diese 2011 beispielsweise vier Prozentpunkte über dem heutigen Stand, im Jahr 2003 waren es sogar noch 25 Prozentpunkte mehr. 
Der Trend weg von Aktien, der sich über alle europäischen Altersvorsorgeeinrichtungen zeigte, erfolgte in erster Linie zulasten von Aktien der Heimatmärkte. Laut Mercer wird sich dieser Kurs europaweit auch in den kommenden zwölf Monaten fortsetzen. So planen etwa 32 Prozent, ihre Quote heimischer Aktien zu reduzieren, nur 2,2 Prozent plant eine Aufstockung. Darüber hinaus wollen etwa 21 Prozent ihre Quote an globalen Aktien absenken, während rund zehn Prozent von einer Erhöhung ausgehen.   
Nicht nur in ihrer Aktienquote unterscheiden sich deutsche Einrichtungen von denen der europäischen Nachbarländer. Dies gilt auch für den Immobilienbereich. Im Gegensatz zum europäischen Trend, der einen Abbau der Immobilienbestände im Heimatmarkt signalisierte, haben die Deutschen ihre Immobilienquote gegenüber dem Vorjahr ausgebaut, und zwar um drei auf neun Prozent. Die Aufstockung erfolgte laut Mercer insbesondere im Heimatmarkt, was nicht unbedingt  überraschend ist. Die Heimatverbundenheit haben bereits verschiedene Studien gezeigt, wie zum Beispiel das Anfang des Jahres veröffentlichte Studie „Immobilien-Investmentmarkt 2012“ von Ernst & Young, an dem 540 institutionelle Investoren aus verschiedenen europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, teilnahmen. Das Ergebnis: 99 Prozent der befragten deutschen Investoren hielten den deutschen Markt für attraktiv. 
Während in Deutschland  also Immobilien einen Zuspruch erlebten, waren europaweit – ausgenommen Großbritannien – Hedgefonds, Schwellenländeranleihen und High Yields die populärsten alternativen Anlageklassen. Fast 20 Prozent der Altersvorsorgeeinrichtungen waren in eine oder mehrere dieser Anlageklassen investiert. Wie Mercer beobachtet hat, ist der Trend bei den größeren Einrichtungen mit Kapitalanlagen über 2,5 Milliarden Euro noch ausgeprägter. Hier sind es etwa 60 Prozent, nachdem es 2011 noch rund 40 Prozent waren. „In dem Streben, die Portfoliovolatilität unter Kontrolle zu halten, ohne auf langfristige Erträge zu verzichten, wenden sich Investoren vermehrt alternativen Anlageklassen zu“, erklärt Herwig Kinzler, der das Investment-Consulting bei Mercer in Deutschland, Österreich und Schweiz leitet. 
Obwohl das Investitionsvolumen in Alternatives zunimmt, bleibt dieses jedoch im Vergleich zu den traditionellen Anlageklassen immer noch klein. Die Allokationen in einzelne alternative Asset-Klassen betragen aktuell meist nur drei bis fünf Prozent. Im Durchschnitt über alle in der Studie erfassten Pensionseinrichtungen erreichten laut Mercer die alternativen Anlageklassen im laufenden Jahr als Gesamtheit 8,5 Prozent. Allerdings muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass nur die Hälfte der in der Studie untersuchten Einrichtungen bereits in Alternatives investiert sind. Die andere Hälfte hält sich bislang fern. Im Vergleich zum Vorjahr sind es jedoch deutlich mehr, damals waren nur 40 Prozent bereits in Alternatives engagiert.  
Mercer geht davon aus, dass die Beliebtheit alternativer Anlagen im kommenden Jahr und darüber hinaus anhalten wird. Aktuell wollen etwa 13 Prozent der befragten europäischen Einrichtungen ihre Quote weiter erhöhen. Fast zehn Prozent planen in den nächsten zwölf Monaten eine Ausweitung ihrer Investitionen in Schwellenländeranleihen, elf Prozent wollen stärker in High Yields investieren.  
Auch deutsche Altersvorsorgeeinrichtungen öffnen sich nach Einschätzung von Kinzler zunehmend  den Anlageklassen jenseits von Aktien, Renten und Immobilien: „Wir erwarten, dass deutsche Investoren dem kontinentaleuropäischen Trend folgen und ihre Investitionen insbesondere in Hedgefonds, Rohstoffe, Infrastruktur und Private Equity erhöhen.“ 
Wie die Studie weiter zeigt, sind die Rentenallokationen im Vergleich zum Vorjahr europaweit stabil geblieben. Das niedrige Zinsniveau der Staatsanleihen habe jedoch viele Altersvorsorgeeinrichtungen dazu veranlasst, hier zumindest von weiteren Investitionen abzusehen. Laut Mercer arbeiten viele Altersvorsorgeeinrichtungen mit auf Schwellenwerten basierenden Strategien, die die Investition in Anleihen automatisch erhöhen, wenn die Zinsen steigen und sich der Bedeckungsgrad der Verpflichtungen durch die Kapitalanlagen verbessert.   
portfolio institutionell newsflash 06.06.2012/kbe
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