Versicherungen
30. September 2015

Teil 2: Was wird aus der Lebensversicherung?

Versicherer stehen vor fundamentalen Herausforderungen. portfolio sprach mit Dr. Dr. Michael Fauser, Vorstand Lebensversicherung bei der Continentale, Markus Drews, Canada Life Assurance Europe, Hauptbevollmächtigter der deutschen Niederlassung, und Markus Jost, Vorstand für Lebensversicherung und Exklusivvertrieb bei der Basler.

Niedrigzinsen spalten die Branche bei der Produktentwicklung, insbesondere bei Garantien. Welche LV-Produkte haben aus Ihrer Sicht Zukunft und welche nicht? Könnten Sie dies kurz begründen?
Fauer: Wir setzen weiterhin auf einen ausgewogenen Produktmix aus klassischen und fondsgebundenen Versicherungen, Berufsunfähigkeits- und Risikoversicherung. Es ist ein Trend zu immer komplexeren und intransparenteren Produkten zu beobachten. Sowohl der Kunde als auch der Vermittler wünschen sich jedoch verlässliche, transparente und fair kalkulierte Produkte, schlanke Prozesse sowie persönlichen Service vor Ort – vom Angebot bis zum Leistungsfall. Die Continentale wird weiterhin in moderner Art und Weise diese Bedürfnisse befriedigen.
Drews: Der andauernde Niedrigzins macht es gerade deutschen Versicherern zunehmend schwer, Rentenversicherungen mit ständig abrufbaren Garantien anzubieten und ihre Verpflichtungen und Renditeversprechen den Kunden gegenüber langfristig zu erfüllen. Fondsgebundene Lösungen mit Garantien erst zum Rentenbeginn lassen mehr Anlagefreiheit und auch höhere Renditechancen. Mit den „Generation“-Tarifen für alle drei Schichten der Altersvorsorge bieten wir ein praxiserprobtes und erfolgreiches Modell für das rendite­orientierte Sparen mit endfälliger Garantie: Die tatsächliche Wert­entwicklung unserer Assets betrug zum Stichtag 31. Mai 2015 seit Auflegung im Januar 2004 bemerkenswerte 6,8 Prozent pro Jahr – nach Abzug aller Fondsgebühren.
Jost: Im aktuellen Zinsumfeld können die Kunden allein mit einem rein konventionellen Tarif ihre Vorsorgelücke nicht mehr schließen. Denn dessen Rendite wird zwischen den hohen Kosten für die Garantien und dem niedrigen Zins aus festverzinslichen Wertpapieren quasi aufgerieben. Wir haben daher die Grenze zwischen rein klassischer und rein fondsbasierter Anlage aufgehoben: Bei der Tarifvariante „Vario“ kann der Fondsanteil je nach Kundenwunsch zwischen zehn und 100 Prozent ausmachen. Diesen Anlagemix kann der Kunde für seine Beiträge je nach Marktlage und Lebenssituation jederzeit ändern.
Solvency II kommt zum 1. Januar 2016 mit Übergangsszenarien. Was erwarten Sie als erste Auswirkung im kommenden Jahr? Und wäre die Übertragung des Kapitalanlagerisikos auf den Kunden nicht strategisch zu kurz gesprungen, da es Verbraucher weg von den Lebensversicherern und hin direkt zu Fondsanbietern treiben könnte?
Fauser: Solvency II bildet ab Anfang 2016 den für uns verbindlichen aufsichtsrechtlichen Rahmen. Die Vorbereitungsarbeiten sind entsprechend weit fortgeschritten und wir richten uns auch zunehmend darauf aus. Die Kunden haben gerade bei der Altersvorsorge nach wie vor ein hohes Sicherheitsbedürfnis, dem wir mit Garantieprodukten Rechnung tragen. Deshalb ist für uns aktuell der vollständige Verzicht auf Garantieprodukte nicht sinnvoll.
Drews: Die Auswirkungen von Solvency II hängen davon ab, wie gut die einzelnen Versicherer auf die Szenarien vorbereitet sind. Canada Life hat sich frühzeitig mit dem Regelwerk ausein­andergesetzt und ist hier gut aufgestellt. Dies bestätigt uns auch die Assekuranz-Rating-Agentur Assekurata. Unser Vorteil bleibt: Bei reinen Fondsanbietern bekommen Kunden keine lebenslange Rente und stehen auch steuerlich weniger günstig da. Eine fondsgebundene Rentenversicherung bietet hier also deutliche Vorzüge.
Jost: Zu erwarten ist ein weiterer Rückgang von Garantiezusagen in neuen Lebensversicherungstarifen, zum Beispiel ganz ohne Rechnungszinsgarantien, nur mit einem Beitragserhalt. Einige Gesellschaften werden das Neugeschäft mit kapitalintensiven Produkten einstellen, da sie trotz Übergangsmaßnahmen nicht über ausreichend Solvenz verfügen. Bei Biometrieprodukten wird der Preiswettbewerb stärker werden und damit die Margen kleiner. Wie fühlen uns sehr gut auf die Folgen von Solvency II vorbereitet. Fondsgebundene Lebensversicherungen bieten gegenüber reiner Fondsanlage zwei entscheidende Vorteile: Wir zahlen die Rente nicht nur, solange das Geld reicht, sondern lebenslang. Zudem kann der Kunde mit unseren Produkten in der Anspar- und in der Auszahlungsphase sehr viel flexibler auf geänderte Lebensumstände reagieren als bei manchem Konkurrenzprodukt.
Welche  Zukunft hat bei Ihnen der Maklervertrieb, wie sorgen Sie bei Umsetzung des Lebensversicherungs-Reformgesetzes (LVRG) für faire Vergütung, die den Makler nachhaltig überleben lässt?
Fauser: Die Philosophie der Continentale sieht die persönliche und individuelle Beratung der Kunden durch einen Vermittler vor. Dazu gehören für uns heute und in Zukunft selbstverständlich auch unabhängige Vertriebspartner. Die Werte Partnerschaft, Respekt, Verantwortung und Qualität sind Leitlinien unserer Zusammenarbeit mit allen Partnern. Dies umfasst auch eine für beide Seiten faire Vergütung. Insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen müssen wir darauf achten, dass unsere Produkte für Kunden und Vermittler attraktiv bleiben.
Drews: Wir setzen nach wie vor ganz klar auf freie Vermittler. Unmittelbaren Anpassungsdruck bei der Vergütung durch das Gesetz hat Canada Life nicht, da wir von vielen Punkten des LVRG gar nicht betroffen sind und beispielsweise der Deckungsstock und die Zillmerung bei unseren Produkten überhaupt keine Rolle spielen. Wir möchten aber keinen Vergütungswettbewerb starten und uns hier keinesfalls mit unnötigen Änderungen in den Vordergrund drängen. Die Absicht des Gesetzgebers haben wir durchaus im Blick, und wir beobachten den Markt weiterhin intensiv. Bei uns passt es für die Makler.
Jost: Der Maklervertrieb hat einen wesentlichen Stellenwert für die Basler Leben. Über die Maklermanagement AG wurden 2014 rund 60 Prozent des Leben-Neugeschäfts erzielt. Wir haben für die Vergütung im Rahmen des LVRG mit unseren Partnern eine Übergangsphase bis 2016 vereinbart. Damit geben wir ihnen verlässliche Rahmenbedingungen. In dieser Zeit werden wir die Makler an neue Vergütungsmodelle heranführen. So arbeiten wir derzeit an einem Modell für die Honorarvergütung. Wir sehen dies derzeit zwar nicht für das breite Massengeschäft, finden es jedoch interessant für bestimmte Zielgruppen bei Maklern und auch Kunden. Ich gehe davon aus, dass es auch künftig verschiedene Vergütungsmodelle nebeneinander geben wird, um die unterschiedlichen Interessen zielgenau bedienen zu können. 
Die Gespräche führte Detlef Pohl
portfolio institutionell newsflash 30.09.2015/Detlef Pohl

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