Pension Management
28. Oktober 2015

Towers Watson fordert: Schluss mit dem Konservatismus

In den Anlageportfolios deutscher Pensionseinrichtungen fehlt es an Renditetreibern. Konservative Papiere dominieren – sogar stärker als vor einem Jahr, wie eine Studie zeigt. Kein Wunder, dass die Renditeerwartungen und Ziele auseinanderdriften. Nur die entsprechende Reaktion bleibt bislang aus.

Die Sorgenfalten der Verantwortlichen für Pensionspläne in deutschen Unternehmen sind größer geworden. Pessimistisch schauen sie auf die künftige Entwicklung auf den Kapitalmärkten und gehen nicht mehr wie noch im Vorjahr von einer baldigen Entspannung der Situation aus. Das zeigt sich in den Ergebnissen der neuen Studie „Pension Risk Management und Anlage“ von Towers Watson, die jährlich durchgeführt wird und auch im Frühjahr dieses Jahres Entscheider in zahlreichen Unternehmen mit mittleren und großen Pensionsvermögen aus Deutschland befragte. Das Planvermögen der Studienteilnehmer beläuft sich auf insgesamt 120 Milliarden Euro, was etwa 53 Prozent des Planvermögens der Unternehmen im Dax entspricht. 
Der spürbar gestiegene Pessimismus macht sich auch in den zehnjährigen Renditeerwartungen bemerkbar. Diese schrumpfte gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Prozentpunkt auf durchschnittlich 2,8 Prozent pro Jahr. Obwohl dadurch die Renditeziele voraussichtlich verfehlt würden, schrecken die deutschen Pensionseinrichtungen vor einer Anpassung ihrer Asset Allocation zurück. Der Anteil an konservativen Papieren hat im Vergleich zum Vorjahr sogar noch zugenommen. Die befragten Unternehmen investieren ihre Pensionsvermögen zu 63 Prozent in Renten (2014: 59 Prozent). Ebenfalls zugelegt hat der Aktienanteil, und zwar von 27 auf 29 Prozent. Allerdings ist dieser Anstieg um zwei Prozentpunkte nur marginal, um eine entsprechende Wirkung im Portfolio zu haben. Diese Anstiege gingen im Übrigen auf Kosten der Immobilien und Alternatives, die jeweils vier Prozent ausmachen (2014 zusammen zehn Prozent). „Auch ein breit gefächertes Rentenportfolio kann fehlende Renditetreiber im Gesamtportfolio nicht ausgleichen. Weil Anleger vor größeren Investments in Aktien oder alternative Anlageklassen zurückscheuen, bleiben viele hinter ihren Renditezielen zurück“, erläutert Nigel Cresswell, Head of Investment Consulting bei Towers Watson Deutschland. „Um Renditeziele zu erreichen und langfristig stabil zu wirtschaften, sollte sich der Portfoliokonstruktionsprozess aber nicht an unterschiedlichen Asset-Klassen orientieren, sondern am gewünschten Mix der Renditetreiber und Risikoprämien“, so Cresswell weiter.   
Der Großteil der Befragten ist sich dessen bewusst. Immerhin 60 Prozent geben an, dass die Diversität ihrer Anlagen für sie eine sehr wichtige Rolle beim strategischen Asset Management spielt. Taten folgen lassen allerdings die wenigsten, wie die durchschnittliche Zusammensetzung der Portfolios zeigt. Gefragt ist ein stabiles Governance-System, um die damit einhergehende Anlagekomplexität zu bewältigen. Obgleich Investoren der Governance einen hohen Stellenwert einräumen, hapert es bisher an der Umsetzung. Veränderungsmöglichkeiten gäbe es nach Ansicht von Towers Watson genug: Aktien machen durchschnittlich kaum mehr als ein Viertel der Portfolios aus, sind jedoch für 60 Prozent des Wertbeitrags der Gesamtrendite verantwortlich. Darüber hinaus ließe sich durch größere Anteile an alternativen Assets, die meist nur gering mit Aktien und Renten korrelieren, das Portfolio breiter aufstellen. „So kann die Gesamtrendite von 2,8 auf 3,2 Prozent gesteigert werden, ohne das Risikobudget weiter zu belasten“, erklärte Herbert Graf, Senior Investment Analyst bei Towers Watson. Um eine noch höhere Rendite erzielen zu können, müssen deutsche Investoren ihren Konservatismus hinsichtlich ihres Portfolios ablegen.
Wie aus der Studie weiter hervorgeht, sehen die befragten Unternehmen infolge des QE-Programms der Europäischen Zentralbank die größten Risikopotenziale im weiter schrumpfenden Rechnungszins (94 Prozent). Nur knapp dahinter folgen das Anhalten der Niedrigzinsphase (91 Prozent) und eine Veränderung der Zinskurve (82 Prozent). Als weiteres Beispiel, das die Unsicherheit unten den Anlegern gut zum Ausdruck bringt, führte Towers Watson die Einschätzung zur Inflation an: Das Risikopotenzial von Deflation und Inflation wird etwa gleich groß eingeschätzt (50 beziehungsweise 57 Prozent). 
portfolio institutionell newsflash 28.10.2015/Kerstin Bendix
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