Statement
26. November 2019

Transparenz durch aktives Factor Investing

Systematische Anlagestrategien auf Basis von verschiedenen Kennzahlen, also Faktoren, haben in den vergangenen ­Jahren deutlich an Popularität gewonnen. Aus Sicht von ­Investoren bieten insbesondere Multi-Faktor-Ansätze verschiedene ­Vorteile, wie hohe Effizienz und Diversifikation. Zugleich ist der realistische Blick auf Chancen und Risiken entscheidend. ­Faktorbasierte Ansätze machen die zugrunde liegenden, ­oftmals komplexen Wirkungszusammenhänge von Anlage­strategien transparent.

Inzwischen existieren verschiedenste Möglichkeiten, in Faktoren zu investieren. Was unterscheidet Ihren aktiven Ansatz beispielsweise von Faktor-Indizes?

Durch die zunehmende Markteffizienz wird es immer schwieriger, einen Mehrwert auf Basis simpler Faktordefinitionen zu erzielen, wie sie in Faktor-Indizes eingesetzt werden. Ein aktiver Ansatz nutzt innovative ­Faktordefinitionen, die mehr und bessere Datenquellen verarbeiten. Ferner können in Multi-Faktor-Modellen die Korrelationen zwischen unterschiedlichen Faktoren adä­quat berücksichtigt werden.

Wie setzen Sie dies konkret im Investmentprozess um?

Während bei einfachen Faktorkonzepten die Mischung der Faktorsignale typischerweise auf Portfolioebene erfolgt, generieren wir ein Multi-Faktor-Signal auf Titelebene. Das heißt, wir mischen die Faktoren auf Ebene der einzelnen Aktie. Die Faktoren selbst ­setzen sich aus vielen verschiedenen Kennzahlen und Datenquellen zusammen. Die Gewichtung der Faktoren kann sich dabei an langfristig ändernde ­Rahmenbedingungen der Kapitalmärkte anpassen. Das ist ­relevant, weil sich die Bedeutung von ­Faktoren im Zeitablauf ändert.
Nicht zu vernachlässigen sind auch die ­speziellen Risiken, über die jeder einzelne Faktor verfügt und die in der ­Risikoprognose abgebildet sein müssen. Nur ein faktor­basiertes Risikomanagement kann diese ­angemessen berücksichtigen.

Setzen Sie Multi-Faktor-Investing auch im Fixed-Income-Bereich ein?

Ja, wir nutzen die Vorteile systematischer Faktoransätze, sowohl bei der Titelselektion von Credits als auch in der Analyse von Zinskurven. Unsere Auswertung der ­Credit-Universen ermöglicht nicht nur die Berücksichtigung der üblichen Großemittenten, sondern auch die effiziente Nutzung von Investmentchancen bei kleineren, durch Research weniger abgedeckten Titeln. ­Relevant ist auch die Art und Weise der ­Implementierung im Rahmen unseres ­Ansatzes – Dateninputs wie Liquidität in Echtzeit und marktnahe Transaktionskosten sind aus unserer Sicht grundlegend für den Erfolg eines Investmentprozesses.
Nicht zuletzt ist es für Anleihe- ebenso wie für Aktieninvestoren wichtig, Transparenz auf Faktorebene zu erhalten, insbesondere, wenn das zugrundeliegende Universum sehr komplex ist. So lässt sich erschließen, welches Faktor-Exposure bereits besteht, um ungezielte negative Faktor-Exposures sowie hohe, konzentrierte Wetten auf bestimmte Faktoren zu vermeiden – und dadurch den Diversifikationsgrad zu erhöhen.

Welche aktuellen Entwicklungen, ­insbesondere auf technologischer und analytischer Ebene, verändern das Factor Investing?

Mit der heute zur Verfügung stehenden Technologie sind komplexere Faktorberechnungen als in früheren Jahren möglich, und wie erläutert auch notwendig, um auch künftig belastbaren Mehrwert zu ­generieren. Wir ermitteln bereits heute für über 50.000 Wertpapiere täglich die Ertragschancen, ­Risiken sowie die Liquidität beziehungs­weise Handelskosten anhand unzähliger ­Detailinformationen. Und die Menge verfügbarer Daten wächst.
Entsprechend liegt unser Research-Fokus auf der Identifikation relevanter Informationen und deren intelligenter Kombination, aber ebenso der Erschließung neuer Datenquellen. Während in der Vergangenheit ­dabei nur strukturierte, numerische Daten berücksichtigt wurden, sind unstrukturierte Daten – wie Texte oder Bilder – von ­wachsendem analytischen Wert im Investmentprozess. Herausforderung bei deren Analyse ist die Kombination aus Volumen, Diversität und ­Fluktuationsgeschwindigkeit.
Um relevante Daten zu identifizieren und für den Investmentprozess nutzbar machen zu können, bietet Machine-Learning aus ­unserer Sicht viel ­Potenzial. Entsprechende Verfahren werden darum in den kommenden Jahren weiter an ­Bedeutung für das ­Asset Management ­gewinnen.

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