Schwarzer Schwan
4. Dezember 2020

Unser Bester

Banker of the Year

Die Auszeichnung „Banker of the Year“ dürfte Pierin Vincenz in diesem Jahr kaum noch zu nehmen sein. Als Chef der Schweizer Raiffeisenbank machte sich Vincenz bei den Eidgenossen schon früh einen Namen, indem er als Saubermann des Swiss Banking durch Talkshows tingelte. Mittlerweile ist sein Saubermann-Image allerdings etwas befleckt. Er saß wegen des Verdachts von Interessenkonflikten bei Unternehmenstransaktionen drei Monate in Untersuchungshaft. Nun erfolgte die Anklage. Vorgeworfen wird ihm gewerbsmäßiger Betrug, Veruntreuung, Urkundenfälschung und passive Bestechung zum Nachteil unter anderem der Raiffeisen.

Das kann aber seine jüngst bekannt gewordenen Verdienste für den Tourismus und die Konjunktur der Schweiz nicht schmälern. Die Anklageschrift ist nämlich vor allem eines: Ein Reiseführer mit einschlägigen Etablissements für den gepflegten Gentleman.

Wie Inside Paradeplatz berichtet, findet sich auf der Empfehlungsliste für Zürich unter anderen der King´s Club und das Red Lips, in der Westschweiz das Crazy Paradise sowie das Pussy Cat, in Bern … und so weiter. Offenbar pflegte der Connaisseur in fast 20 verschiedenen Einrichtungen zu verkehren, um die Interessen der Raiffeisenkunden zu vertreten. Da kann man nur respektvoll den Hut ziehen: In den fraglichen Jahren war Vincenz nämlich fast schon 60 Jahre alt. Außerdem: Die Kosten dieser Touren summierten sich auf 251.000 Schweizer Franken. Über ein solches Konjunkturpaket mit Bumms, äh Wumms, hätte sich auch die Düsseldorfer Lokalgröße gefreut, die diesen Schwan ziert.

Finanzielle Sorgen muss man sich um Vincenz aber nicht machen. Alles lief nämlich immer über die Firmenkreditkarte – als CEO ist man schließlich immer im Dienst. Trotzdem sehen Neider dieses Geschäftsgebaren kritisch. „Musste mich vor Ärger gerade beim Lesen dieser Story übergeben – denn: ich bin Raiffeisen Kunde, mit Hypotheken etc.“, schreibt ein Leser von Inside Paradeplatz. „Und es ist der größte Fall aller Zeiten, dass Vinzenz mit Kollegen mit meinem! Geld und dem Geld der anderen Kunden Dauergast bei halbprofessionellen superprimitiven Stripclubs war! Unfassbarer Skandal, Banken CEO und Freunde sitzen in der Stripshow und verlochen riesige Kundengelder Beträge. Die ganzen Puffbesuche und Spesen-Abzocken fielen dann wohl auch so ziemlich in die Zeit, während der PV in allen möglichen Talkshows als DER Saubermann aus Swiss Banking auftrat. Pfui.“

Der Schreiber des Leserbriefs kann sich aber wieder beruhigen. Alles lief korrekt ab. Bis zum Jahr 2011 liefen die privaten Spesen des CEO praktischerweise über die Kostenstelle des CEO, so dass Vincenz seine Spesen selbst abzeichnen konnte. Danach liefen die Abrechnungen über den persönlichen Vertrauensanwalt, der ein Treuhandkonto bei der UBS hatte. Auch das war recht praktisch, weil einzelne Ausgaben nicht mehr sichtbar waren, wie das Portal berichtet. Compliance-technisch also alles korrekt. Geholfen hat aber sicher auch, dass Pierin Vincenz seine Ehefrau zur Compliance-Managerin der nach UBS und Credit Suisse größten Schweizer Bank bestimmte. Ob aber aus Sicht einer Ehefrau das Gebaren des Gatten auch immer compliant war?

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!

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