Statement
1. März 2021

US-Credit wieder attraktiv für europäische Anleger

Eine Erweiterung des Anlage­universums um Dollar-IG-Anlagen könnte für viele europäische Investoren interessant sein, argumentieren Gilles Dauphiné, Head of Euro Fixed Income, und Natalia Sinkova, Senior Portfolio Manager Fixed Income for Insurance bei Amundi.

Die Hedging-Kosten für US-Dollar-Anleihen sind gesunken. Nun können die Diversifizierungs- und Renditechancen der Anlage­klasse Credits wieder besser genutzt werden. Aus unserer Sicht bietet eine Kombination von Dollar-IG- und Euro-IG-­Credit drei Vorteile: Diversifikation sowie Potenziale bei Renditen und durch eine dynamische Allokation. In diesem Beitrag befassen wir uns mit Core-Anlagen für institutionelle Kunden mit langfristigem Investmenthorizont.

Auf der Suche nach Rendite begannen europäische Anleger vor ­einigen Jahren, einen Teil ihres Credit Exposure in Dollar-Papieren zu allokieren. Viele haben dies dann aber aufgrund hoher ­Währungsabsicherungskosten wieder eingestellt. Mit dem Beginn der Covid-19-Pandemie senkte die Fed die Zinsen auf das ­niedrigste Niveau seit Lehman. Damit näherten sich Euro- und Dollar-Zinsen deutlich an, was die Hedging-Kosten reduzierte und eine Ausweitung des Anlageuniversums von europäischen auf globale Märkte attraktiver machte.

Außerdem haben europäische Anleger – angesichts der nun wohl längerfristig niedrigen Zinsen – den Anteil von Euro-Unternehmensanleihen in ihrem Portfolio erhöht, was in einigen Fällen zur Ausschöpfung des Kreditrisikolimits für große europäische Emittenten geführt hat. Vor diesem Hintergrund bietet der Markt für Dollar-Unternehmensanleihen europäischen Anlegern attraktive Diversifizierungsmöglichkeiten im Hinblick auf Emittenten, da 80 Prozent der US-Emittenten noch nie in Euro emittiert haben. ­Möglichkeiten zur Diversifizierung bestehen aber auch in Bezug auf Sektoren und Laufzeiten.

ESG-Chance bei US-Credits

Darüber hinaus kann jetzt auch unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten ein interessanter Zeitpunkt für den Einstieg in den Dollar-IG-Credit-Markt sein. Eine kürzlich von Amundi durchgeführte Studie hat gezeigt, dass nachhaltiges Investieren seit 2014 eine ­Outperformance-Quelle bei Euro-IG-Anleihen war. Auf dem US-Credit-Markt sehen wir indes eher eine Verzögerung bei der Integration von ESG-Aspekten. Dies kann Anlegern, die in US-Credits investieren, Chancen bieten.

Neue Emittenten, andere Sektoren, längere Laufzeiten

– Das Dollar-IG-Credit-Universum umfasst über 700 in den USA ansässige Emittenten, von denen etwa 600 noch nie in Euro ­emittiert haben und somit für Euro-Investoren völlig neu sind. Gemessen am Marktwert ist das US-Anlageuniversum doppelt so groß wie das europäische.1
– Die Dollar-Credit-Märkte weisen einen größeren Anteil von ­Industriewerten auf. Gründe dafür sind das höhere Gewicht des Energie- und des Technologiesektors und der kleinere Anteil des Finanzsektors. Die Konjunkturzyklen und damit auch die Credit-Marktzyklen laufen in den USA und der Eurozone nicht immer synchron, was zusätzliche Chancen bieten kann.
– Anleihen mit Laufzeiten von zehn oder mehr Jahren machen 39 Prozent des Dollar-Universums aus – im Vergleich zu zehn Prozent im Euro-Universum. Dies kann einen zusätzlichen Vorteil für ­Anleger bieten, die im anhaltenden Niedrigzinsumfeld zusätzlichen Absicherungsbedarf im Rahmen ihrer ALM-Strategie benötigen und die die Duration verlängern wollen.

Renditepotenziale und dynamische Allokoationen

Die Kreditkurven von US-Emittenten sind steiler als die von Euro-Emittenten und bieten höhere Spreads in jeder Ratingkategorie bei mittleren und langen Laufzeiten. Dies ist eine Chance für Anleger, die aus Rendite- oder ALM-Gründen ein Credit Exposure bei ­längeren Laufzeiten erhöhen wollen.

Wenn Investoren sich entscheiden, global in Unternehmensanleihen zu investieren, können dynamische Allokationen in die einzelnen Regionen wichtige Performance-Treiber sein. Ein gutes Beispiel für eine solche Chance ist das jüngste Verhalten der Dollar- und Euro-Spreads zueinander. Da Covid-19 die Vereinigten Staaten später als Europa traf, weiteten sich die Dollar-Spreads auf ein noch nie ­gesehenes Niveau aus. Die Differenz zwischen Dollar- und Euro-Spreads stieg über alle Laufzeiten auf 200 Basispunkte an. Nach den Ankündigungen der Fed und der EZB zu ihren jeweiligen Unternehmensanleihen-Kaufprogrammen verringerte sich die Differenz erheblich, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß über alle Laufzeiten. Wir beobachteten eine enorme Einengung des Spreads zwischen Dollar- und Euro-Anleihen bei Papieren mit kurzen ­Laufzeiten, während US-Anleihen mit längeren Laufzeiten immer noch einen attraktiven Aufschlag gegenüber Euro-Anleihen bieten.

Dies lässt sich durch die unterschiedlichen Maßnahmen der ­Zen­tralbanken erklären. Das Kaufprogramm der amerikanischen Zentralbank ist auf Unter­nehmensanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren beschränkt, während die EZB Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren kauft.

Interessanterweise waren die Käufe der Fed am Markt für US-­Unternehmensanleihen im Vergleich zu den Käufen der EZB nicht signifikant. Allerdings war die Kommunikation der Fed so ­wirksam, dass die Spreads unter Druck kamen. Die Dollar-Spreads mit ­längeren Laufzeiten blieben im Vergleich zu den Euro-Spreads ­weiterhin attraktiver.

Fundamentalanalyse unerlässlich

Die Aufteilung der Credit-Märkte nach Ratings ist in den beiden Märkten ähnlich. Es ist jedoch wichtig, einen genaueren Blick auf die Fundamentaldaten zu werfen, da wir einen kontinuierlichen Anstieg des Leverage im gesamten US-IG-Universum gesehen ­haben. Infolgedessen stieg der Anteil der US-Emittenten mit einem Leverage über vier auf 27 Prozent gegenüber 15 Prozent für europäische Unternehmen. Ohne die am stärksten fremdfinanzierten Sektoren wie Energie, Grundstoffe und Versorger liegt dieser Wert bei 18 Prozent für US-Unternehmen und sieben Prozent für europäische Emittenten. Es ist also eine gründliche Analyse erforderlich, um Risiken adäquat zu bewerten und eine entsprechende Selektion nach Sektoren und Emittenten vornehmen zu können.2

Fazit

Da im aktuellen Marktumfeld jeder Basispunkt an zusätzlicher Rendite wichtig ist, denken wir, dass eine Erweiterung des Anlage­universums um Dollar-IG-Anlagen für viele europäische Investoren interessant sein könnte. Vor allem ist die Hinzunahme dieser ­Anlageklasse eine starke Diversifizierungsmöglichkeit, ­insbesondere, weil viele europäische Anleger im Niedrigzinsumfeld ihre ­Allokation in europäische Unternehmensanleihen schon ausgeschöpft haben. Darüber hinaus könnte die Steilheit der Kreditkurve denjenigen Anlegern Chancen bieten, die bereit sind, langlaufende Dollar-­Anleihen zu nutzen, um die Durationslücke zu verkleinern. Eine sorgfältige Auswahl von Sektoren und Emittenten auf der Basis ­einer genauen Fundamentalanalyse wird entscheidend sein, um eine solche globale Strategie umzusetzen.

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