Schwarzer Schwan
9. November 2012

Verbrechen lohnt sich

Erfahren Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, wie ein Schwarzer Schwan singt und auch einmal eine Upside haben kann – zumindest für sich persönlich.

Ein Milliardär hat´s schwer: Der Kalifornier Igor Olenicoff hat 200 Millionen Dollar seinem UBS-Berater Bradley Birkenfeld anvertraut, damit dieser das Geld hinter dem Rücken der US-Steuerbehörde und dessen Kommissar Douglas Schulman auf Konten in der Schweiz und in Liechtenstein versteckt. Praktischerweise hat Birkenfeld laut der Nachrichtenagentur Reuters in Genf in einer Abteilung der UBS gearbeitet, die reichen Amerikanern half, ihr sauer verdientes Geld vor dem Fiskus der USA in der Schweiz verschwinden zu lassen.
Verschwunden ist dann aber auch Birkenfeld – verurteilt wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für 31 Monate im Gefängnis. Obendrein musste Birkenfeld 100.000 Dollar für die Gerichtskosten und eine Strafe von 30.000 Dollar berappen. Dieses Geld war aber offenbar besser angelegt als das seiner Kunden in der Schweiz: Seine Aussagen vor Gericht waren für die amerikanische Steuerbehörde nämlich so wertvoll, dass diese Birkenfeld als Whistleblower mit sagenhaften 104 Millionen Dollar belohnte. Die USA senden also nicht die Kavallerie – von der sie auch mehr verstehen als ein ehemaliger Bundesfinanzminister – gegen die Schweiz aus, sondern zücken lieber das Scheckbuch. 
104 Millionen sind nicht schlecht für einen Knacki, der seine Kunden völlig falsch beraten hat, seine Kollegen verpetzte, seinen Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldbuße von 780 Millionen Dollar nötigte, das Schweizer Bankgeheimnis erschütterte und das Verhältnis zwischen den USA und der Schweiz auf Jahre hinaus schwer belastet hat. Aber das Geld sei Birkenfeld gegönnt. Schließlich hat er ein cleveres Geschäftsmodell ersonnen: erst illegal handeln, dann alles zugeben und kassieren. Knapp 3,6 Millionen für jeden Monat Haft: Verbrechen lohnt sich also doch. 
Zudem gebührt ihm das Verdienst, die Benchmark für Zahlungen für die Ankäufe von gestohlenen Steuer-CDs des Finanzministeriums in Nordrhein-Westfalen hochgeschraubt zu haben. Laut Presseberichten haben die nordrhein-westfälischen Behörden einen Datenträger für 3,5 Millionen Euro angekauft. Alle weiteren Hehler werden sich nun an den 104 Millionen Dollar orientieren.
Der Immobilien-Tycoon Olenicoff dürfte wenig Verständnis für die Donation an Birkenfeld aufbringen. Schließlich kann man sich vorstellen, wo ein Private-Wealth-Team nicht überall die Hand aufhält: Management und Performance Fees, Agios, Monitoring Fees, Transaktionsgebühren, Beraterhonorare, Broken Deal Charges … Und das Resultat: Wieder einmal ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung. Wenig Verständnis hat aber auch der Betrachter des Geschehens für die Relationen, mit denen der Staat mit Zuckerbrot und Peitsche hantiert: Birkenfeld saß wie erwähnt 31 Monate im Knast und bekam 104 Millionen Dollar. Milliardär Olenicoff, seit Jahren notorisch im Clinch mit dem Finanzamt und laut Forbes in der Liste der reichsten US-Amerikaner unter den Top 300, bekam für sein jüngstes millionenschweres Geständnis gerade einmal zwei Jahre auf Bewährung, Sozialarbeit und eine Geldbuße aufgebrummt. Deren Volumen: 3.500 Dollar!
Die Redaktion von portfolio institutionell wünscht Ihnen ein schönes Wochenende.
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