Recht, Steuer & IT
3. November 2025

Versicherer begrüßen Solvency-II-Reform

GDV sieht Nachbesserungen bei der Berechnung langfristiger Zinsen. Bafin fordert „angemessenes Kapitalanlagerisikomanagement“ bei Alternatives.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zieht ein positives Fazit aus der Überarbeitung der Kapitalanforderungen nach Solvency. Mit dieser könne man insgesamt gut arbeiten, so Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Das ausgewogene Ergebnis der Überprüfung gibt Versicherern eine stabile, verlässliche Grundlage für die langfristige Planung ihres Geschäfts.“ Hintergrund ist, dass die EU-Kommission die delegierte Verordnung zum europäischen Aufsichtsregelwerk Solvency II vorgestellt hat. Damit nähert sich der seit 2020 laufende Überprüfungsprozess von Solvency II der Ziellinie.

Positiv hebt der Verband bezüglich der Weiterentwicklung von Solvency II hervor, dass die Kommission die Berechnungsmethode für langfristige Zinsen gegenüber ihrem Entwurf nachgebessert hat. Die Korrektur sorge für eine verlässlichere Bewertung langfristiger Verpflichtungen und stärke die Stabilität des Systems. Besonders für Lebensversicherer mit langfristigem Anlagehorizont sei das ein wichtiger Schritt. „Dank der angepassten Parameter können die Versicherer auch künftig auf solide Berechnungsmethoden bauen“, so Asmussen. Damit gewinnen die Unternehmen Planungssicherheit und können weiterhin langfristige Garantien anbieten.

Vorerst keine neuen Vorgaben zu ESG-Risiken

Der GDV begrüßt zudem, dass die EU-Kommission unter Solvency II vorerst keine weiteren technischen Standards zu Transitionsplänen für Nachhaltigkeitsrisiken verabschiedet. „Nachhaltigkeit ist für die Versicherungswirtschaft von zentraler Bedeutung. Die Risiken werden umfassend in Solvency II in der unternehmensindividuellen Risikobeurteilung, dem ORSA, berücksichtigt“, so Asmussen. Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, sollte die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA auch bei der weiteren Feinkonzeption der technischen Vorgaben auf zusätzliche Berichtspflichten verzichten.

Verbesserungsbedarf bei kleineren Versicherern

Trotz der insgesamt positiven Bewertung der Verordnung sieht der GDV allerdings noch ungenutztes Potenzial, kleinere Versicherer zu entlasten. Die Verordnung enthalte zwar einen Katalog spezifischer Erleichterungen, jedoch sind die Anwendungskriterien zu komplex und wenig praxistauglich. So werden kaum spürbare Entlastungen erreicht.

Nachdem die Kommission die delegierte Verordnung angenommen hat, haben das Europäische Parlament und der Rat drei Monate Zeit, um Einspruch einzulegen. Nach Einschätzung des GDV ist damit nicht zu rechnen. Parallel erarbeite die Eiopa (European Insurance and Occupational Pensions Authority) weitere technische Standards und Leitlinien zur praktischen Umsetzung. Die überarbeitete Richtlinie muss im nächsten Schritt in nationales Recht überführt werden.

Eiopa attestiert Assekuranz Stabilität

Die Eiopa selbst hat in ihrem October 2025 Insurance Risk Dashboard wenig Beanstandungen. Das Kreditrisiko sei mit Blick auf die solide Portfolioqualität unverändert und die jüngsten fiskalischen und politischen Entwicklungen hätten nur limitierte Auswirkungen. Zudem seien Profitabilität und Solvenz stark geblieben.

Bafin warnt vor Liquiditätsrisiken

Derweil mahnt die Bafin, dass der Versicherungssektor beim Kapitalanlagerisikomanagement noch zulegen muss. In einer Rede Ende Oktober konstatierte Julia Wiens, dass in der Kapitalanlage vor allem die alternativen Investments wie Private Equity, Private Debt und Immobilien besondere Anforderungen an die Versicherer stellen würden. „Dabei kann gerade Liquidität ein kritischer Faktor sein, vor allem für Unternehmen mit erheblichen stillen Lasten im Anleiheportfolio und einem geringen Neugeschäft. Wer in so einer Situation zusätzlich einen hohen Anteil illiquider Anlagen hält, kann in Schwierigkeiten kommen, wenn im Portfolio umgeschichtet werden muss“, so die Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht. Zukunftsfähige Unternehmen bräuchten daher ein angemessenes Kapitalanlagerisikomanagement für alle Asset-Klassen. Sie sollten nur in Anlagen investieren, die sie auch wirklich verstehen, und sich nicht allein auf die Expertise von Dritten verlassen. Vor allem, wenn sie Anlagen indirekt halten, etwa über Fonds.

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