Administration
14. Dezember 2020

Viel Umschichtungen in Spezialfonds

Versicherungen bunkern über 600 Milliarden in diesem Vehikel. „Spezialfonds Quarterly“ von Kommalpha.

Wussten Sie schon, dass das Nettomittelaufkommen bei von Versicherungen gehaltenen Spezialfonds im September satte 5,4 Milliarden Euro betrug? Oder dass, von Januar bis September 2020 rund 160 Milliarden Euro an Liquidität aus dem Spezialfondsmarkt abgeschöpft wurden? Ist vielleicht schon bekannt, dass für Altersvorsorgeeinrichtungen Stand Ende September 792 Spezialfonds administriert wurden, was ein Durchschnittsvolumen von 622 Millionen Euro bedeutet? Dies alles – und noch viel mehr – lässt sich der neuen Publikation „Spezialfondsmarkt Quarterly“ aus dem Hause Kommalpha entnehmen. Durchleuchtet wird der deutsche Spezialfonds mit Hilfe von Statistiken der Bundesbank.

Auf Erholungskurs

Ein besonders großer Treiber der Kapitalmarktentwicklung war im laufenden Jahr Covid-19. Wie die Kommalpha-Analyse ergab, erwies sich auch der deutsche Spezialfonds nicht als immun, die Auswirkungen erwiesen sich jedoch als milde. Laut den in Quarterly präsentierten Daten erfolgte nach einem starken Q1 im April ein historischer Einbruch mit 4,6 Milliarden Euro Nettomittelabflüssen aus Spezialfonds. Nach der Erholung im Mai pendelte sich das Nettomittelaufkommen an der 5-Milliarden-Euro-Marke ein bis im September mit 8,9 Milliarden Euro das durchschnittliche Niveau der Monate vor dem historischen April knapp erreicht wurde.

„Die Mittelzuflüsse haben sich nicht reduziert“, kommentiert Dietmar Roessler, BNP Paribas Securities Services, und verweist auf den hohen Anlagedruck und den Trend, Direktanlagen in Spezialfonds umzuschichten. Sehr ähnlich argumentiert Patrick Westerhoff von der DZ Bank: „Der Anlagebedarf ist auch unter den Rahmenbedingungen der Coronakrise weiter hoch, insbesondere bei den Kapitalsammelstellen. Das Vehikel Spezialfonds wird davon profitieren, da alternative Anlageklassen einen immer höheren Stellenwert bekommen und Fälligkeiten aus der Direktanlage in Spezialfonds überführt werden.“ Zustimmung bekommen die beiden Experten von Denis Friess von Deka Investment: „Wir sehen hier auch kein Abflachen des Anlagebedarfs und können im institutionellen Umfeld als Deka für 2020 mit sehr erfreulichen Zuflüssen aufwarten.“ Alle drei Häuser zählen zum Unterstützerkreis der Spezialfonds-Publikation.

Hohes Drehmoment

Nur das dritte Quartal betrachtet betrug das Nettomittelaufkommen in Summe 18,9 Milliarden Euro bei Mittelzuflüssen von 80,5 Milliarden Euro. Als „bemerkenswert“ bezeichnet Clemens Schuerhoff von Kommalpha diese große Differenz zwischen „frischem Geld“ und dem Nettomittelaufkommen. „Es ist somit eine hohe Dynamik bei Anteilscheingeschäften in den Monaten Juli, August und September festzustellen. Es werden viele Spezialfonds gedreht, bei entsprechend hohem Entzug von Liquidität aus Spezialfonds.“ Verantwortlich für diese Entwicklung waren vor allem die Versicherungen. Insgesamt hat diese Anlegergruppe in Q3 43 Milliarden Euro an frischen Mitteln in Spezialfonds dotiert. Netto in den Spezialfonds gelandet sind allerdings nur sechs Milliarden Euro.

Die Gründe für die Dynamik im Anteilscheingeschäft von Spezialfonds mit teilweise erheblichem Liquiditätsentzug sieht Schuerhoff in vielschichtigen Sachverhalten: „Zum einen erfolgen Anlagen außerhalb des Spezialfondsmantels und vermutlich in anderen Jurisdiktionen wie Luxemburg – Stichwort alternative Investments. Zum anderen werden stetig Direktanlagen in Spezialfonds umgeschichtet. Ein Trend, der seit Jahren zu beobachten ist. Zu guter Letzt lassen sich noch weitere Liquiditätsbedürfnisse für unternehmensbezogene und regulatorische Baustellen vermuten.“

Q3: Plus von über 13 Milliarden Euro bei Rentenfonds

Interessant aus dem Asset-Klassen-Blickwinkel ist im dritten Quartal die Entwicklung bei Rentenfonds. Diese Vehikel konnten trotz – oder gerade wegen (?) – des Zinsniveaus netto beachtliche 13,3 Milliarden Euro einsammeln. Die Mittelzuflüsse beliefen sich auf 34 Milliarden Euro. Etwa gleich viel „regnete“ es in gemischte Wertpapierfonds, „hängen“ blieb netto aber gerade einmal eine Milliarde Euro. Investoren haben also sehr fleißig umgeschichtet.

Die Aufgeschlossenheit gegenüber Rentenfonds basiert nach Schuerhoffs Einschätzung auf folgender Argumentation: „Insgesamt wird deutlich, dass dramatisch viel Liquidität im Markt des institutionellen Asset Managements ist und der Anlagedruck immens ist. Die hohe Nachfrage nach Rentenspezialfonds ist beispielsweise durch die Präferenz für geringe Volatilität und langen Laufzeiten geprägt vor dem Hintergrund des bilanziellen Duration Matchings von verbindlichkeitsorientierten Investoren. Das Zinsrisiko scheint in den Hintergrund zu treten und die wahrscheinliche Absenkung des Höchstrechnungszinses spielt der Situation in die Karten. Ein Zinssteigerungsszenario ist angesichts der weltweiten Geld- und Fiskalpolitik in unendliche Ferne gerückt.“

Zur Einordnung der Cashflows hilft ein Blick auf die Größe des Spezialfondsmarktes. Versicherungen „bunkern“ Ende September insgesamt 629 Milliarden Euro in Spezialfonds und die stark wachsenden Altersvorsorgeeinrichtungen 492 Milliarden Euro. Damit entfallen auf diese beiden Anlegergruppen fast 60 Prozent des Spezialfondsmarkts. Nach Fondskategorien betrachtet entfallen mit 964 Milliarden Euro die Hälfte auf gemischte Spezialfonds. Knapp ein Viertel machen Rentenfonds aus. Auf Dachfonds und offene Immobilienfonds entfallen jeweils knapp sieben und auf Aktienfonds knapp sechs Prozent. Zu den Aktienfonds ist anzumerken, dass aus diesen in 2020 netto rund vier Milliarden Euro abgezogen wurden. Der Zuwachs auf den Aktienmärkten im laufenden Jahr wurde also nicht aus dem deutschen Spezialfonds gespeist.

 

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