Alternative Anlagen
4. Dezember 2019

Viele Bäume sind noch kein Wald

Monokulturen, Landflucht und Kahlschlag: Timber-Investments in Emerging Markets müssen nicht automatisch ein Beitrag für den Umweltschutz sein, im Gegenteil: Häufig schaffen sie vielfache Umwelt-­ und auch soziale Probleme. Doch hier nachhaltig zu investieren ist möglich, manchmal über einen Umweg namens Agroforestry.

Forstinvestment ist nicht gleich Forstinvestment. Wo hiesige Stiftungen­ teilweise seit Jahrhunderten in regionale Wälder investieren­ und diese nachhaltig bewirtschaften, werden gerade in den Emerging Markets manchmal mehr Ökosysteme zerstört. Harry Assenmacher, Geschäftsführer von Forest Finance, hat darauf eine Antwort: „Wald ist ein biodiverses Ökosystem, in dem auch Bäume vorkommen“. Die Firma ist seit 25 Jahren im Bereich der nachhaltigen Forstinvestments unterwegs. Dabei spielt der Geschäftsmann auch auf ein Feinbild an: große Eukalyptus-Plantagen zum Beispiel in Brasilien mit oft 100.000 Hektar Land, die der Papierherstellung dienen. „Es gibt keine Flächen dieser Größenordnung, die vorher nicht bewaldet waren. Also ­müssen sie erst einmal Wald vernichten, um diese Art von Plantagen zu ­errichten. Damit zerstören sie 300.000 bis 400.000 Hektar Land, denn die Pflanzen trocknen den Boden aus, lassen das Grundwasser absinken und es wird enorm gedüngt.“

Impact Investoren versuchen einen anderen Ansatz. Hierbei suchen Anleger, zusätzlich zur finanziellen Rendite, eine soziale und ­ökologische Rendite zu erzielen. Das geht auch mit Investments in Agroforestry, bei denen Baumpflanzungen mit der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte kombiniert werden. Zugleich sollen durch die entstehenden Arbeitsplätze lokale Gemeinden gestärkt und ein besserer Cash-Flow durch die Ernteerträge erzielt werden.

Auch die französische Allianz-Tochter Allianz France investiert in nachhaltige Forst- und Agroforst-Projekte. Über den Land Degradation­ Neutrality Fund (LDNF), die die Fondsgesellschaft Mirova, eine ­Tochter von Ostrum Asset Management, ehemals Natixis, managt, ­investierte sie beim ersten Closing im vergangenen Dezember 20 ­Millionen Euro. Der Fonds investiert in Asien, Afrika und Lateinamerika­ in nachhaltige Forst- und Agroforstprojekte. Ziel ist es, der Entwaldung und dem Verlust der Bodenqualität in der Landwirtschaft weltweit entgegenzuwirken. Der Finanzierungsansatz ist ­geprägt von Blended Finance: Ankerinvestoren wie die European ­Investment Bank und die französische Entwicklungsagentur übernehmen die risikoreichen Junior-Tranchen, während institutionelle Investoren von günstigeren Konditionen in Form von Senior ­Tranchen und Notes profitieren. Beim ersten Closing des Fonds mit einer Laufzeit von zunächst 15 Jahren zeichneten Investoren 100 Millionen ­Euro, das Zielvolumen liegt bei 300 Millionen Euro. Die Due Diligence der Versicherung für den Fonds umfasste sowohl die finanzielle Seite als auch ESG-Faktoren. Außerdem habe die Allianz France einen ­eigenen Impact-Investing-Ansatz entwickelt: „Bei der Umsetzung unserer ESG-Strategie in unserem Portfolio und unter dem Banner unseres Impact-Investment-Ansatzes stellten wir fest, dass der LDNF vollständig­ im Einklang mit unseren Ambitionen für nachhaltige ­Anlagen steht“, teilte Matthias Seewald, Chief Investment Officer im Vorstand von Allianz France, auf Nachfrage mit. Man habe sich bezüglich­ ESG „ehrgeizige Ziele gesetzt“, wie zum Beispiel die ­Klimaneutralität. So ist Allianz France auch Teil der Asset Owner ­Alliance von PRI. Zugleich misst man die Auswirkungen der eigenen Assets auf den Klimawandel, zum Beispiel in Form von Transitions- und physischen Risiken, Biodiversität und dem CO₂-Fußabdruck. ­Eine Entschärfung des Klimawandels, eine Stärkung der Artenvielfalt ­sowie eine bessere Gesundheitsversorgung und Wiederherstellung des Schutzes der Wasserressourcen seien Umweltziele des Fonds. Der LDNF soll, so erwartet Allianz France, zudem verschiedene Verbesserungen von sozio-ökonomischer Seite bringen. So sollen gute Arbeitsplätze geschaffen, die Gesundheitsversorgung verbessert und lokale Gemeinschaften gestärkt werden. „Um sicherzustellen, dass die ­Wirkungsziele erreicht werden, definieren wir gemeinsam mit unserem­ Partner Mirova die entsprechenden KPIs, die uns helfen, die Entwicklung jedes Projekts zu verfolgen“, sagte Seewald.

Projekte in Ghana und Paraguay

Doch wie funktionieren nachhaltige Forstinvestments von der forstwirtschaftlichen­ Seite her? Harry Assenmacher spricht hier gerne vom standortgerechten Wald. „Das sind Wirtschaftswälder auf dem Weg zum Plenterwald mit vielen verschiedenen möglichst heimischen ­Arten und vielen unterschiedlich alten Bäumen, wo auch ­Totholz ­liegen bleibt. Das gibt es auch in Deutschland fast nicht mehr.“ Ein weiteres Problem sei, dass der Begriff „heimischer Arten“ oft nicht zu halten sei. Teak käme zum Beispiel ursprünglich aus ­Asien, komme aber auch in Lateinamerika mittlerweile häufig vor. Ein standortgerechter Wald versuche hier einen Kompromiss: „Unser Ziel ist es, vier bis sieben verschiedene Nutzarten anzupflanzen und ­dazwischen Platz zu lassen für seltene Bäume und andere Pflanzen, die nicht ­geerntet oder bewirtschaftet werden und damit ein Wald­system zu schaffen, was aus sich heraus bleibend ist“, sagt Assen­macher. Forest Finance wendet sich vorwiegend an Retail-Kunden, kleinere Stiftungen­ und Family Offices mit Investitionsgrößen bis ­eine Million Euro. ­Zielländer der Fonds und Direktinvestments sind Vietnam, Marokko, Panama, Kolumbien, Peru, Guatemala, Costa ­Rica und die Dominikanische Republik. Die erzielbaren Renditen lägen bei vier bis fünf Prozent.

„Naturwald als solcher bringt sehr niedrige Renditen“, sagt Florian Meister. Trotzdem glaubt der Geschäftsführer des Asset Managers ­Finance in Motion, man müsse in Schwellenländern nicht unbedingt auf Rendite verzichten: „Natürlich haben sie Währungsrisiken, aber in Entwicklungsländern wachsen die Bäume oft vier bis fünf Mal schneller als in Deutschland, die lokalen Märkte wachsen und ­wachsender Wohlstand bringt mehr Holzkonsum“, so Meister.

So ist Finance in Motion denn auch im Oktober 2018 mit seinem ­Arbaro-Fonds gestartet, der über Private Equity in Aufforstungs­projekte in Lateinamerika und Afrika investiert. In einem ersten ­Closing wurden 60 Millionen gezeichnet, Anfang nächsten Jahres werden in einem zweiten Closing 120 Millionen und mehr angepeilt. Als ­Ankerinvestoren sind zwei Förderbanken mit im Boot: der ­Finnish Fund for Industrial Cooperation Ltd (Finnfund) und die Europäische Investitionsbank (EIB) mit Sitz in Luxemburg. Zu den privaten Investoren zählen Pensionskassen, Versicherungen und Family Offices. Den ökologischen und sozialen Impact messen die Manager derzeit über zwei KPIs: Die Bindung von CO₂ und die Zahl der direkt und ­indirekt gewonnenen Arbeitsplätze. Der Fonds investiert auch in Holzplantagen aus zum Beispiel Eukalyptus oder Kiefern, achtet ­dabei aber auf den hohen Wasserverbrauch der Pflanzenart. „Wir gehen bei Eukalyptus nur in Böden, die mehr als 1700 Milimeter Niederschlag im Jahr bekommen, also regenreiche Regionen in Lateinamerika und Hochlandlagen in Afrika. In große Zellulosefabriken investieren wir nicht.“ (Zum Vergleich: In Deutschland gehört die Eifel zu den niederschlagreichsten Regionen mit circa 1700 Milimetern­ pro Jahr).

Das FSC-Siegel des Forest Stewardship Council fungiert als ein ­Mindeststandard. „Wir tun eher mehr als erforderlich ist, ­insbesondere was die Arbeitsstandards für die Mitarbeiter auf den Plantagen ­angeht. Außerdem darf der Fonds nur in Plantagen investieren, die keinen Naturwald verdrängen und die das FSC-Siegel erhalten oder anstreben“,­ sagt Meister. „Wenn wir, wie in Paraguay der Fall, neue Ländereien ­bepflanzen, kommen die Zertifizierer und schauen sich den Betrieb jedes Jahr an. FSC kontrolliert die Plantagen jährlich, während ­andere Siegel das nur alle fünf Jahre tun“, sagt Meister. Grundsätzlich biete das FSC zum Beispiel einen guten Schutz vor zu starkem Pestizid-Einsatz: „Das FSC führt eine Liste an verbotenen Chemikalien, die in Herbiziden und Pestiziden zum Einsatz kommen.­ Jedes Land ­(beziehungsweise das dortige FSC Chapter) kann diese Liste ­erweitern“, erklärt Meister. FSC akzeptiere unter Auflagen ­jedoch auch die Nutzung der eigentlich nicht zugelassenen Chemikalien, „­allerdings muss man dann nachweisen, dass es keine Alternative gibt und man a) den Gebrauch der Chemikalien so gering wie ­möglich hält und b) ernsthaft bemüht ist, Alternativen zu finden“, sagt Florian Meister von Finance in Motion.

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