Traditionelle Anlagen
20. März 2019

Von Drache und Tiger

Stabile Wachstumsraten und gute Renditechancen ziehen institutio­nelle Investoren verstärkt nach Asien. Doch Asien ist eine sehr ­heterogene ­Region mit unterschiedlich starken Volkswirtschaften. Gerade ­Anleihen in Lokalwährung gewinnen zunehmend an Bedeutung.

In der ersten Jahreshälfte 2018 erlebten die Finanzmärkte vieler Schwellenländer durch die Stärkung des US-Dollar und die besorgten Reaktionen der Anleger auf den Handelsstreit der USA mit China ­einen Rückschlag. Doch Asien zeigte sich in vielerlei Hinsicht robuster, oder, wie das neue Modewort lautet: „resilient“ gegenüber den ­stürmischeren Wetterlagen an der Finanzfront. So schrieb die Weltbank in ihrer Studie „Navigating uncertainty“ vom Oktober 2018, dass ­gerade die Asean-Staaten in Ostasien über stabile Wachstumsraten, gehalten durch eine starke Inlandsnachfrage, überzeugten. Davon werden nicht zuletzt asiatische Bonds profitieren.

Für institutionelle Investoren interessant ist das Investment in asiatische Anleihen allemal wegen der guten Renditechancen. „Die zu ­erwartenden Renditen liegen in Asien höher und ziehen das ­Interesse vor allem institutioneller Anleger aus Europa an, die nach Renditen above zero suchen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen“, sagt Luc Froehlich, Leiter Investment Directing in Asien-Pazifik für Anleihen bei Fidelity. „Wir haben über die vergangenen Jahre eine Reihe von Mandaten von institutionellen Investoren erhalten, die aktive oder buy-and-maintain-Strategien im asiatischen US-Dollar-Bond-Markt einsetzen.“ Nach Angaben des Investmenthauses Fidelity ­haben die asiatischen Märkte für US-Dollar-Anleihen in den ­vergangenen Jahren alle anderen globalen Anleihenmärkte an ­Wachstum übertroffen. Sie seien in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 17 Prozent pro Jahr gewachsen. Damit habe sich das Marktvolumen seit 2008 verfünffacht. Und das im Vergleich zu den Bond-Märkten in den USA und Europa, die um acht beziehungsweise gerade­ mal vier Prozent wuchsen. Asien ist als Markt sehr heterogen, weil Länder wie Südkorea, Indien oder Indonesien wirtschaftlich ­unterschiedlich stark entwickelt sind: „Wenn Sie in Asien investieren, investieren Sie nicht in eine ­homogene Region: Stadtstaaten wie ­Singapur und Gebiete wie Macau haben ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Deutschland, während andere Länder wie Vietnam zu den Entwicklungsländern zählen“, sagt Experte Luc Froehlich.

Aktive Asset Manager verfolgen der Unternehmensberatung Bfinance zufolge auf den asiatischen Rentenmärkten häufig eine sogenannte aggregierte Strategie, bei der die Rendite aus einem Portfolio an Staatsanleihen und Corporate Bonds, die jeweils in US-Dollar ­emittiert sind, erzielt wird. Auch die Sensitivität gegenüber der US-Leitzins­politik spielt bei der Renditestrategie eine Rolle. Als Benchmarkt ­wählen die meisten Asset ­Manager den JACI. Der JP Morgan Asian Credit Index (JACI) umfasst aktuell ein Marktvolumen von etwa 900 Milliarden US-Dollar. Das ­tägliche Handelsvolumen liegt laut Fidelity bei drei bis vier Milliarden US-­Dollar. Man erwarte ein Knacken der Eine-Billion-Dollar-Marke noch vor 2020. so Fidelity. Die Duration der Anleihen im Index liegt laut der Beratungsgesellschaft ­Bfinance bei durchschnittlich 4,51 Jahren und die Yield to Maturity bei 4,72 Prozent. Manche Asset Manager nutzen auch den Bank of America Merill Lynch Asian Dollar Index mit seinen verschiedenen Unter-Indizes, wie zum Beispiel Fidelity. „Die Korrelation zu JACI liegt bei etwa 98 Prozent“, sagt Luc Froehlich.

Der J.P. Morgan Asia Credit Index (JACI) gilt aber als der Standard-­Index für asiatische Anleihen in US-Dollar und enthält einen Mix aus Staatsanleihen und Unternehmensanleihen. Zu 13 Prozent sind Staatsanleihen vertreten und zu 24 Prozent Anleihen Quasi-Souveräner Akteure, also von Staatsunternehmen. Der größte Emittent von Staatsanleihen ist das Triple-B-Land Indonesien, gefolgt von den ­Philippinen, Sri Lanka und Pakistan. Der am höchsten gewichtete Sektor ist die Finanzbranche mit knapp 25 Prozent im Index und als vierter Sektor die Immobilienbranche. „Hierunter fallen viele chinesische High-Yield-Anleihen“, sagt Tobias Bracey, Fixed-Income-Stratege bei Lombard Odier.

Bei Indizes auf die Gewichtung achten

Der Index enthält zum großen Teil Investment-Grade-Anleihen, die Quote an Hochzinsanleihen ist mit 23 Prozent aber nicht gerade ­gering. Das kann zum Problem für institutionelle Investoren werden, insbesondere für Pensionskassen, die als Limit fünf Prozent des ­Sicherungsvermögens beachten müssen. Außerdem habe der Index Schwächen hinsichtlich der Gewichtung der Länder. „Das Gewicht Chinas in diesem Index liegt nun bei 51 Prozent – daher würden hier passive oder Benchmark-Investoren ein hohes Konzentrationsrisiko eingehen“, warnt Tobias Bracey. „Denn aufgrund der Marktkapitalgewichtung des Index wären die Investoren dann auch deutlich stärker mit Emittenten konfrontiert, deren Verschuldungsgrad relativ hoch ist – unter Allokationsgesichtspunkten könnte dies möglicherweise nicht optimal sein.“ Dies sei jedoch nicht nur spezifisch für China: „So würden beispielsweise passive Investoren in diesem Markt ein ­relativ hohes Engagement in Märkten mit relativ niedrigen Renditen im Vergleich zu ihren Peers eingehen.“ Und dann kommt Bracey nochmal zurück auf das Thema China: Das Marktkapitalisierungsgewicht der von chinesischen Unternehmen im JACI begebenen Schuldtitel sei im Laufe der Zeit stetig im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas gestiegen; bis zu dem Punkt, an dem heute mehr als die Hälfte des Indexgewichts China zugeordnet wird. „Daher ­haben in dieser Asset-Klasse Investoren kaum eine andere Wahl, als ein Exposure in China aufzubauen – da China unweigerlich zum größten Treiber des Marktes geworden ist. Unser Ansatz ist uneingeschränkt, und daher nicht auf eine einzige Benchmark limitiert. Dies ermöglicht es uns, eine diversifiziertere geografische Präsenz zu ­erreichen, indem wir auch Anleihenmärkte wie Japan und Australien (beide in US-Dollar) einbeziehen und gleichzeitig eine überproportionierte Länderkonzentration in China vermeiden“, so Bracey.

Um ­solche Konzentrationsrisiken zu umgehen, verfolgen einzelne Asset Manager­ wie Lombard Odier eine uneingeschränkte Strategie – andere­ orientieren sich an Sub-Indices des JACI. Diese haben zwar ein ähnlich hohes Exposure in High-Yield-Anleihen, sind aber in ­anderer Hinsicht ausgewogener, wie zum Beispiel der JPM Asia Credit Index-Core oder der JAC Diversified Index, an denen sich passive wie aktive Anlagestrategien orientieren. Im JACI Diversified-Index von JPM liegt die Ländergewichtung Chinas bei circa 22 Prozent. ­Eine Rolle spielt bei dem Investment in asiatische US-Dollar-Bonds auch das Fremdwährungsrisiko. „Institutionelle Investoren hedgen die ­Asset-Klasse typischerweise in Euro“, berichtet Thomas Drissner, ­Investment Manager Asia Fixed Income bei Aberdeen Standard ­Investments. Das Risiko durch den Dollar zu hedgen, sei derzeit ­teuer. Dann erziele man nach dem Hedge nur noch geringfügig höhere ­Renditen als in Europa. „Viele Investoren, die ich gesprochen habe, lehnen das daher ab“, sagt Drissner.

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