Traditionelle Anlagen
23. Juli 2014

Wachsende Nachfrage am Schuldscheinmarkt bei stagnierendem Angebot

Während sich das Volumen im Corporate-Schuldscheinmarkt im ersten Halbjahr 2014 auf annähernd gleichem Niveau wie im Vorjahreszeitraum bewegte, wächst unter Investoren der Wettbewerb um die begehrten Titel. Längere Laufzeiten prägen zunehmend das Bild.

In einer aktuellen Studie nimmt die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) den Markt für Schuldscheinemissionen von Unternehmen unter die Lupe. Wie der Untersuchung zu entnehmen ist, bewegte sich das Volumen im ersten Halbjahr 2014 mit einem Gesamtvolumen von knapp über 3,5 Milliarden Euro auf annähernd gleichem Niveau wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Nach Angaben der Helaba, die als Arrangeur am Schuldscheinmarkt in Erscheinung tritt, ist die Anzahl der Emissionen ebenfalls fast gleichgeblieben. In der ersten Jahreshälfte 2014 wurden circa 30 Transaktionen abgeschlossen, heißt es.
Nennenswerte Schuldscheindarlehen wurden unter anderem von Fresenius (500 Millionen Euro), Stada (200 Millionen Euro) und der Deutschen Telekom (57,5 Millionen Euro) emittiert. Die tatsächliche Anzahl könne aber durchaus höher liegen, wie es seitens der Landesbank heißt. Grund: In der Regel werden kleinere, als Club Deal oder als reine Privatplatzierungen durchgeführte Emissionen im Volumen von jeweils circa zehn bis 25 Millionen Euro nicht an einen größeren Investorenkreis vermarktet. Demnach werden sie nicht publik. Die durchschnittliche Transaktionsgröße im Schuldscheinsegment beziffert die Helaba mit circa 120 Millionen Euro. Auch dieser Wert liegt auf dem Vorjahresniveau. 
Zahlreiche Trends
Während die Emissionsvolumina, die Anzahl der Emissionen und auch die durchschnittliche Transaktionsgröße auf mangelnde Triebkraft im Schuldscheinsegment hindeuten, kann davon aber keine Rede sein. Vielmehr geht ein Trend im Rahmen der Vermarktung von Euro-Schuldscheindarlehen in Richtung US-Dollar-Tranchen. Wie die Helaba vorrechnet, wurden im ersten Halbjahr von den circa 30 Emissionen bereits vier mit US-Dollar-Tranchen versehen. Damit wurde binnen sechs Monaten bereits das Niveau von 2013 erreicht. Ein Trend, der sich bereits 2013 abzeichnete, besteht darin, dass von den ausländischen Unternehmen die Franzosen vor Österreich und den Niederlanden die führende Stellung einnehmen. Mit der brasilianischen Petróleo Brasileiro (Petrobras) ist erstmals ein außereuropäischer Emittent am Euro-Corporate-Schuldscheinmarkt in Erscheinung getreten. 
Weitere Investoren entdecken den Markt
Nach Angaben der Studienmacher waren die Geschäftsbanken, deutsche Sparkassen und Versicherungen, bei denen der Schuldschein grundsätzlicher Bestandteil der Anlagestrategie ist, wieder die größten Investoren in diesem Anlagesegment. Als Kreditgeber sind neben Banken und Sparkassen vor allem Versicherungen aktiv. „Schuldscheindarlehen sind ein Geschäft, in dem Versicherer schon seit jeher aktiv sind. Sie sind in der Regel ein Buy-and-Hold-Investment“, sagt Tim Ockenga, Leiter Kapitalanlagen im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „In den Fokus rücken dabei zunehmend Schuldscheine von Unternehmen, weil man so an der Realwirtschaft partizipieren kann“, fügt er hinzu. Ein Blick in die Gesamtanlagen der Assekuranz zeigt jedoch, dass es noch viel Luft nach oben gibt. Im Schnitt sind deutsche Versicherer nur mit 0,9 Prozent in Corporate-Schuldscheindarlehen investiert. Führt man sich die absolute Zahl vor Augen, sieht das Bild zumindest nicht mehr ganz so düster aus: rund zehn Milliarden Euro. Der deutlich größere Posten in den Bilanzen der Versicherer sind mit rund 93 Milliarden Euro Schuldscheindarlehen von Kreditinstituten.
Daneben gehen aber auch Volksbanken, Förderbanken ebenso wie Pensionsfonds und Stiftungen vermehrt ins Rennen. Außerdem tummelten sich zunehmend auch Unternehmen mit hohen Liquiditätsbeständen im Markt für Schuldscheindarlehen, so die Helaba. Neben dem „buy-and-hold“-Gedanken greifen die Investorengruppen bei Schuldscheindarlehen zu, um ihre Kapitalanlagen zu diversifizieren. Daneben schätzen die Investoren laut Helaba „das Wegfallen einer mark-to-market-Bewertung“ bei diesem Instrument besonders. Ein weiterer Trend geht in Richtung längerer Laufzeiten. Bereits bei der Hälfte aller vermarkteten Transaktionen wurde eine zehnjährige Laufzeit entweder aktiv mit angeboten oder auf spezielle Investorennachfrage in Aussicht gestellt. Grund: Institutionelle Investoren müssen in Zeiten ständig sinkender Renditen zwecks höherer Verzinsung auf längere Laufzeiten ausweichen. 
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass sich im ersten Halbjahr die Tendenz zur teilweise starken Überzeichnung der Orderbücher nochmals verstärkt hat. Wie es heißt wiesen die Orderbücher in der Spitze das bis zu Siebenfache an Volumen auf; eine zwei- bis dreifache Überzeichnung werde seitens der Marktteilnehmer teilweise schon als Normalfall angesehen. Zudem wurden die Orderbücher häufiger vorzeitig geschlossen als sonst üblich, um für die Darlehensgeber noch befriedigende Zuteilungsquoten zu erreichen. 
Der Helaba ist es nach eigenem Bekunden in der ersten Jahreshälfte 2013 erstmals gelungen, deutsche Kommunen sowie in- und ausländische Gebietskörperschaften systematisch in breit angelegten Transaktionen an den Kapitalmarkt zu führen. Damit konnten die öffentlichen Emittenten neue Investorenkreise für sich erschließen, wie zum Beispiel Investmentfonds, Versicherungen, überregionale Sparkassen und andere. Auch dieser Trend setzte sich im ersten Halbjahr 2014 fort: Sowohl neue deutsche Kommunen und neue ausländische Gebietskörperschaften als auch Folgetransaktionen solcher Emittenten haben dieses Segment des Schuldscheinmarktes weiter mit Leben gefüllt. 
portfolio institutionell newsflash 23.07.2014/Tobias Bürger 
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