Strategien
19. April 2021

Warnung vor grüner Blase

Nur 75 größere „reine Nachhaltigkeits-Unternehmen“ in Europa. Es empfiehlt sich, nicht nur auf Umwelt zu fokussieren.

Nur 75 größere „reine Nachhaltigkeits-Unternehmen“ in Europa. Es empfiehlt sich, nicht nur auf Umwelt zu Droht eine grüne Blase? Mit steigendem regulatorischen Druck, immer stärker nachhaltig zu investieren, stellen sich immer mehr Investoren diese Frage. In der vergangenen Woche versuchten sich die Vermögensverwalter Clartan Associés und Zadig Asset Management an einer Antwort.

Nach Einschätzung von Clartan-Fondsmanager Guillaume Brisset könnte es kurzfristig zu einem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage kommen. Brisset weist daraufhin, dass aktuell weniger als fünf Prozent der Unternehmen die von der Taxonomie geforderten Nachhaltigkeitsbedingungen erfüllen. Aber rund neun Prozent der aktuell in Fonds gehaltenen Assets unterliegen diesen Nachhaltigkeitsanforderungen.

Adrain Vlad und Sebastien Maillard von Zadig warnen, dass sich die Jagd auf die Nachhaltigkeits-Champions als kontraproduktiv erweisen könnte. „Denn durch den Fokus der Vermögensverwalter auf die Nachhaltigkeits-Champions könnten diese womöglich das Schicksal anderer junger Branchen erleiden, denen in der Vergangenheit die Bürde zu frühen und zu schnellen Wachstums auferlegt wurde – etwa der Internetbranche oder der deutschen Solarindustrie. Zur Begründung verweisen Vlad und Maillard auf die Struktur des europäischen Nachhaltigkeits-Universums: Auf Basis eigener Analysen und der Daten von Vigeo Eiris gebe es weniger als 75 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde Euro (entsprechend zwölf Prozent der gesamten Marktkapitalisierung), deren Umsatz zu 90 bis 100 Prozent aus nachhaltigen Produkten oder Dienstleistungen stamme. Darüber hinaus befänden sich 70 Prozent dieser „reinen Nachhaltigkeits-Unternehmen“ im Gesundheitssektor. Die Gelegenheiten außerhalb dieser Industrie konzentrierten sich also auf gerade einmal 20 bekannte und bereits gut investierte Unternehmen. Dies führe zu überhitzten Bewertungen.

Auch aus Sicht von Clartans Brisset gibt es, gerade bei den CO2-armen Tech-Werten, starke Überbewertungen. Entscheidend sei aber, dass dank der Regulierung auch heute noch nicht nachhaltig wirtschaftende Unternehmen nachziehen müssen. Wichtig ist für Brisset, sich nicht nur auf den Umweltaspekt zu fokussieren. Titel, die bereits in grünen Sektoren aktiv sind, bergen die Gefahr einer Blase. Nachhaltigkeit sei jedoch ganzheitlich zu betrachten. Der Fondsmanager betont, dass man sich erst am Anfang eines immensen Transformationsprozesse befinde, in dessen Verlauf kontinuierlich weitere Unternehmen investierbar werden – und das zu guten Einstiegspreisen.

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