Warnung vor steigender Staatsverschuldung
Invesco sieht zweistellige Zinslastquoten und nicht mehr tragfähiges Niveau. Ratingagenturen stufen Italien hoch und Frankreich ab.
Die steigende Verschuldung der Staaten findet die Aufmerksamkeit von institutionellen Investoren. Diese dürften es positiv zur Kenntnis genommen haben, dass die Ratingagentur Ende vergangener Woche Italiens Rating von BBB auf A angehoben hat, und zwar mit positivem Trend. Offenbar arbeitet Rom glaubwürdig an einer Haushaltskonsolidierung. Das Gegenteil ist jedoch in Frankreich der Fall. Darum senkte nun S&P die Bonitätsnote Frankreichs. Konkret erfolgte eine Senkung auf A+/A-1 von AA-/A-1+.
Mehr im Trend liegt Frankreich. Laut einer Analyse von Invesco verlieren Anleger zunehmend das Vertrauen in die Tragfähigkeit staatlicher Finanzen. Der weltweite Schuldenberg wachse weiter – und das in einer Zeit, in der ein schwächeres Bevölkerungswachstum und alternde Gesellschaften die öffentlichen Haushalte künftig noch stärker belasten werden. Laut Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research bei Invesco, könnte der rapide Anstieg der weltweiten Staatsverschuldung Investoren zu einer strategischen Neuausrichtung ihrer Vermögensallokationen veranlassen.
Berechnungen von Invesco zufolge könnten die Schuldenquoten bis 2075 auf über 250 Prozent des BIP steigen – basierend auf IWF-Schätzungen für 2024 und der Annahme unveränderter nominaler BIP-Wachstumsraten, konstanter Primärdefizite und gleichbleibender Staatsanleiherenditen. Japan dürfte mit einer prognostizierten Schuldenquote von 334 Prozent des BIP (nach 135 Prozent im Jahr 2024) an der Spitze stehen, gefolgt von den USA (268 Prozent), Großbritannien (265 Prozent) und Frankreich (254 Prozent). Anders als in früheren Krisen resultiere der künftige Anstieg nicht aus akuten Schocks, sondern aus strukturell hohen Primärdefiziten und gestiegenen Anleiherenditen.
Demografie, Klimawandel und Zinslast
Demografische Entwicklungen würden die Lage zusätzlich verschärfen. Ein schwächeres Bevölkerungswachstum könnte das nominale BIP-Wachstum bremsen. Das würde es schwerer machen, die Schuldenquote zu senken. Gleichzeitig werden steigende Ausgaben für Renten- und Gesundheitssysteme in alternden Gesellschaften die Steuerzahler zunehmend belasten.
Auch der Klimawandel drohe, zur fiskalischen Dauerbelastung zu werden. Regierungen werden enorme Mittel für Klimaschutz und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mobilisieren müssen, zumal viele große Finanzzentren in Küstenregionen liegen. Jackson verweist auf Schätzungen, wonach die jährlichen wirtschaftlichen Kosten extremer Wetterereignisse künftig auf 0,5 bis 1,0 Prozent des BIP steigen könnten (gegenüber 0,1 Prozent im Jahr 2005).
Für die Tragfähigkeit der Schulden ist vor allem die Zinslast entscheidend. Da die Zinssätze in den meisten Volkswirtschaften gestiegen sind, dürften die Nettozinsausgaben im Verhältnis zum BIP in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Jackson prognostiziert, dass die Zinslastquote sowohl in Großbritannien als auch in den USA bis 2075 bei über zehn Prozent liegen könnten – verglichen mit zwei Prozent beziehungsweise vier Prozent im Jahr 2024. „Sollten Investoren für das höhere Anleiheangebot noch höhere Renditen verlangen, könnten die Schuldenquoten noch schneller steigen. Bei einem Anstieg der Renditen um 100 Basispunkte könnten die Zinskosten in beiden Ländern bis zu 19 Prozent des BIP erreichen. Ein solches Niveau halte ich für nicht tragfähig“, warnt der Invesco-Experte.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Fixed Income | Staatsanleihen
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