Recht, Steuer & IT
28. April 2021

Was Fonds-Investoren nach der Greensill-Pleite beachten sollten

Gastbeitrag von Achim Pütz und Dr. Stephan Bausch, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Spezialisten im Bereich Alternative Investments sowie bank- und kapitalmarkt-rechtliche Streitigkeiten.

Die Pleite der britisch-australischen Greensill Capital zieht weite ­Kreise und hat Implikationen für ­mehrere Investmentfonds, die ­professionellen Anlegern vorbehalten sind. Bereits ­Anfang März leitete Credit Suisse die Liquidation von vier Supply Chain ­Finance Funds ein, welche in Lieferantenforderungen investierten, die von dem Sourcer Greensill Capital über ein SPV verbrieft und an die Fonds weitergereicht wurden. Auch Fonds anderer Banken sind betroffen. Das (partielle) Ausfallrisiko dürfte unter anderem deshalb erheblich sein, da die Fonds nicht nur in bereits bestehende Lieferantenforderungen, sondern auch in künftige, lediglich prognostizierte Forderungen investiert haben sollen.

Achim Pütz
Achim Pütz, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Die Presseberichterstattung rund um die Insolvenz von Greensill Capital (Greensill) reißt nicht ab. Täglich treten neue ­Informationen zu Tage. Aus der Berichterstattung ergibt sich folgendes, für ­Investoren in Supply Chain Finance Funds relevantes Bild: Das ­Geschäftsmodell von Greensill bestand in einer modernisierten Form der klassischen Lieferkettenfinanzierung in Kooperation mit Fintech-Plattformen, die eine automatisierte Abwicklung und ­Risikobewertung ermöglichen sollten. Greensill zahlte anstelle der Abnehmer auf Lieferantenforderungen und erhielt aufgrund vorfälliger Zahlung einen Rabatt auf die Rechnungssumme. Die volle Forderungssumme sollte Greensill bei Fälligkeit von den Abnehmern der Lieferanten erhalten. Im Ergebnis gewährte Greensill damit Kredite mit kurzer Laufzeit und verschaffte sowohl Lieferanten als auch Abnehmern Liquidität. Als Kreditsicherheit dienten die an Greensill abgetretenen Forderungen, die Greensill zum Nennwert in Notes verbriefte. Dieses Geschäftsmodell wurde unter anderem über vier Supply Chain Finance Funds der Credit Suisse finanziert („Credit Suisse (Lux) Supply Chain Finance Fund“, „Credit Suisse Nova (Lux) Supply Chain Finance High Income Fund“, „Credit ­Suisse Nova (Lux) Supply Chain Investment Grade Fund” sowie „Credit Suisse Supply Chain Finance Investment Grade Fund” mit Sitz in Liechtenstein). Daneben erfolgte die Finanzierung durch ­einen Fonds des Schweizer Fondsmanagers GAM („GAM Greensill Supply Chain Finance Fonds“) sowie Fondsprodukte der Citigroup.

Dr. Stephan Bausch
Dr. Stephan Bausch, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Da Greensill aus ihrem Geschäft im Wesentlichen Forderungen ­gegen Abnehmer erlangte, die Werthaltigkeit dieser Forderungen aber von der Zahlungsfähigkeit dieser Abnehmer abhing, ver­sicherte sie die verbrieften Forderungen gegen das Forderungsausfallrisiko. Die Versicherungspolice eines maßgeblichen Versicherers, Tokio Marine, lief jedoch, wie bereits im Juli 2020 gegenüber Greensill angekündigt, am 1. März 2021 aus. Vergeblich versuchte Greensill, den Versicherungsschutz zu verlängern.

Unmittelbar nach Auslaufen der Versicherungspolice setzte Credit Suisse den Handel mit ihren vier betroffenen Supply Chain ­Finance Funds aus und schloss die Fonds. Begründet wurde dieser Schritt in einer Pressemitteilung mit „Bewertungsunsicherheiten in ­Bezug auf bestimmte Vermögenswerte“, „der eingeschränkten Verfügbarkeit für neue Fondsinvestitionen“ und den „erheblichen Herausforderungen bei der Beschaffung geeigneter ­Vermögenswerte“.

Wie die Presse in den vergangenen Wochen berichtete, hat der ­Prüfungsverband deutscher Banken die Bafin bereits im Frühjahr 2020 auf Risiken aufgrund der Konzentration von (Darlehens-)Forderungen gegen die GFG Alliance (Familienholding von Sanjeev Gupta) bei der Bremer Greensill Bank, der deutschen Tochter von Greensill, hingewiesen. Im Sommer 2020 initiierte die Bafin eine Sonderprüfung, welche ergab, dass die Bank nicht in der Lage war, Nachweise über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu ­erbringen. Um dies aufzuklären, entsandte die Bafin im Januar 2021 Sonderbeauftragte zur Bank und ordnete am 3. März ein ­Moratorium an. Mitte März folgten sodann der Insolvenzantrag und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Deutschland. ­Bereits zuvor wurde das Insolvenzverfahren in Australien und UK ­eröffnet. Des Weiteren soll Greensill neben der Verbriefung bestehender Lieferforderungen auch die Verbriefung künftiger Forderungen ­gegen lediglich potentielle Kunden betrieben haben. Erste ­angebliche Forderungsschuldner der GFG Alliance melden dem britisch-australischen Insolvenzverwalter Grant Thornton, dass sie in keinerlei Geschäftsbeziehung zu GFG Alliance stehen. Unter ­Risikogesichtspunkten ist diese Art der Lieferkettenfinanzierung nichts anderes als die Gewährung unbesicherter Darlehen an GFG Alliance. Die Forderungsausfallversicherung hat bereits in Aussicht gestellt, die Deckung für den Ausfall künftiger – und damit nicht existenter – Forderungen möglicherweise abzulehnen.

Bemerkenswert sind auch die geschäftlichen Verflechtungen ­zwischen Credit Suisse und Greensill. So soll die Credit Suisse Greensill noch im Oktober 2020 ein Darlehen über 140 Millionen US-Dollar gewährt haben, das durch einen geplanten Börsengang im Jahr 2021 zurückgeführt werden sollte. Lex Greensill, CEO von Greensill Capital, soll zudem Private-Banking-Kunde der Credit ­Suisse sein. Laut Medienberichten befasst sich nun ein Sonder­komitee bei Credit Suisse mit dem Greensill-Engagement und ­arbeitet die internen Vorgänge auf. Erste personelle Konsequenzen erfolgten bereits mit dem Rücktritt von Lara Warner, Chefin des Risk Managements, und der Aufgabenentbindung von Lukas Haas, Manager der vier betroffenen Supply Chain Finance Funds.

Fonds-Liquidation

Im Rahmen der Liquidation der Credit Suisse Supply Chain ­Finance Funds wurde bereits ein erster Teil der liquiden Mittel der Fonds an die Anleger zurückgezahlt. Die Credit Suisse teilte jedoch mit, dass kein Rückzahlungsbetrag bestätigt oder zugesichert ­werden könne und die Liquidation entsprechend den geltenden Vorgaben erfolgen werde. Eine mögliche Haftung in Bezug auf das Investment der Anleger wies Credit Suisse bislang zurück.
Bei der Liquidation der Fonds sollten Investoren Folgendes beachten: Aufgrund der eingeleiteten Liquidation dürfte zunächst kein Risiko für die Anleger bestehen, dass andere Investoren bevorzugt werden. Da im Fall der Liquidation regelmäßig auch Rücknahmen von Aktien ausgesetzt werden, können andere Investoren keine ­Liquidität abziehen. Sollten für den Ablauf der ­Liquidation nur ­eines Teilfonds keine konkreten Regelungen existieren, gelten die allgemeinen Grundsätze, dass die Investoren im Rahmen der ­allgemeinen gesetzlichen Regelungen und denen der Satzung grundsätzlich gleich zu behandeln sind. Eine Anmeldung von Ansprüchen, wie etwa in einem Insolvenzverfahren, ist grundsätzlich nicht erforderlich. Bei der Liquidation eines Teilfonds ersetzt ein Liquidator nicht den Verwaltungsrat der Fondsgesellschaft, wie dies bei der Liquidation eines gesamten Fonds der Fall wäre. Der Verwaltungsrat des Fonds oder gegebenenfalls die Verwaltungsgesellschaft (der AIFM) können aber grundsätzlich einen ­Dienstleister beauftragen, um bei der Liquidation des Teilfonds zu unterstützen. Zudem ist aufgrund der einleitend beschriebenen Umstände davon auszugehen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde den Sachverhalt und die weiteren Schritte der geplanten Auflösung des (Teil-)Fonds sorgfältig prüfen beziehungsweise begleiten wird.

Im Rahmen der Liquidation gilt es nun, alle werthaltigen Ver­mögenswerte im Interesse der Investoren zu veräußern. Sollte der Fonds Schadensersatz- oder sonstige Ansprüche gegen Dritte ­(einschließlich der Dienstleister des Fonds, wie den AIFM wegen Verletzung der Anlagerichtlinien des Fonds oder mangelhaftem ­Risikomanagements) in Betracht ziehen, muss der Verwaltungsrat des Fonds beziehungsweise der Liquidator diese prüfen und solche Ansprüche im Interesse des Fonds und der Investoren geltend machen. Zu solchen Ansprüchen zählen auch solche aus einer Kreditausfallversicherung, sofern der (Teil-)Fonds bezugsberechtigt ist.

Da zu erwarten ist, dass eine Fonds-Liquidation längere Zeit benötigt, sollten Anleger bereits jetzt verschiedene Handlungsoptionen prüfen. Mit Blick auf die im Fall von Credit Suisse in der Presse ­beschriebenen Verflechtungen mit Greensill erscheint es empfehlenswert, eventuelle gesellschaftsrechtliche Informationsrechte ­gegenüber der Fondsgesellschaft wahrzunehmen und an der nächsten ordentlichen Fonds-Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Für den Credit Suisse Virtuoso SICAV – SIF, dem Umbrella des „Credit Suisse (Lux) Supply Chain Finance Fund“, sollte die ordentliche Gesellschafterversammlung zwar bereits am 14. April stattgefunden haben; am Tag der Fertigstellung dieses Beitrags (9.4.) wurde aber spekuliert, ob die Versammlung mangels Fonds-Jahresabschluss verschoben wird. Gegebenenfalls kommen weitere koordinierte Maßnahmen mit anderen Investoren in Betracht.

Schadensersatzansprüche

Daneben ist Anlegern zu raten, sich jetzt in Bezug auf potentielle Schadensersatzansprüche beraten zu lassen. Als Anspruchsgegner kommen verschiedene Beteiligte in Betracht. Von besonderer ­Bedeutung für die Erfolgsaussichten etwaiger Schadensersatz­ansprüche und -klagen ist dabei die (Vor-)Frage des anwendbaren Rechts und der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit. Grundsätzlich dürfte die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach deutschem Recht vor deutschen Zivilgerichten ­aufgrund ihrer im internationalen Vergleich – insbesondere im Vergleich zu Luxemburg, wo Fonds und deren Dienstleister häufig ihren Sitz haben – strengen Maßstäbe zu Beratungspflichten und tendenziell investorenfreundlichen Rechtsprechung ­vorzugswürdig sein. Neben etwaigen Ansprüchen gegen den Fonds oder dessen Verwaltungsgesellschaft (im Fall der Credit Suisse Supply Chain ­Finance Funds wohl nach luxemburgischem beziehungsweise liechtensteinischem Recht), sollten daher insbesondere Aspekte der Beratungs- und Prospekthaftung in den Blick genommen ­werden, die Anwendbarkeit deutschen Rechts unterstellt.

Beratungshaftung

Auf Ansprüche wegen fehlerhafter Beratung aus einem (potentiellen) Anlageberatungsvertrag zwischen Anlageberater und Anleger mit Sitz in Deutschland dürfte deutsches Recht anwendbar sein. Für eine Klage gegen einen Anlageberater mit Sitz in Deutschland sind deutsche Gerichte zuständig.

Ein Anlageberatungsvertrag wird regelmäßig ohne eine ausdrück­liche Vereinbarung stillschweigend geschlossen, wenn ein Anleger an eine Bank oder umgekehrt die Bank an einen Anleger herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrags beraten zu werden beziehungsweise zu beraten. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen an den stillschweigenden Abschluss von Anlage­beratungsverträgen sind niedrig. Daher ist im Einzelfall anhand von E-Mails, Protokollen und übermittelten Informationen zu ­prüfen, ob über die bloße Fonds-Vermittlung hinaus ­Anhaltspunkte für einen stillschweigenden Beratungsvertrag gegeben sind.

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Haftung aus einem (stillschweigend abgeschlossenen) Beratungsvertrag dann zu bejahen, wenn die Beratung nicht anlegergerecht und/oder nicht anlagegerecht war und der Anleger das Finanzinstrument wegen der fehlerhaften Beratung erworben hat. Für eine anlegergerechte Beratung sind im Wesentlichen der Wissenstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Anlegers maßgeblich. Hierbei dürfte es bei der rechtlichen Bewertung insbesondere eine Rolle spielen, ob der ­Anleger (ausdrücklich) eine sichere Anlage tätigen wollte. Auch wird zu berücksichtigen sein, ob und inwieweit der Anleger bereits Erfahrungen mit Investitionen im Bereich Supply Chain Finance hatte. Die anlagegerechte Beratung verpflichtet den Berater, den Anleger vollständig und zutreffend über die Chancen und Risiken der empfohlenen Anlage zu unterrichten. Der Berater verstößt ­gegen diese Pflicht, wenn er beispielsweise zentrale Risiken ­verschweigt oder herunterspielt.

Daneben könnte sich eine Einstandspflicht der Prospektverantwortlichen für die Richtigkeit der wesentlichen vorvertraglichen Angaben nach deutschem Recht richten. Zu beachten ist insoweit, dass die Bundesrepublik Deutschland die AIFM-Richtlinie (RiLi 2011/61/EU vom 8. Juni 2011) in Bezug auf die Haftung Prospektverantwortlicher gegenüber professionellen Anlegern überschießend umgesetzt hat. So sieht Paragraf 307 Absatz 3 KAGB eine ­Haftung auch gegenüber professionellen Anlegern vor, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen nach Paragraf 307 ­Absatz 1 und 2 KAGB, die für die Beurteilung der Anteile von ­wesentlicher Bedeutung sind, unrichtig oder unvollständig sind. Das KAGB dürfte auf Investitionen in Fonds Anwendung finden, die für einen Vertrieb in Deutschland zugelassen sind. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte könnte eröffnet sein, wenn der Anleger seinen Sitz, seine Bankkonten und damit den Großteil seines Vermögens in Deutschland hat.

Prospekthaftung

Anknüpfungspunkt für eine Haftung Prospektverantwortlicher könnte vorliegend ein fehlender Hinweis auf die Verbriefung auch künftiger Forderungen potentieller Kunden sein. Nach Paragraf 307 Absatz 1 S. 2 KAGB in Verbindung mit Paragraf 306 Absatz 1 KAGB müssen die vor Investitionsentscheidung bereitgestellten Informationen auch für professionelle Anleger ein richtiges ­Gesamtbild von den Anlagegegenständen, ihren Risiken und Auswirkungen auf die finanzielle Beurteilung der Anlage vermitteln und damit eine realistische Risikoeinschätzung ermöglichen. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob die dem Anleger übermittelten Informationen Hinweise auf eine Verbriefung künftiger Forder­ungen und das insoweit bestehende Risiko der fehlenden Ver­sicherungsdeckung enthielten. Weiterer Ansatzpunkt für eine ­(Prospekt-)Haftung könnten zudem die aus der Presseberichterstattung hervorgehenden Verflechtungen und Interessenskonflikte im ­Verhältnis Credit Suisse – Greensill sein. In jedem Fall ist eine ­detaillierte rechtliche Analyse der vorvertraglichen Informationen auf eventuelle Prospektfehler anzuraten.

Fazit

Da zu erwarten ist, dass die Fonds-Liquidation längere Zeit in ­Anspruch nimmt, sollten die Anleger bereits jetzt verschiedene Handlungsoptionen prüfen. Hierzu gehört neben der Wahrnehmung von Informations- und Gesellschafterrechten gegenüber der Fondsgesellschaft die Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche. Hierbei sollten sie insbesondere den Aspekt der Beratungs- und Prospekthaftung in den Blick nehmen, aus welchem sich Schadensersatzansprüche nach deutschem Recht mit der Zuständigkeit deutscher ­Zivilgerichte ergeben könnten. Bei der Rechtsdurchsetzung ­kommen koordinierte Maßnahmen mit anderen betroffenen Investoren in Betracht, da eine kollektive Geltendmachung von Rechten gegenüber einem individuellen Vorgehen effizienter sein kann.

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Eine Antwort zu „Was Fonds-Investoren nach der Greensill-Pleite beachten sollten

  1. Zunächst zur Klarstellung: CS/Greensill hat zweifelhafte und nicht sehr kreditwürdige Unternehmen langfristige Darlehen vermittelt. Mithilfe des Begriffes „Supply Chain“ wurden Fondsinvestoren zur (Re-) Finanzierung herangezogen. Der Begriff „Supply Chain“ wurde bloß als Feigenblatt verwendet, sozusagen. Tatsächlich hat dies nichts mit dem traditionellen, klassischen Handelsforderungen Finanzierungsgeschäft, so wie z.B. Banken dies schon jahrzehntelang betreiben, zu tun. Die Anlageklasse Handelsforderungen ist grundsätzlich mit sehr geringem Risiko behaftet, da die Laufzeiten der Instrumente üblicherweise zwischen 30-180 Tage liegen, selbst-liquidierend sind und be- und abgesichert sind. Insbesondere, wenn Kreditausfallversicherungen zusätzlich implementiert werden, das operationelle Risiko dieser Versicherungen gut verstanden und gemanagt wird und sehr starke Diversifikationsdisziplin auf Portfolio-Ebene angestrebt wird, sollte die Verlustrate gegen 0% tendieren.
    Was CS/GAM/Greensill betrieben haben, war risikovolles Leverage Lending unter Mißachtung von Portfolio-Risikostreuungsprinzipien (die betreffende Fonds hatten u.a. mit Liberty Steel und einige Softbank Unternehmen stark konzentriertes Risiko gebündelt). De Facto wurden Finanzierungen an Unternehmen wie Liberty Steel/GFG Alliance mit sehr lange Laufzeiten vergeben. Die Risiko-Kompensation war im Übrigen in der Rendite der Investoren nicht erkennbar. Grob geschätzt hätte die Fondsnettorendite eher zwischen 15-20% p.a. liegen sollen, wenn das Risiko adequat bewertet gewesen wäre. Tatsächlich aber haben die Fondsinvestoren ca. 1% netto p.a. vom Asset Manager erhalten.
    Da die CS Bank diese Risiken nicht auf Ihre Bilanzen nehmen wollte/konnte (post-GFC nur schwer realisierbar, dank Basel III / IV), hat sie CS AM gebeten das „highly levered lending“ in Fondsformat zu realisieren, sozusagen „off-balance sheet“ für die Bank (nicht-intendierte Nebenwirkungen von Basel III/IV, aber Aufsichtsbehörden sollten diese leicht kontrollieren können). Fast könnte man den Aufsichtsbehörden vorwerfen, dass sie diese Art von „regulatory arbitrage“, bzw. shadow banking“ wohlwollend zugelassen haben (man kann die Motive nur erraten: Vielleicht um den schweizer Finanzplatz, der nach der Finanzkrise nunmehr im „level playing field“ konkurrieren muss, wettbewerbsfähiger zu machen?).
    Im Übrigen, selten kommt so ein Fall plötzlich unerwartet aus dem Himmel gefallen. Der Markt war schon einige Jahre bestens informiert, denn die FT und viele andere objektieve Quellen haben seit einigen Jahren detailliert über CS/Greensill und GAM berichtet (die FINMA und BAFIN wussten genau Bescheid). Ebenfalls war lange bekannt, dass die prospektmäßig angebotene Fondsliquidität, u.a. Mithilfe von Greensill Bank möglich war (Problem: Mismatch asset duration und angebotene Fondsliquidität. Lösung: Ein „swing -line“, wurde vermutlich eingesetzt um die „liquidity-mismatch“ Problematik zu lösen). FINMA und BAFIN standen mit den Nasen oben drauf und liesen zu, dass z.B. deutsche Retail- und kommunale Kunden ihr Cash bei Greensill Bank anlegten („there is no such thing as a free lunch“ and „this time was not different“). Vielleicht wird der neue BAFIN Chef (ex FINMA Chef) die alte, ganz eindeutig, ineffektive Strukturen verbessern? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Allerdings is „hoffen“ bekanntermaßen eine slechte Strategie („hoffen“ ist nicht zu verwechseln mit „warten“ im Sinne der Spieltheorie, letztere Strategie kann durchaus effektiv sein).
    Das Ganze kann man auch im breitem Kontext betrachten. Jedenfalls lassen sich zweifellos positive Schlussfolgerungen aus dieser Lehre ziehen. Vor dem Hintergrund, dass die europäische Bank-Disintermediation sehr relevante Anlageklassen mit verhaltene Risikoprofile und einer Illiquiditätsprämie, die über liquid Fixed-Income (Bund, IG Credit) liegt, für institutionellen Investoren zugänglich macht, und somit schlussendlich für private Sparer, sprich Pensions- und LV-Begünstigten, ist es salopp gesagt frustrierend, dass Akteure wie CS und die Aufsichtsbehörden die Anlageklasse Private Debt, sei es durch aktives oder passives Verhalten, ins falsche Licht rücken.
    In Zeiten von Negativzinsen und des demografischen Wandels, ist die Anlageklasse Private Debt, und somit auch die Sub-Anlageklasse „Handelsforderungen“, ein unabdingbarer Baustein für End-Investoren um ihrer Alterssicherung und zukünftiger Kaufkraft zu stabilisieren.
    Die europäische Politik, mittels CMU und Finanzsektor Disziplinierung, ist schwer gefordert die Rahmenbedingungen eindeutig dahingehend zu definieren und zu implementieren, dass das brisante Politikum, das alle europäische Bürger in den kommenden 10-20 Jahre begleiten wird, konstruktiv angegangen und Erfolgreich gelöst werden kann. Trotz massives „clusterfuck“, sollte das CS/Greensill Beispiel unbedingt als relevante Fallstudie verwendet werden, wobei ganz sauber und systematisch, anhand der inherenten investment – und operationelle Risiken, die in der Anlageklasse der Handelsforderungen vorhanden sind, die grobe Fehler veranschaulicht und verstanden werden können. Institutionelle Investoren sollten die Anlageklasse Trade Finance unbedingt mit den seriösen Asset Manager besprechen. Es lohnt sich.
    In institutionellen Portfolien ist die Anlageklasse Handelsforderungen als Fixed-Income-Substitut unabdingbar.

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