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15. September 2021

Wenig Netto vom Brutto bei Spezialfonds

Anleger „drehen“ ihre Spezialfonds. Schwaches Nettomittelaufkommen bei Versicherungen.

Geld muss arbeiten – aber nicht permanent am gleichen Ort. Dieser Maxime scheinen institutionelle Anleger zu folgen, wie der Lektüre des Spezialfonds-Quarterly aus dem Hause Kommalpha zu entnehmen ist. Insbesondere scheint diese Leitregel für gemischte Wertpapierfonds und Rentenfonds sowie bezüglich der Anlegergruppen für Versicherungen zu gelten. Die Auswertungen von Kommalpha basieren wie üblich auf Daten der Bundesbank. Unterstützt wird das Quarterly von BNP Paribas Securities Services, DZ Bank, Deka Investment und Société Générale Securities Services.

Mehr Zuflüsse, weniger Nettomittelaufkommen

Im zweiten Quartal betrug das Nettomittelaufkommen in Summe 21,4 nach 23,9 Milliarden Euro im ersten Quartal. Die Mittelzuflüsse im Sinne von frischem Geld lagen im zweiten Quartal bei 75,4 Milliarden Euro und damit deutlich über dem Niveau des ersten Quartals mit 58,4 Milliarden Euro. Bringt man diese beiden Entwicklungen zusammen, lässt sich eine deutlich höhere Dynamik im Anteilscheingeschäft von Spezialfonds im zweiten Quartal erkennen. Es wurden deutlich mehr Spezialfonds „gedreht“.

Das sehr hohe Niveau an Mittelzuflüssen in Spezialfonds in Q2 ist geprägt durch Aktivitäten von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, vulgo Stiftungen. Sie dotierten in Summe 30,5 Milliarden Euro an frischer Liquidität in Spezialfonds, was ein extrem hoher Wert ist. Da jedoch mit 7,5 Milliarden Euro ein vergleichsweise geringer Betrag netto in Spezialfonds von Stiftungen gelandet ist, bedeutet dies einen Liquiditätsentzug von fast 23 Milliarden Euro durch Anteilscheinrückgaben von dieser Investorengruppe. Versicherungen liegen bei Mittelzuflüssen in Spezialfonds im zweiten Quartal auf Platz zwei mit 17,3 Milliarden Euro, gefolgt von Altersvorsorgeeinrichtungen mit 14,8 Milliarden Euro.

Versicherungen extrem dynamisch

Auffällig ist bei Versicherungen das schwache Ergebnis beim Nettomittelaufkommen. Zwar kommen sie im ersten Halbjahr auf Mittelzuflüsse von 31,5 Milliarden Euro und damit auf Platz zwei hinter Stiftungen, die in diesem Zeitraum satte 38,3 Milliarden Euro an frischen Geldern in Spezialfonds pumpten. Aber: „Die Tatsache, dass bei Versicherungen von 31,5 Milliarden Euro frischen Mitteln bisher lediglich 1,2 Milliarden Euro netto in ihren Spezialfonds gelandet sind, erscheint verwunderlich bis irritierend“, so Clemens Schuerhoff zu der extrem hohen Anteilscheindynamik, die von einem sehr hohem Liquiditätsbedürfnis zeuge. „Es ist stark davon auszugehen, dass diese Liquidität zum einen Anlagen außerhalb des deutschen Spezialfonds zugutekommt – Stichwort Luxemburg oder Ähnliches – und zum anderen für betriebliche oder sogar schon bilanzielle Zwecke benötigt wird. Auf jeden Fall ist diese Entwicklung sehr bemerkenswert und kann als gewisser Aufruhr im Versicherungssektor interpretiert werden.“

Bedenklich stimmt, dass es sich bei Versicherungen immer noch mit 644 Milliarden Euro um die größte Anlegergruppe im deutschen Spezialfondsgeschäft handelt. Dafür ist jedoch die Entwicklung der Volumina in den anderen Anlegergruppen sehr positiv. Beispielsweise konnten Altersvorsorgeeinrichtungen seit Anfang 2010 ihre Assets fast verfünffachen und stellen heute mit 559 Milliarden Euro das zweitgrößte Anteilseignersegment im deutschen Markt.

Aderlass bei Rentenspezialfonds

Zu dieser Entwicklung bei der Assekuranz passt auch der Trend in der wichtigsten Asset-Klasse der Versicherungen: Bei Rentenspezialfonds besteht im laufenden Jahre eine hohe Divergenz zwischen Mittelzuflüssen (23 Milliarden Euro) und Nettomittelaufkommen (minus 2,6 Milliarden Euro). Diese ist durch hohe Umschichtungen innerhalb von Rentenspezialfonds und Liquiditätsentzug zu erklären.

Auf Kategorie-Ebene setzen gemischte Wertpapierspezialfonds ihren Siegeszug fort. Sie sammelten im zweiten Quartal 2021 netto knapp 23 Milliarden Euro ein und liegen damit mit Abstand vorn. Im ersten Quartal lag der Wert bei 12,3 Milliarden Euro, somit hat sich das Nettomittelaufkommen dieser Fonds im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten fast verdoppelt. Angetrieben wird der Zuwachs im Wesentlichen von Master-KVG-Mandaten. Auch bei den Mittelzuflüssen stechen die gemischten Wertpapierspezialfonds mit 56 Milliarden Euro deutlich heraus. In Relation mit dem entsprechenden Nettomittelaufkommen bedeutet dies allerdings einen Liquiditätsentzug von 33,4 Milliarden Euro aus gemischten Wertpapierspezialfonds durch Anteilscheinrückgaben seitens der Investoren im zweiten Quartal. „Diese Dynamik beim Drehen von Anteilen ist sehr bemerkenswert und verdeutlicht eine starke Re-Allokation und Neupositionierung im zweiten Quartal“, betont Schuerhoff.

Dachspezialfonds folgen mit 1,8 Milliarden Euro Nettomittelaufkommen, gefolgt von Immobilienspezialfonds mit 1,7 Milliarden Euro. Aktienspezialfonds konnten in Summe nur knapp 250 Millionen Euro netto einsammeln. Dies lässt darauf schließen, dass die Aktienmarktrallye nicht von Großanlegern aus Deutschland angetrieben wird. Spitzenreiter bei Nettomittelabflüssen sind sonstige Spezialfonds mit 2,9 Milliarden Euro, gefolgt von den bereits oben erwähnten Rentenspezialfonds mit zwei Milliarden Euro. „Nach noch recht geringen Nettomittelabflüssen im ersten Quartal scheint nun doch ein größerer Aderlass bei Rentenspezialfonds stattzufinden – wen wundert es mit Blick auf den Zinsmarkt“, kommentiert Clemens Schuerhoff von Kommalpha.

 

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