Immobilien
18. Januar 2019

Wenn das Alter zur Anlageform wird

Kindergärten, Kliniken, Ärztezentren – Sozialimmobilien sind derzeit gefragter denn je. Meist handelt es sich um ein langfristiges Investment. Vor allem Pflegeheime bieten langfristig sichere Einnahmen – bergen aber auch einige Risiken. Denn Eigentümer sind hier vor allem von Qualität und Bonität des Heimbetreibers abhängig.

Zuschüsse nach Modernisierung

Die Philips Pensionskasse engagiert sich im Pflegebereich unter dem Stichwort „Betreutes Wohnen“. Sie erhöhte in 2017 über einen Fonds ihre Investitionen in diesem Segment. Erst kürzlich gab das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein (VZN) bekannt, dass es über einen Immobilienfonds in Kindertagesstätten im Rheinland investiert. Denn die Nachfrage nach Kita-Plätzen dort sei hoch. Auch der Gothaer-Konzern hat sich Kindergärten als neues Investment -ausgesucht und investiert über einen Spezialfonds mit einem Zielvolumen von 100 Millionen Euro ausschließlich in Deutschland, teilte die Versicherung im Oktober mit.

Ein wichtiger Punkt bei Pflegeheimen ist auch die Frage nach der Modernisierung, denn viele Heime in Deutschland entsprechen hier nicht mehr den Standards. Aber was passiert in so einem Fall mit der Pacht? Avana Invest plant solche Maßnahmen, aber auch die Umwidmung von Doppel- oder Mehrbettzimmer in Einzelzimmer, wie es in immer mehr Bundesländern jetzt Standard ist. „Vor einer Modernisierung und wenn Instandhaltungen anstehen, sprechen wir mit der Heimaufsicht im jeweiligen Bundesland, wie hoch die Mietzuschüsse ausfallen können“, sagt Geschäftsführer Roger Welz.

Energetische Sanierung, Reputationsrisiken oder mögliche Umlagen von Modernisierungskosten – Pflegeheime beinhalten einige Nachhaltigkeitsaspekte. So wirbt der Social Infrastructure Fund von Franklin Templeton damit, dass mehr Nachhaltigkeit nicht automatisch zulasten der Rendite gehen muss. Der Fonds verspricht eine „doppelte Rendite“: Neben der finanziellen Rendite soll das Investment gemäß einer Impact-Strategie auch soziale und Umweltaspekte integrieren. Diese sollten ausdrücklich nicht zur Schmälerung der finanziellen Rendite für den Investor führen. Der Fonds hat das Investment in fünf verschiedene Sektoren zum Ziel: Das Spektrum reicht vom Pflegeheim oder Betreutes Wohnen über Kliniken, Ausbildungszentren und Kindergärten über Studentenwohnheime bis hin zu Justizgebäuden und Gefängnissen. Seit Juni können institutionelle Anleger Anteile zeichnen. Zwei Objekte habe der Fonds bereits im Ankaufsprozess, beide liegen in Europa, wo der Fonds ausschließlich investieren will. Bei einem gehe es um Ausbildung, das andere wäre dem Gesundheitsbereich zuzuordnen, so Franklin Templeton. Verkäufer seien in der Regel die Kommunen in Europa, die aufgrund überschuldeter Haushalte durch die Privatisierung von Infrastruktur an Liquidität kommen. „Wir versuchen dann mehr Effizienz und Professionalität hineinzubringen“, erklärt Stefan Bauer, Head of Institutional Sales bei Franklin Templeton.

Um ein nachhaltiges Investment zu gewährleisten, haben sich die Macher des Social Infrastructure Fund einiges einfallen lassen. Um die Nachhaltigkeitsfaktoren messen zu können, kommt ein umfassendes, von dem Beratungsunternehmen Tideline ausgearbeitetes Scoring-System zum Einsatz, welches sich an den Globalen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) orientiert. Sechs der insgesamt 17 Ziele nimmt der Fonds in seine Impact-Strategie mit auf, anhand deren er beim Kauf und auch während der gesamten Laufzeit der Anlage den Einfluss messen will. Bauer von Franklin Templeton sagt dazu: „Unsere Ziele müssen zu Kosten erreicht werden, die für Anleger annehmbar sind. Dies erfordert eine Integration von Impact-Management-Aspekten in den gesamten Prozess, vom Sourcing über die Due Diligence und den Portfolioaufbau bis hin zum Monitoring und Reporting.“ Was Nachhaltigkeit konkret bedeute, darüber gebe es aber noch viele Kontroversen. „Das wird zum Teil noch sehr schwammig diskutiert. Viele Investoren wissen noch nicht, was sie konkret von Nachhaltigkeitszielen erwarten. Das ist ein Prozess“, erklärt Bauer.

Dabei beziehen immer mehr institutionelle Investoren Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Anlageentscheidung mit ein. Über sogenanntes Impact Investing soll ein Mehrwert erzeugt werden, der sich auf soziale, Umwelt- oder Governance-Aspekte -bezieht. So hat zum Beispiel die Vorsorgeeinrichtung der britischen Supermarktkette Co-op im November angekündigt, umgerechnet rund 56 Millionen Euro über einen Fonds der Gesellschaft PGIM in Sozialwohnungen in Großbritannien zu investieren. Die Fondsgesellschaft beziehe auch die Nachhaltigkeits-Benchmark GRESB (stand ursprünglich für Global Real Estate Sustainability Benchmark) in ihr Reporting mit ein, erklärte Lisa Davis von PGIM Real Estate im Oktober in der Zeitschrift PERE. Man suche sich bewusst Märkte jenseits von Core-Standorten aus. Preiswertes Wohnen für Familien sei gegenüber Schocks widerstandsfähiger und noch unterbewertet. Für den Fall der Insolvenz eines (Heim-)Betreibers sehen die Verträge bei Franklin Templeton von vorneherein die Möglichkeit einer Umwidmung vor. „Was passiert, wenn Verträge auslaufen, ist mit die wichtigste Frage für Investoren“, so Bauer. „Die Objekte, die wir kaufen, müssen von der Lage und der Situation her so sein, dass sie einer anderen Nutzung zugeführt werden können.“ Werden die Immobilien als Hotels oder Wohnungen neu strukturiert und erfüllten nicht mehr die Impact-Kriterien, werden sie aus dem Fonds heraus verkauft.

Keine hohe Korrelation

Die Umstrukturierung der Immobilie geht übrigens auch anders herum, wie der Commerz Real Institutional Smart Living Europe Fund zeigt. Derzeit wird in verschiedenen deutschen Großstädten in neue Bauprojekte für möblierte Studentenapartments investiert. Dies sei vor allem für ausländische Studierende und Young Professionals, die häufige Jobwechsel vollzögen, interessant. Die Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen liegt laut Statistischem Bundesamt bei 13 Prozent, häufig kommen sie aus Asien. Doch was, wenn die Nachfrage einmal ausbleibt? Für diesen Fall wollen die Macher des Fonds durch veränderbare Grundrisse vorsorgen, sodass aus einem Studentenwohnheim zum Beispiel ein Seniorenheim werden könne. Pflegeheime seien, ähnlich wie Investitionen in andere Bereiche der sozialen Infrastruktur wie zum Beispiel Kindergärten, grundsätzlich ein sehr sicheres Investment, meint Yenna Haack. Die Fondsgesellschaft ist mit ihrem Kinder-Welten-Fonds bereits seit Jahren am deutschen Markt für Kindertagesstätten aktiv. Der wesentliche Unterschied zu dem Investment in Pflegeheime sei, dass die Sicherheit der Refinanzierung der Kita-Plätze durch die Kommune von der städtischen Bedarfsplanung abhänge. „Vor dem Kauf eines Objekts achten wir darauf, wie viele Plätze hier für die kommenden Jahre vorgesehen sind und ob diese angemessen refinanziert sind“, so Haack. Bei Pflegeheimen finanzierten sich die Plätze dagegen in erster Linie über die Pflegeversicherung, den Bewohner selbst sowie über die Sozialkassen, für den Fall, dass der Heimbewohner die Versorgung nicht selbst bezahlen könne.

Könnte ein Pflegeheim wegen des demografischen Wandels auch ein Hedge gegen die Langlebigkeitsrisiken einer Versicherung sein? Axel Hoffmann sagt nein: „Ein Hedge gegen passivseitige Langlebigkeitsrisiken müsste eine hohe Korrelation aufweisen, die bei Pflegeheimen höchstwahrscheinlich nicht gegeben ist, da Marktkräfte am Immobilienmarkt deutliche Wertzuwächse oder Renditesprünge verhindern, indem neu gebaut oder umgewidmet wird.“ Ins Versicherungsportfolio passe das Pflegeheim wegen der gut berechenbaren Rendite, die im Szenario ansteigender Langlebigkeit noch nachhaltiger werde, dennoch.

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