Wie kommen Sie mit familiengeführten Unternehmen ins Gespräch, Herr Krämer?

Andreas Krämer ist Managing Director und arbeitet für die Deutsche Beteiligungs AG. Im Interview erklärt er, wie er Unternehmerfamilien davon überzeugt, dass ihr Lebenswerk bei der DBAG in guten Händen ist.
Andreas Krämer arbeitet für die Deutsche Beteiligungs AG. Im Interview spricht der Managing Director über die Zusammenarbeit mit familiengeführten Unternehmen und macht deutlich, dass er großen Wert darauf legt, deren Werte und Traditionen zu respektieren.
Herr Krämer, wie kommen Sie mit familiengeführten Unternehmen in Deutschland ins Gespräch, wenn Sie diesen Eigenkapital zur Verfügung stellen möchten? Sprechen Sie diese Firmen direkt an oder läuft so etwas über Vermittler ab?
Andreas Krämer: Die DBAG ist seit 60 Jahren am Markt. Wir sind eng verbunden mit dem Mittelstand in der DACH-Region sowie Nord-Italien. Insofern führen wir einen Großteil unserer Transaktionen bilateral durch oder in wenigen Fällen im Rahmen eines sehr kleinen Auktionskreises. Mehr als 70 Prozent all unserer Transaktionen kommen durch direkten Kontakt zustande und sogar 92 Prozent unserer Beteiligungen in der Größenordnung von 50 bis 250 Millionen Euro. Somit knüpfen wir Kontakt zu familiengeführten Unternehmen sowohl über ein direkt gepflegtes Netzwerk als auch über spezialisierte Vermittler.
Wie gehen Sie dabei vor?
Auf der einen Seite nutzen wir persönliche Beziehungen zu Unternehmern, Verbänden und externen Experten sowie die Teilnahme an Branchenveranstaltungen, um geeignete Unternehmen anzusprechen. Auf der anderen Seite arbeiten wir eng mit M&A-Beratern, Investmentbanken und Boutique-Häusern zusammen, die uns unterstützen. Darüber hinaus prüfen wir gemeinsam mit Family Offices und Wealth-Managern, welche familiengeführten Betriebe auf der Suche nach externem Wachstumskapital sind.
Zudem arbeiten wir eng mit unserem Executive Circle zusammen. Dieser ist als erweiterter Arm unseres Investment-Teams zu verstehen und besteht aus Industrie-Experten. Dazu gehören unter anderem ehemalige DAX-Vorstände sowie Unternehmer. Dieses Netzwerk unterstützt uns entlang der gesamten Wertschöpfungskette einer Beteiligung, angefangen bei der Identifizierung potenzieller Deals, über die Weiterentwicklung bis hin zur Veräußerung. Bei der Sektorenauswahl konzentrieren wir uns auf Branchen, die von strukturellem Wachstum geprägt sind. Dazu zählen beispielsweise IT-Services und Software sowie Infrastruktur und erneuerbare Energien. Unsere permanente Bearbeitung dieser Sektoren ist der maßgebliche Grund für unser umfangreiches und belastbares Netzwerk. Dies zahlt sich insbesondere bei der Generierung neuer Opportunitäten aus.
Für Letzteres haben wir erst kürzlich eine neue technologische Plattform, in Zusammenarbeit mit einem unserer Portfoliounternehmen, geschaffen. Durch den Einsatz von KI sind wir imstande, Informationen aus zig Quellen a.) zu aggregieren und b.) durch einen anspruchsvollen Prozess der Vorqualifizierung bereitzustellen. Diese nutzen wir als Ausgangsbasis für die Identifikation neuer Transaktionen, aber auch potenzieller Käufer.
Was sind typische Anlässe, wenn es darum geht, einen PE-Investor an Bord zu holen?
Generationswechsel und Nachfolgeplanung zählen zu den häufigsten Auslösern dafür, einen Private-Equity-Partner an Bord zu holen, weil eine klare Lösung für die Fortführung des Unternehmens gesucht wird. Insbesondere dieser Anlass rückte vor dem Hintergrund des demografischen Wandels noch stärker in den Fokus. Bis Ende 2025 stehen mehr als 230.000 mittelständische Unternehmer vor der Frage nach „wer führt meinen Betrieb in Zukunft?“. Und nur auf das Kernsegment der DBAG entfallen davon etwa 11.000 Unternehmen.
Darüber hinaus können Unternehmer weiteres Kapital zum Wachstum benötigen, das die eigenen Mittel übersteigt, beispielsweise im Zusammenhang mit Wachstumsvorhaben wie Internationalisierung, dem Zukauf von anderen Unternehmen (M&A/Buy-and-Build) oder größeren Digitalisierungs- und Investitionsprojekten. Wir helfen Unternehmern, mit unserem Kapital, diese Vorhaben zu schultern und damit das eigene Risiko des Unternehmers zu managen – auch mit der Kompetenz, die wir aufgrund zahlreicher vergleichbarer Prozesse mit an den Tisch bringen.
Bevor Familienunternehmen externen Geldgebern die Tür öffnen, überlegen sie sich diesen Schritt sicherlich sehr genau. Denn es bedeutet einen Einschnitt in die Firmenkultur, vermutlich auch den Standort bis hin zur Art und Weise, wie das Unternehmen gesteuert wird. Aufgrund ihrer starken Verwurzelung in familiären Traditionen fällt es Familienunternehmen oft schwer, sich für (Finanz-) Investoren zu öffnen. Wie sehen Sie das? Und wie gehen Sie damit um?
Wir sind uns sehr bewusst, dass Familienunternehmen stark in ihrer Unternehmenskultur und in regionalen Strukturen verwurzelt sind. Aus diesem Grund legen wir großen Wert darauf, die bestehenden Werte und Traditionen zu respektieren. Wir bieten maßgeschneiderte Finanzierungsmodelle an, die von Minderheitsbeteiligungen mit Mitteln aus unserer Bilanz, Mehrheitsübernahmen sowie Fremdkapital reichen. Somit werden wir individuellen Wünschen von Familie und Management gerecht. Und das wird von uns auch erwartet. Oft erleben wir es, dass Unternehmer eine sehr klare Vision der Marschrichtung haben. Dies ist für uns eine ideale Ausgangslage, da wir auf dieser Basis gemeinsam mit dem Unternehmen die Weiterentwicklung des Unternehmens klar planen und somit einen erfolgversprechenden Investment-Ansatz verfolgen können.
Ich nehme an, Sie streben eine Mehrheitsbeteiligung an, oder? Welche Mitspracherechte haben die Mitgesellschafter, die Familie?
In vielen Fällen streben Private-Equity-Gesellschaften eine Mehrheitsbeteiligung an, weil sie so die strategische Steuerung optimal unterstützen können. In unseren maßgeschneiderten Strukturen wird jedoch auch immer auf die Besonderheiten der jeweiligen Situation eingegangen und selbstverständlich gibt es einen Katalog von Minderheitenrechten, die es beispielsweise den Unternehmern ermöglicht, bei Kapitalerhöhungen oder bei der späteren Veräußerung mitzuziehen. Zudem nehmen Familienmitglieder häufig einen Sitz im Beirat ein, um ihre Expertise bei der Weiterentwicklung des Unternehmens weiter einzubringen und der Geschäftsführung beratend zur Seite zu stehen.
Und wie lange ist Ihre geplante Haltedauer?
Unsere typische Haltedauer für eine Beteiligung liegt zwischen drei und sieben Jahren. In diesem Zeitraum setzen wir gemeinsam mit dem Managementteam Wachstumsinitiativen um und bereiten das Unternehmen auf einen späteren Exit vor. Sollte sich während des Investments herausstellen, dass zusätzliche Investitionszyklen oder eine längere Zusammenarbeit sinnvoll sind, besprechen wir eine Verlängerung des Engagements in Abstimmung mit allen Beteiligten.
Wie vermitteln Sie dem Verkäufer (der Familie), dass die Firma bei Ihnen buchstäblich in guten Händen ist?
Wir überzeugen Unternehmerfamilien davon, dass ihr Lebenswerk bei uns in guten Händen ist, indem wir vergleichbare Referenzprojekte aus derselben Branche vorstellen und den konkreten Mehrwert unserer Begleitung aufzeigen. Zudem etablieren wir von Beginn an ein transparentes Governance-Framework mit regelmäßigen Reportings und klar definierten Eskalationsprozessen. Management- und Familienbeteiligungsmodelle wie Share-Option-Programme und Earn-outs stellen sicher, dass alle am Erfolg partizipieren und langfristig an Bord bleiben. Des Weiteren haben wir mit unserem lokalen Team von erfahrenen Spezialisten transparente und verlässliche Prozesse.
Ist die Beteiligungsbranche für Familienunternehmen besonders interessant? Und wenn ja, warum?
Die Beteiligungsbranche ist für Familienunternehmen besonders interessant, weil PE-Investoren eine stabile und flexible Kapitalquelle bereitstellen, die über die klassischen Kreditfinanzierungen hinausgeht. Zugleich bringen sie operative und strategische Expertise ein, professionalisieren Governance-Strukturen und ermöglichen eine beschleunigte Skalierung.
Die Fragen stellte Tobias Bürger.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Private Equity
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