Wo die Bafin bei Sustainable Finance Verbesserungen will
Abbildung von Klimarisiken, Offenlegung und Proportionalität sollen sich steigern. Branson: „Den Kampf gegen den Klimawandel werden wir nicht mit Berichten von Kleinbanken gewinnen.“
Nachhaltigkeit hat in der Öffentlichkeit an Bedeutung verloren. Die Bafin betont jedoch, dass für die Finanzbranche Nachhaltigkeit weiterhin essenziell. ist. Weniger Aufmerksamkeit bedeute keinesfalls geringere Relevanz, betonte Bafin-Präsident Mark Branson auf der Sustainable Finance Konferenz der Aufsichtsbehörde am Freitag. Dies liege an zwei Gründen: Die EU will bis 2050 klimaneutral sein und das europäische Finanzsystem soll widerstandsfähig werden gegen die Risiken, die der fortschreitende Klimawandel mit sich bringt.
In seinen nachhaltigen Bemühungen habe der Finanzsektor große Fortschritte gemacht, es gebe aber noch klares Verbesserungspotenzial. Letzteres betreffe insbesondere die Integration der physischen Risiken des Klimawandels in das Risikomanagement der Unternehmen, Offenlegung und Proportionalität.
Aus Sicht von Branson müssen Unternehmen einschätzen können, welche wirtschaftlichen Schäden beispielsweise Extremwetterereignisse in ihrem Geschäft anrichten können. Dabei reiche eine rein qualitative Beschreibung der ESG-Risikotreiber nicht mehr aus. „Wir erwarten, dass die beaufsichtigten Unternehmen die physischen Risiken quantitativ messen und in alle Aspekte des Risikomanagementprozesses integrieren“, so Branson. Das gelte auch für die kleinen und mittelgroßen Kreditinstitute. Versicherer bilden Naturkatastrophenrisiken bereits gut in ihrem Risikomanagement ab. Sie sollten sich jedoch fragen, ob ihr Risikomanagement mit der aktuellen Geschwindigkeit des Klimawandels und dem Schwinden der Artenvielfalt schritthalten kann.
Offenlegungen brauchen mehr Aussagekraft
Zur Praxis der Offenlegung teilte Branson mit, dass viele Berichte sehr umfangreich sind – und trotzdem recht wenig aussagen. „Das hängt auch mit der aktuellen Regulierung zusammen“, so Branson. „Natürlich wäre es sinnvoll, wenn die Offenlegungsverordnung klare und leicht verständliche Produktkategorien enthielte, die auf verpflichtenden Mindeststandards beruhen. Zum Beispiel ein nachhaltiges Produkt, das nur in solche wirtschaftlichen Aktivitäten investiert, die ein Umweltziel, ein soziales Ziel oder beides verfolgen. Oder ein Transitionsprodukt, das in Aktivitäten investiert, die den Wandel der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen. Und natürlich wäre es gut, wenn wir in der Offenlegungsverordnung eine präzise Definition davon hätten, was ein nachhaltiges Investment ist; eine Definition, die sich an anderen Regelwerken wie der Taxonomieverordnung orientiert. Das würde auch helfen, Greenwashing zu erkennen und aufsichtlich zu verfolgen.“ In der Regulierung gäbe es fraglos einiges zu verbessern. Trotzdem könnten die Unternehmen des Finanzsektors die Vorgaben der Offenlegungsverordnung so umsetzen, dass ihre Informationen möglichst konkret und gut verständlich sind.
Mehr Proportionalität zulassen
In puncto Proportionalität gelte es wichtige Ziele nicht durch überbürokratische Ansätze zu gefährden. „Wenn wir mittelständische Unternehmen mit immer mehr Berichtspflichten belasten, werden wir damit den Planeten nicht retten. Wir riskieren sogar, die notwendigen Reformen unliebsamer zu machen“, teilte Branson mit. Überschießende Präzision auf diesem Gebiet, das auf vielen Annahmen beruht, sei fehl am Platz.
Zugleich müsse die Regulierung kleiner Unternehmen des Finanzsektors angemessen bleiben. Branson: „Die neuen Guidelines der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA zum ESG-Risikomanagement von Banken zum Beispiel sind angemessen für große Häuser mit komplexen Kreditbüchern oder vielen internationalen Aktivitäten – nicht aber für kleine Kreditinstitute. Deswegen haben wir entschieden, diese europäischen Leitlinien für die weniger bedeutenden Institute nicht anzuwenden.“ Die allgemeinen Anforderungen der EBA habe die Bafin mit den MaRisk bereits weitgehend und prinzipienbasiert vorweggenommen. „Den Kampf gegen den Klimawandel werden wir nicht mit Berichten von Kleinbanken gewinnen.“
Einen allgemeinen Rat zum Risikomanagement gab Branson zudem noch: „Um es klar zu sagen: Sich auf staatliche Hilfen im Nachgang zu Naturkatastrophen zu verlassen, ist kein zulässiger Ansatz.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: ESG-Berichtspflichten | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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