Immobilien
28. Oktober 2013

Wohnimmobilienmarkt: Überhitzt oder mit Wachstumspotenzial?

Wohnimmobilien in deutschen Städten haben sich laut der Bundesbank so stark verteuert, dass sie möglicherweise überbewertet sind. Laut einer anderen Studie sind Immobilien-AGs gerade in dem Segment stark investiert.

Die eigenen vier Wände sind so gefragt wie selten zuvor und teils drastisch im Wert gestiegen. Die Bundesbank spricht nun davon, dass es gerade in Ballungsräumen zu Preissteigerungen gekommen sei, die sich „fundamental nur noch schwer rechtfertigen lassen.“ Seit 2010 sind die Preise für Häuser und Wohnungen um insgesamt 8,25 Prozent gestiegen. Dahinter verberge sich ein „ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle“, wie es in dem Bericht der Bundesbanker heißt. Erhebliche Wertsteigerungen von mehr als 25 Prozent gab es in jüngster Zeit vor allem bei Geschosswohnungen in großen Städten. Nach Einschätzung der Bundesbank lässt das „Befürchtungen hinsichtlich eines breit angelegten Immobilienpreisbooms aufkommen.“ 
Die Ergebnisse einer empirischen Studie zeigten, dass in den städtischen Wohnungsmärkten die Preise bis zu zehn Prozent über dem mit demografischen und ökonomischen Faktoren erklärbaren Niveau liegen könnten. In den attraktiven Großstädten (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf) betragen die Abweichungen in diesem Segment nach oben bis zu 20 Prozent, heißt es warnend. Gleichwohl ist der Preisanstieg nicht auf die urbanen Zentren begrenzt. Vielmehr gebe es klare Hinweise für eine Ausbreitung ins Umland. Es sei nicht auszuschließen, dass „überschießende Erwartungen oder Spekulationsmotive die regionale Ausbreitung von Preisimpulsen befördern“, so die Einschätzung der Bundesbank. 
Kurzfristig rechnet die Bundesbank nicht mit einem Nachlassen des Preisdrucks. Trotz kräftiger Zunahme der Wohnbauaktivitäten reiche das Angebot nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Vor diesem Hintergrund spricht sich die Bundesbank gegen eine Begrenzung von Mietsteigerungen aus. Laut dem Monatsbericht werde der Bau von Mehrfamilienhäusern nämlich nur dann weiter kräftig ansteigen, wenn Investoren in der Vermietung von Wohnraum genug Renditepotenzial erkennen können. 
Transparenz nimmt zu
Während sich die Bundesbank zunehmend Sorgen um das Preisgefüge am hiesigen Markt für Wohnimmobilien macht, wirft der Zentrale-Immobilien-Ausschuss (ZIA), der sich zu den bedeutendsten Interessenverbänden der Branche zählt, in einer aktuellen Studie ein Schlaglicht auf Immobilien-AGs. Wie der Untersuchung („Die Bedeutung der Immobilienaktiengesellschaft für den deutschen Markt“) von ZIA und Barkow Consulting zu entnehmen ist, entfällt das Bruttoimmobilienvermögen der Immobilien-AGs mit einem Anteil von 77 Prozent größtenteils auf Wohnimmobilien. ZIA und Barkow Consulting haben die Daten für 15 Immobilienaktiengesellschaften Deutschlands zusammengetragen. Darunter befindet sich Schwergewichte wir die sechs im M-Dax gelisteten Konzerne Deutsche Wohnen, GSW, Deutsche Euroshop, Tag Immobilien, Gagfah und die seit wenigen Monaten börsennotierte LEG. 
Immobilien-AGs halten hierzulande insgesamt ein Immobilienvermögen von 67,6 Milliarden Euro. Davon entfallen 57,9 Milliarden Euro auf deutsche Gesellschaften. Gemessen am Maßstab des deutschen Immobilienvermögens sind die börsennotierten Immobiliengesellschaften die größte Immobilienanlageklasse am hiesigen Markt. Zum Vergleich: Das geschätzte Immobilienvermögen der offenen Publikumsfonds in der Bundesrepublik beläuft sich nach Angaben der Studienmacher auf rund 25,7 Milliarden Euro, das der geschlossenen Publikumsfonds auf rund 43,1 Milliarden Euro. 
„Immobilienaktiengesellschaften spielen eine wesentlich größere Rolle am deutschen Immobilienmarkt, als bisher angenommen“, erklärt Studienmacher Peter Barkow und Geschäftsführer von Barkow Consulting. „Das liegt daran, dass aggregierte Portfoliodaten über das deutsche Immobilienvermögen von Immobilien-AGs bislang nicht vorlagen.“ Diese Lücke habe man mit der Studie nun geschlossen, so Barkow, der vor seiner Karriere als Consultant acht Jahre bei HSBC als Direktor und Head of German Financial & Real Estate fungierte. Ziel der Studie ist es, den börsennotierten Immobiliensektor transparenter dazustellen und die Bedeutung anhand eines Vergleichs mit anderen am deutschen Immobilienmarkt agierenden indirekten Immobilienvehikeln deutlich zu machen. 
Spielraum durch mehr Eigenkapital
Gemessen an seiner Marktkapitalisierung – Grundlage ist der vom Bankhaus Ellwanger & Geiger berechnete Immobilienaktienindex Dimax mit 71 Unternehmen – ist der börsennotierte Immobiliensektor gegenüber 2008 um 213 Prozent auf 22,9 Milliarden Euro gewachsen. Daneben sorgten zusätzliche Eigenkapitalplatzierungen durch Kapitalerhöhungen und Neuemissionen für zusätzliches Wachstum im Sektor. So wurde seit Anfang 2009 Eigenkapital in Höhe von 7,7 Milliarden Euro über die Börse platziert. Mittlerweile weisen sechs deutsche Immobilien-AGs einen Streubesitz von jeweils mehr als einer Milliarde Euro auf, so die Studienmacher. 
Die Parallelen zum Wohnimmobilienboom sind unverkennbar. Laut der ZIA-Studie ist das Sektorwachstum der Immobilien-AGs seit 2009 hauptsächlich vom Wohnsektor getrieben worden, dem 76 Prozent des platzierten Eigenkapitals zuzurechnen sind. Im laufenden Jahr stamme bislang sogar das gesamte platzierte Eigenkapital aus dem Wohnsektor. 
Obwohl sich der Börsenwert des Immobiliensektors seit 2008 mehr als verdreifacht hat, wird dem Markt durch die ZIA-Studie und im Hinblick auf große ausländische Immobilien-AGs noch erhebliches Wachstumspotenzial attestiert. Als Beleg dafür verweisen die Studienmacher auf die kombinierte Streubesitzkapitalisierung der analysierten 15 deutschen Unternehmen. Diese betrage „lediglich 60 Prozent des Streubesitzes des französisch/niederländischen Reits Unibail-Rodamco oder 30 Prozent des Streubesitzes des US-Reits Simon Property Group“, so die überaus optimistische Einschätzung der Branchenvertreter. Inwieweit sich das Wachstumspotenzial materialisiert, bleibt – gerade im Hinblick auf die Einschätzung der Bundesbank – abzuwarten. 
portfolio institutionell newsflash 28.10.2013/Tobias Bürger
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