Alternative Anlagen
1. März 2023

Zinsentwicklung bremst Private-Equity-Geschäft

Bain-Studie: 2022 war nach 2021 zweitbestes Jahr für die Branche, seit Jahresmitte aber drastischer Rückgang bei Transaktionen, Exits und Fundraising. Eigenkapital wird wichtiger.

Das Transaktionsvolumen der Private-Equity-Branche verzeichnete 2022 sein zweitbestes Ergebnis aller Zeiten – nachdem die Branche 2021 mit einem Deal-Volumen von einer Billion US-Dollar ein Rekordergebnis erzielt hatte. Nachdem die Branche einen zwölf Jahre dauernden Aufschwung hinter sich hatte, führte die plötzliche Unterbrechung der Private-Equity-Aktivitäten zur Jahresmitte 2022 zu einem drastischen Rückgang des weltweiten Buyout-Werts (ohne Add-on-Akquisitionen) um 35 Prozent auf 654 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr. Ein starker Rückgang war auch bei den Exits (von 969 Milliarden US-Dollar auf 565 Milliarden US-Dollar in 2022 zu verzeichnen. Das Fundraising ging weniger stark von 413 Milliarden auf 347 Milliarden US-Dollar in 2022 zurück. Das sind Ergebnisse der aktuellen Studie zu globalen Private-Equity-Investments der Managementberatung Bain & Company „Global Private Equity Report 2023“. Die Gesamtzahl der Transaktionen sank demnach in 2022 um zehn Prozent auf 2.318 Abschlüsse.

Drastischer Zinsanstieg in den USA ab Mitte des Jahres 2022

Die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe für große fremdfinanzierte Transaktionen ab Mitte des Jahres, als die Zinssätze stiegen und die wirtschaftlichen Ängste zunahmen, war laut Bain ausschlaggebend dafür, wie sich das Transaktionsgeschäft im Jahr 2022 entwickelte. In den USA und Europa fiel der Anteil der gehebelten Finanzierungen (leveaged loans) um 50 Prozent auf 203 Milliarden US-Dollar. Das Ergebnis war ein Rückgang von großen Transaktionen mit hohem Fremdkapitalanteil, die seit Jahren den Transaktionswert in die Höhe getrieben haben, so dass die durchschnittliche Dealgröße im Jahr 2022 um 23 Prozent auf 964 Millionen US-Dollar sank. Seit 2014 war sie demgegenüber jedes Jahr stetig gestiegen und hatte in 2021 mit 1,2 Milliarden US-Dollar einen Rekordwert erreicht. Diese Entwicklung spiegelt sich in der zunehmenden Attraktivität kleinerer Transaktionen wider, die Bain zufolge einen größeren Anteil an den Gesamttransaktionen hatten, sowie in Add-on-Akquisitionen, die im vergangenen Jahr 72 Prozent aller nordamerikanischen Buyouts ausmachten, da viele Investoren und Fonds Buy-and-Build-Strategien verfolgten.

Mehr EK wird eingebracht

Bain sieht aktuell mehr Transaktionen mit einem höheren Eigenkapitalanteil. Die Käufer seien ihrerseits nach wie vor bereit, für ein Geschäft mehr zu zahlen, wenn sie wirklich überzeugt sind. Es gäbe mehr Deals, die mit 70 Prozent Eigenkapital und 30 Prozent Fremdkapital finanziert werden, anstatt der üblichen 50:50-Struktur.

Mehr Deals in Renewables

Der Studie zufolge wird zudem der Sektor der erneuerbaren Energien für Investoren immer attraktiver. Zwischen 2017 und der ersten Jahreshälfte haben Buyout- und Growth-Equity-Fonds Deals mit einem Gesamtwert von rund 160 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, wobei sich der Großteil davon auf die Segmente erneuerbare Energien und saubere Industrien konzentriert.

Abschwung bei Growth Equity und Late-Stage-Venture

Die Analyse von Bain zeigt auch, dass der Transaktionsrückgang im Jahr 2022 auch Growth-Equity und Late-Stage-Venture-Investitionen betraf und damit Segmente, die sich zuvor im Aufwind befanden. Der Gesamtwert der Transaktionen in diesen Segmenten sank um 28 Prozent auf gerundete 644 Milliarden US-Dollar. Die Aktivität wurde durch die Auswirkungen höherer Zinssätze auf die Abzinsungssätze für künftige Gewinne untergraben. Diese wurden kombiniert mit einer Neukalibrierung der Risikobereitschaft der Investoren und konservativen Maßnahmen der General Partner (GPs), um wertvolle Barreserven zu konservieren.

Obwohl Bain feststellt, dass die Aussichten für das Fundraising von PE-Fonds weiterhin sehr gut sind, wurde das Fundraising im vergangenen Jahr ebenfalls durch die sich verschlechternden Bedingungen und das sinkende Vertrauen beeinträchtigt und ging gegenüber 2021 um zehn Prozent auf 1,3 Billionen Dollar zurück – was immer noch den zweithöchste Wert in der Geschichte darstellt.

Starke Fundamentaldaten

Der Studie zufolge sind die zugrunde liegenden Fundamentaldaten der Private-Equity-Branche nach wie vor stark und widerstandsfähig, obwohl der Rückschlag im Juni 2022 nach beispiellosen makroökonomischen Schocks zu einer drastischen Verlangsamung der jahrzehntelangen, beständigen und attraktiven Entwicklung von Private Equity geführt habe. Bain kommt zu dem Schluss, dass anders als in den Jahren 2007 und 2008, als das globale Bankensystem kurz vor dem Zusammenbruch stand, die Grundlagen für die künftige Expansion von Private Equity nicht grundsätzlich in Frage gestellt sind. „Im bisherigen Jahresverlauf hat sich die Aktivität weiter verlangsamt, aber die langfristige Attraktivität von Private Equity für Investoren ist gesichert“, so Hugh MacArthur, Vorsitzender des globalen Private-Equity-Bereichs bei Bain & Company. „Da die Deal-Aktivität im Jahr 2023 wieder zunimmt, ist die Branche weiterhin gut für langfristiges Wachstum positioniert. Trotz des Rückgangs bei Deals, Exits und Fundraising war 2022 immer noch das zweitbeste Jahr in der Geschichte. Die Unsicherheit auf dem globalen Markt ist nicht zu leugnen – aber das ist etwas, mit dem Private Equity schon früher zu tun hatte und das es durchgestanden hat.“

Dry Powder liegt bei weltweit 3,7 Billionen US-Dollar

Der Bericht von Bain stellt zudem fest, dass die Branche das vergangene Jahr mit einem Volumen von 3,7 Billionen US-Dollar an Dry Powder beendet hat – ein neuer Rekordwert. Buyout-Dry-Powder beendete das Jahr 2022 mit einem Volumen von 1,1 Billionen Dollar. Die noch uninvestierten Gelder der Wachstumsfonds kamen auf knapp 350 Milliarden Dollar. Obwohl die Bewertungen von Wachstumsunternehmen gesunken sind, hätten sich die Multiplikatoren für Übernahmen zumindest in den USA stabil gezeigt, werden aber der Entwicklung in Europa folgen, wo die Bewertungen bereits nachgegeben hätten. Die komplette Studie finden Interessierte hier. 

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