Versicherungen
8. Mai 2013

Zinstief kostet Lebensversicherer vier Milliarden

In einem Interview warnte der GDV-Präsident vor den Folgen der Niedrigzinspolitik. 2012 haben Lebensversicherer zinsbedingt bereits vier Milliarden Euro weniger eingenommen. Als Gegenmaßnahme werden die Kosten nach unten gefahren.

Anfang Mai hat die Europäische Zentralbank noch einmal die Zinsen gesenkt und damit jegliche Hoffnungen auf eine Trendwende zunichte gemacht. Ein baldiges Ende der Niedrigzinsphase ist nicht zu erwarten. Die Folgen sind bereits spürbar. So haben Lebensversicherer für ihre Kunden 2012 bereits zinsbedingte Mindereinnahmen von vier Milliarden Euro hinnehmen müssen, wie Dr. Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes Deutscher Versicherungswirtschaft (GDV), in einem Eigeninterview anlässlich der EZB-Entscheidung sagte.
Um die Schuldenkrise zu überwinden, müssen seines Erachtens die wachstumsschwächeren Länder ihre Reformbemühungen zur Konsolidierung der Staatshaushalte und zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit konsequent fortsetzen. „Ohne diese Reformen wird Europa nicht aus der Krise kommen. Und ohne die Aussicht auf baldige Rückkehr zu einem marktgerechten Zinsniveau schaffen wir ein riesiges Folgeproblem: massive Lücken in der Altersversorgung der künftigen Rentner“, so Erdland.
Für ihn sind Lebensversicherungen nach wie vor ein wichtiger Baustein in der privaten Altersvorsorge und alternativlos, um die Lücken der gesetzlichen Rente zu schließen. Und so wies der GDV-Präsident den Vorwurf zurück, dass sich Lebensversicherungen nicht mehr lohnen: „Ich kann diesen Vorwurf angesichts der Fakten nicht nachvollziehen: Bei einer durchschnittlichen laufenden Verzinsung von aktuell 3,6 Prozent und einer Gesamtverzinsung von mehr als vier Prozent fällt es schwer, andere sichere Kapitalanlagen zu finden, die aktuell noch solche Renditen bieten.“ Erdland räumt ein, dass die Renditen der Lebensversicherung heute niedriger als früher sind. Dies gelte allerdings für alle Kapitalanlagen mit vergleichbarer Sicherheit. „Die historisch niedrigen Zinsen sind eine Herausforderung für alle Kapitalanleger. Daraus zu schlussfolgern, private Altersvorsorge lohne sich nicht mehr, wäre falsch“, so der GDV-Präsident.
Kostenschraube anziehen
Um den sinkenden Renditen gegenzusteuern, muss nach Ansicht von Erdland an der Kostenschraube gestellt werden. Dazu gehöre auch, die Produkte kostenseitig zu entlasten. Diesen Weg sei die Branche schon während der vergangenen Jahre gegangen: „In der Lebensversicherung haben wir die Verwaltungskostenquote seit 1995 mehr als halbiert.“ In dem Interview wehrte sich der GDV- Präsident und Vorstandsvorsitzende der Wüstenrot & Württembergische vehement gegen den Vorwurf, dass die Versicherungsunternehmen in ihren Sterbetafeln mit unrealistisch hohen Lebenserwartungen arbeiten und davon profitieren, weil sie 25 Prozent der Risikogewinne einbehalten. „Wir rechnen nicht unrealistisch, sondern vorsichtig. Ohne Risikopuffer könnten wir keine Garantien über Zeiträume von 30 Jahren und länger geben“, so Erdland. „Die Sicherheitsmargen fließen zu mindestens 75 Prozent an die Kunden zurück, wenn wir Risiken zu vorsichtig kalkuliert haben. Durch den Wettbewerbsdruck geht an die Kunden meist mehr zurück“, fügte er hinzu. Umgekehrt trage der Versicherer das volle Risiko, wenn zu unvorsichtig kalkuliert worden sei. „Zu früh zu viel auszuschütten, ist bei einer Rentenversicherung hochgefährlich, weil dann nicht mehr genug Geld da ist, wenn die Leute länger leben“, so Erdland.
Grundsätzlich zeigte sich der GDV-Präsident bereit, über die unterschiedlichen Alternativen in der privaten Altersversorgung und deren Stärken und Schwächen zu diskutieren. Die Versicherungsunternehmen seien offen für Kritik, wenn diese konstruktiv und offen gegenüber allen Beteiligten sei. „Wir müssen zum Beispiel noch nachvollziehbarer machen, wie die Ausgleichmechanismen in der Lebens- und Rentenversicherung funktionieren. Hier können und müssen wir besser werden“, räumte Erdland ein.
Von den Kritikern erwartet der GDV-Präsident, dass diese die vorhandene Komplexität in der Lebensversicherung nicht allein schon als Beweis für Unfairness gegenüber Kunden bewerten: „Eine Lebensversicherung ist zwangsläufig komplexer als ein individueller Sparvorgang. Sie ist eine kollektive Versicherungslösung, bei der sich die Kunden Kosten, Risiken und Erträge teilen. Erst dieser kollektive Ansatz ermöglicht stabile Erträge und lebenslange Renten für die Versicherten – auch wenn er sich nicht auf einem einzigen Bierdeckel erklären lässt. Gesamtgesellschaftlich gibt es aber keinen effizienteren Weg, um dieses Leistungsprofil darzustellen.“
portfolio institutionell newsflash 08.05.2013/kbe

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