Corporates
17. März 2023

Zinswende wirkt dämpfend auf Dax-Pensionsverpflichtungen

Mercer: Gestiegener Rechnungszins in 2022 lässt Deckungsgrad auf Rekordhoch von 80 Prozent steigen. Pensionsvermögen fielen in 2022 um 17 Prozent.

Der rapide Zinsanstieg im vergangenen Jahr hat den Wert der Pensionsverpflichtungen der Dax-40-Unternehmen stark absacken lassen, von über 400 Milliarden Euro ging es runter auf rund 300 Milliarden. Das Pensionsvermögen der Dax-40-Unternehmen ging dem gegenüber um 17 Prozent zurück. Das berichtet Mercer gemäß einer Hochrechnung auf Basis der Geschäftsberichte, die bis zum 16. März 2023 veröffentlicht wurden. Demnach ist der Zeitwert des Vermögens ist von 299 Milliarden Euro um etwa 50 Milliarden Euro auf etwa 248 Milliarden Euro gesunken. Hauptursache hierfür seien die Kursverluste in 2022 in nahezu allen Anlageklassen, so Mercer.

Gleichzeitig hat es dem Pensions-Manager und Berater zufolge einen enormen Anstieg des Rechnungszinssatzes gegeben, sodass der bilanzielle Wert der Pensionsverpflichtungen nach IFRS ebenfalls deutlich abgesackt ist – von 412 Milliarden Euro um gut 100 Milliarden Euro auf etwa 309 Milliarden Euro.

Deckungsgrad steigt auf 80 Prozent

Das hat positive Auswirkungen auf den Deckungsgrad. Der Deckungsgrad, also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, hat sich demnach im Dax-40 von 72 Prozent auf einen neuen Rekord von über 80 Prozent erhöht. Dieser Höchststand sei vor allem durch den Rückgang der Pensionsverpflichtungen aufgrund der Entwicklung des Rechnungszinssatzes verursacht, so Mercer.

Der Rückgang des Pensionsvermögens der Dax-40-Unternehmen sei zudem abgemildert worden durch die geänderte Zusammensetzung des Dax-40. An vier Stichtagen wurden insgesamt fünf Unternehmen ausgetauscht. Zwei davon, Beiersdorf und Siemens Energy, haben den Dax im März verlassen, wurden aber noch im selben Jahr wieder aufgenommen. Im Ergebnis haben somit Delivery Hero, Hello Fresh und Puma den Deutsche Aktienindex verlassen, während Daimler Truck Holding, Hannover Rück und Porsche AG neu aufgenommen wurden. Durch diese Änderungen habe sich das Pensionsvermögen um etwa sechs Milliarden Euro erhöht. Die Zahlungen liegen etwas höher als die neuen Zuwendungen, per Saldo kam es dadurch zu einem Mittelabfluss von etwa zwei Milliarden Euro. Im Ergebnis belaufen sich die Kursverluste Mercer zufolge also auf circa 55 Milliarden Euro oder 18 Prozent.

Rechnungszins laut Berechnungsmethode bei 4,25 Prozent

Im Zusammenhang mit den Zinsschritten der Notenbanken zur Inflationsbekämpfung kam es allerdings auch zu einer signifikanten Erhöhung des Rechnungszinssatzes. Dies führte zu hohen versicherungsmathematischen Gewinnen, die auch der Haupttreiber für die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen waren. So betragen diese mehr als ein Drittel der Vorjahresverpflichtung, nämlich etwa 120 Milliarden Euro. „Bedingt vor allem durch den Ukrainekrieg hat sich das Zinsniveau im Jahr 2022 volatil, insgesamt aber vor allem nach oben entwickelt. Zum Jahresende haben wir den höchsten Monatsendstand seit über zehn Jahren erreicht“, erläutert Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland.

Mercer leitet den Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen mit einem eigenen Verfahren, der Mercer Yield Curve, her. Für eine Duration von 15 Jahren ist der Zins für Verpflichtungen in Euro demnach von 1,31 Prozent auf 4,21 Prozent und für eine Duration von 20 Jahren von 1,47 Prozent auf 4,25 Prozent zum 31. Dezember 2022 gestiegen. „Insgesamt ist die Erhöhung des Rechnungszinssatzes aber niedriger ausgefallen. Zum einen gibt es verschiedene Zinsermittlungsverfahren, zum anderen ist ein Großteil der Verpflichtungen in einer anderen Währung als Euro zu erfüllen“, so Hagemann weiter.

Die versicherungsmathematischen Gewinne aufgrund der Zinsentwicklung seien zwar erfreulich für die Unternehmen, spiegelten aber nur die rein bilanzielle Bewertung wider. Da die Verpflichtungen selbst in der Regel nicht zinsabhängig seien, ergebe sich aus der Zinsentwicklung keine tatsächliche langfristige Entlastung der Unternehmen. Anders dagegen ist die Situation bei den versicherungsmathematischen Verlusten aufgrund der Anhebung der Rentendynamik. Diese Erhöhung von etwa zehn Milliarden Euro bilde die in den nächsten Jahren deutlich erhöhten Rentenanpassungen ab, die zu einer Erhöhung der tatsächlichen Zahlungen führen würden. Der Rückgang der Pensionsverpflichtungen aufgrund der Zinsentwicklung verdecke also das zusätzlich erwartete Verpflichtungsvolumen aufgrund zukünftiger Anpassungen und zeige, Mercer zufolge, letztlich nur scheinbare Entlastungen.

Auch weißt Mercer in seiner Mitteilung darauf hin, dass Pensionsvermögen in Deutschland nicht verbindlich ist. Der Deckungsgrad der Unternehmen im Dax-40 liegt bei ihren US- und UK-Verpflichtungen höher als bei ihren Verpflichtungen in Deutschland. Bei Unternehmen außerhalb des Dax-40 sind zudem meist deutlich geringere Deckungsgrade zu verzeichnen.

Trend zum Durchführungsweg Pensionsfonds

Da eine gesetzliche Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein aG besteht, verzichteten manche Unternehmen sogar gänzlich auf Pensionsvermögen. Allerdings sei ein anhaltender Trend zur bilanziellen Entlastung mittels Ausfinanzierungslösungen, insbesondere mit Hilfe des Durchführungsweges Pensionsfonds, zu beobachten. „Ausfinanzierungslösungen dienen der angemessenen Risikosteuerung und helfen dabei, bestehende und künftige Verpflichtungen und die daraus resultierenden Bilanz- und Liquiditätsbelastungen optimiert und planbar zu gestalten“, so Dr. André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer Deutschland.

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