Pension Management
25. Januar 2019

Zurück in die Zukunft

Was in Chile nach 37 Jahren aus dem rein kapitalgedeckten System der Rentenversicherung geworden ist, kann aus Sicht der Bürger nur als ein Beispiel dafür dienen, wie man es nicht machen soll. Allerdings gehört der Pensionsmarkt in Chile zu den am schnellsten wachsenden Märkten weltweit.

Woher rührt aber die Unpopularität der Verwaltungsgesellschaften? Das mag auch daran liegen, dass die AFPs gewinnorientiert arbeiten und ihre Gebühren nicht gänzlich offen legen. So kassierten die Verwaltungsgesellschaften nach dem Bericht einer Regierungskommission (Comisión Asesora Presidencial sobre el sistema de Pensiones) aus dem Jahr 2015 zwischen Januar 2010 und August 2014 zwischen 0,77 Prozent und 2,36 Prozent an Gebühren. Hinzu kommt meist noch eine Versicherung für den Fall der Erwerbsminderung und den Hinterbliebenenschutz, die zum Beispiel im Fall der AFP Provida, der größten Verwaltungsgesellschaft nach Vermögen und Beitragszahlern, aktuell bei 1,53 Prozent liegt. Zusammen mit der allgemeinen Gebühr von 1,45 Prozent werden so 2,98 Prozent vom eingezahlten Geld von der Verwaltungsgesellschaft Provida einbehalten (Stand November 2018). Die Regierungskommission von 2015 (noch unter der sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet) hat daher mangelnden Preiswettbewerb konstatiert. Und auch auf Ebene der Fonds fallen Kosten an, die aber intransparent bleiben und in der Studie nur am Rande erwähnt werden. Die Kommission weist nur darauf hin, dass man diese Kosten den „normalen Kosten“ hinzurechnen müsse.

Dabei scheint die Wirtschaftlichkeit der Fonds gut zu sein. Die reale Bruttorendite (ohne Abzug der Gebühren) der Fonds lag laut Kommissionsbericht zwischen 1981 und 2013 bei durchschnittlich 8,6 Prozent pro Jahr.

Bis zu 40 Prozent Verlust während der Finanzkrise

Andererseits arbeiten die so genannten Multifonds mit unterschiedlichen Risikoklassen, die passend auszuwählen für viele Chilenen eine enorme Herausforderung darstellt. Auf der Internetseite der größten AFP nach Mitgliedern und verwaltetem Vermögen, der Provida, findet man nur vage Aussagen über die Risikoneigung der einzelnen Fonds. So muss der Fonds A mindestens 40 Prozent variable Asset-Klassen wie zum Beispiel Aktien halten. Er darf aber zugleich bis zu 80 Prozent in Aktien investiert sein. Bei Fonds B liegt der Anteil bei 25 bis immer noch 60 Prozent. Fonds C wiederum investiert zwischen 40 und 15 Prozent in Aktien, Fonds D dagegen nur zwischen fünf und 20 Prozent, während Fonds E die geringste Risikoklasse darstellt, er ist nur mit maximal fünf Prozent in Aktien investiert. Daher ist es auch der Fonds mit den geringsten Renditechancen. Wie riskant Fonds A ist, bekamen viele Chilenen im Zuge der Finanzkrise zu spüren. So verloren Anleger in 2008 innerhalb von drei Monaten rund 40 Prozent ihres eingesetzten Kapitals. Ein größeres Problem liegt auch in der Möglichkeit für die Beitragszahler, umzuschichten. 72 Prozent der Beitragszahler haben nach der Studie der Regierungskommission durch Umschichtungen zwischen 2008 und 2013 niedrigere Renditen erzielt, als sie es ohne Umschichtung getan hätten. Zu Beginn des Rentenalters haben die Chilenen dann die Wahl, ob sie einem Auszahlungsplan bei der zuständigen AFP folgen, der in der Höhe der ausgezahlten Rente variabel ist oder mit dem angesparten Kapital eine Versicherung abschließen, die ihnen lebenslang eine konstante Rente zahlt. Bei Frauen ist das mit 60 Jahren der Fall, bei Männern mit 65 Jahren. Die Versicherungsvariante birgt das Risiko, dass die Kapitalmärkte gerade zum Zeitpunkt des Rentenbeginns unten sind. Der Auszahlungsplan dagegen ist ebenso riskant, denn die ausgezahlte Rente kann je nach Anlageerfolg schwanken. Eine weitere mögliche Erklärung für die niedrigen Renten liegt in den im internationalen Vergleich relativ niedrigen Beiträgen. Während die Chilenen zehn Prozent des Gehalts einzahlen, liegt der Anteil der Beiträge in Deutschland verteilt auf Arbeitnehmer wie Arbeitgeber bei 18,6 Prozent. Auch zahlten viele Chilenen durch Arbeitslosigkeit nur unregelmäßig in die Fonds ein. Und der informelle Sektor ist groß.

Regierung will Arbeitgeber am System beteiligen

Wo unter der sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet (2006 bis 2010 und 2014 bis 2018) noch über die Einführung einer staatlichen AFP diskutiert wurde, scheint diese Maßnahme unter der neuen Regierung des rechtskonservativen Präsidenten Sebastián Piñera (schon 2010 bis 2014 Präsident) nun vom Tisch. Der Unpopularität der AFPs will Piñera nun mit einer Reform beikommen, bei der die Verwaltung der Beiträge für die Pensionsfonds auch für andere Einrichtungen der Finanzwirtschaft des Landes geöffnet werden soll, kündigte der Präsident Ende Oktober im chilenischen Fernsehen an. Das soll für mehr Wettbewerb sorgen und so Gebühren senken helfen. Außerdem sollen die Arbeitgeber verpflichtet werden, monatlich vier Prozent des Gehalts ihrer Arbeitnehmer über eine Einrichtung der Wahl des Arbeitnehmers in die Fonds einzuzahlen. Zudem soll das Fondsvermögen von heute 0,8 Prozent des BIP durch staatliche Investitionen schrittweise auf 1,12 Prozent aufgestockt werden, schrieb das Nachrichtenmagazin U.S. News & World Report im Oktober.

Ob diese Maßnahmen langfristig helfen, bleibt abzuwarten. Denn Chile gehörte nach einer Studie von Willis Tower Watson in den vergangenen zehn Jahren schon zu den am stärksten wachsenden Pensionsmärkten weltweit. In der Global Pension Asset Studie landete das Andenland hier auf Platz zwei hinter Hongkong und vor Australien. Dabei wuchs das Fondsvermögen gemessen am BIP um satte 14 Prozent von 64 Prozent in 2007 auf 78 Prozent in 2017.

Dabei gehören die chilenischen AFPs, die Verwaltungsgesellschaften, zu den Großen der Welt. So landete die größte Verwaltungsgesellschaft des Landes, die Provida, 2016 auf Platz 84 einer Liste von 300. Sie verwaltete in dem Jahr nach Zahlen von Willis Tower Watson Assets in Höhe von 42,3 Milliarden US-Dollar. Die AFP Habitat kam auf Assets in Höhe von 40 Milliarden, während die AFP Cuprum 33 und die AFP Capital 30 Milliarden US-Dollar verwalteten. Damit können sich die chilenischen Organisationen im weltweiten Ranking bereits durchaus sehen lassen. Laut U.S. News & World Report umfasst das Vermögen in den Fonds aktuell fast 200 Milliarden US-Dollar.

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